Bei RTL läuft die 5. Staffel von "Bauer sucht Frau". Ruth Schneeberger von der Süddeutschen Zeitung sagt, was sie davon hält: "Wer hat eigentlich damit angefangen zu behaupten, die Landliebe-Serie "Bauer sucht Frau" käme ohne Häme aus? Nur weil die Stimme im Hintergrund Ungeheuerlichkeiten mit großer Freundlichkeit ausspricht und die Moderatorin im neckischen Landlook möglichst harmlose Kulleraugen macht, heißt das noch lange nicht, dass Landwirte hier nicht vorgeführt würden. Inka Bause betonte kürzlich bei "Beckmann" wortreich, "unsere Bauern" befänden sich bei RTL in einem schützenden Raum und erst das, was andere Medien aus ihnen machten, sei verwerflich. Das ist schon ein starkes Stück - wenn man sich die aktuelle und damit fünfte Staffel von "Bauer sucht Frau", einmal genauer anschaut. Manchmal muss der Sender nicht mal nachhelfen, um peinliche Szenen zu generieren. Da werden erwachsene Männer eingehend dabei betrachtet, wie sie Leberwurst-Geschenke für ihre Holden mit Schleifchen zieren, sich vor der Badewanne hockend ungelenk die Haare shampoonieren, ausgehfein zum Scheunenfeste mit dem Bus anreisen und sich auch sonst auf jede erdenkliche Weise zum Horst machen. Nein, bösartig ist das nicht. Aber schamlos.
Von dieser Schamlosigkeit lebt inzwischen eine ganze Generation von Fernsehschaffenden. Das Publikum schaut gerne hin, wie bei einem besonders schlimmen Verkehrsunfall. Der längst abgegriffene Begriff des "Fremdschämens" ist im Privatfernsehen zum bevorzugten Programmpunkt geworden. Unzählige Sendungen leben nur davon, dass das Publikum entweder nicht fassen kann, wie schlimm bedeutungslos das ist, was es da gerade aus deutschen Wohnzimmern serviert bekommt, oder sich wohlig schaudernd in selbiges einkuschelt, froh darüber, dass andere immer noch schlechter dastehen als man selbst. Das entlastet RTL nicht von dem Vorwurf, die versteckte Bloßstellung als Landliebe zu tarnen. Denn der Teufel steckt genau in diesem Detail: Nur weil es alle anderen auch machen, ist das hämische Zurschaustellen von Protagonisten einer Sendung noch nicht entschuldigt. Und der Umstand, dass hier auch noch so getan wird, als würde man den teilnehmenden Landwirten und der Bauernschaft als solches einen Dienst erweisen, ist nur eine besonders perfide Glanzleistung, die vom Publikum reinen Gewissens mit einer Einschaltquote von bis zu acht Millionen goutiert wird. Bei "Deutschland sucht den Superstar" ist wenigstens deutlich erkennbar, dass mit den Kandidaten nicht freundlich umgegangen wird."