Die Finanzmärkte haben einen immer größeren Einfluss auf die landwirtschaftlichen Absatzmärkte. Obwohl die Nahrungsmittelnachfrage konstant war, führten außerordentliche Preisschwankungen an den Agrarrohstoffmärkten zu einer entsprechend volatilen Gewinnentwicklung der Landwirtschaft und der ihr vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweige. Das erklärte der Vorstand der Landwirtschaftlichen Rentenbank am Montag in Frankfurt.
Während Preisschwankungen an den Agrarmärkten früher überwiegend von der Markt- und Preispolitik der EU aufgefangen worden seien, beeinflussten sie heute direkt und unmittelbar die Liquidität der Betriebe, erklärte Vorstandsmitglied Dr. Horst Reinhardt. "Gerade für Betriebe mit hohen Fremdkapitalanteilen, hohen Lohnkosten durch die Beschäftigung familienfremder Arbeitskräfte und geringen Liquiditätsreserven haben sich daher die Anforderungen an das Risikomanagement erhöht." Neben größeren Betrieben in den neuen Bundesländern betreffe dies in erster Linie viele Milchviehhalter. Die Krise habe aber auch deutlich gezeigt, dass es Situationen gebe, in denen die Eigenverantwortung des Unternehmers an Grenzen stoße. Wie andere Wirtschaftsbereiche auch, sei die Landwirtschaft dann auf Unterstützung angewiesen. Liquiditätshilfen seien jedoch nur sinnvoll, wenn Betriebe zwar kurzfristig Zahlungsprobleme hätten, ansonsten aber gesund seien.
Rückblick: Auslöser der Preisschwankungen in den letzten Jahren
Wie die Rentenbank in ihrem Geschäftsbericht weiter ausführt, stiegen die Rohstoffpreise vor allem im Jahr 2007 kräftig auf nahezu historische Höchststände. Die Märkte für Getreide, Ölsaaten und Milch profitierten vom globalen Wirtschaftsboom und der steigenden Nachfrage in den Schwellenländern. Gleichzeitig gingen die Ernten witterungsbedingt zurück. Die Lagerbestände sanken. "In dieser Phase verstärkten Investoren, die nach alternativen Anlagemöglichkeiten suchten, die Preishausse an den Agrarrohstoffmärkten", so Horst Reinhardt. "Weltweite Überliquidität und sehr niedrige Zinssätze hatten einen ‚Anlagenotstand’ zur Folge. Agrarrohstoffe rückten verstärkt in das Blickfeld der Anleger, ohne dass der zusätzlichen spekulativen Nachfrage ein entsprechendes physisches Angebot gegenüber stand".
In den Jahren 2008 und 2009 führten weltweite Rekordernten und wieder höhere Lagerbestände zu rückläufigen Agrarpreisen. Vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzmarktkrise zogen sich gleichzeitig viele Anleger aus diesen Märkten zurück und verstärkten damit den Druck auf die Preise. Die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Produzenten wurde in dieser Phase außerdem durch den Anstieg des Euro-Wechselkurses gegenüber dem Dollar und dem Rubel geschwächt.