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Kommentar: Bäuerliche Landwirtschaft bald von gestern?

Die Zahlen des Thünen-Institutes haben es in sich: In Ostdeutschland wurde seit 2007 mehr als jeder zehnte Betrieb verkauft. Rund zwei Drittel dieser Betriebe sind dabei an überregionale Investoren aus Westdeutschland gegangen, weitere 9% an Käufer aus dem Ausland. Dieser Trend ist ungebrochen.

Lesezeit: 3 Minuten

Ein Kommentar von top agrar-Chefredakteur Dr. Ludger Schulze Pals aus der neuen Ausgabe 6/2016:


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Die Zahlen des Thünen-Institutes haben es in sich: In Ostdeutschland wurde seit 2007 mehr als jeder zehnte Betrieb verkauft. Rund zwei Drittel dieser Betriebe sind dabei an überregionale Investoren aus Westdeutschland gegangen, weitere 9% an Käufer aus dem Ausland. Dieser Trend ist ungebrochen. Drei Gründe sind dafür maßgeblich:

  • Im Osten steht gut 25 Jahre nach der Wende in vielen Betrieben der Generationswechsel an. Da denkt manch ein Anteilseigner zu Recht an seine Altersversorgung und will verkaufen.
  • Wegen der extrem niedrigen Zinsen fehlen alternative Anlageoptionen. In solchen Phasen ist Grund und Boden immer eine wertbeständige Anlage.
  • Aufgrund der Preiskrise sind viele landwirtschaftliche Betriebe finanziell angeschlagen. Einige müssen verkaufen oder brauchen kapitalkräftige Partner.
Ähnliche Tendenzen gibt es auch im Westen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich diese Entwicklung negativ auf die Agrarstruktur auswirkt? Die Antwort lautet: nicht zwingend! Gefährlich wird es erst, wenn einige Betriebe so groß werden, dass sie den regionalen Boden- und Pachtmarkt beherrschen und wenn die „neuen Bauern“ nicht vor Ort verwurzelt sind. Dann gehen die Gewinne in andere Regionen und die ländlichen Räume bluten finanziell aus.


Haben wir diesen Punkt schon erreicht? Zumindest in Ostdeutschland gibt es Agrarkonzerne, die viele Tausend Hektar bewirtschaften. Bund und Länder hätten die Chance, für mehr Wettbewerbsgleichheit zwischen einheimischen Landwirten und ortsfremden Investoren zu sorgen:

  • Die Länder könnten das Grundstückverkehrsgesetz ergänzen und auch den Erwerb von Unternehmensanteilen genehmigungspflichtig machen, auch wenn das rechtlich schwierig ist.
  • Der Bund sollte endlich aufhören, bei der Ausübung des Vorkaufsrechts die Grunderwerbsteuer doppelt zu erheben – bei der Landgesellschaft und beim Landwirt. Bei Steuersätzen von bis zu 6,5% ist das ein echter Kostentreiber. Darüber hinaus könnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch den Kauf von Anteilen an landwirtschaftlichen Unternehmen schärfer besteuern. Bisher fällt keine Grund-erwerbsteuer an, wenn weniger als 95% der Anteile erworben werden.
Fakt ist: Die Vorschläge liegen seit Langem auf dem Tisch. Passiert ist indes nichts. Kein Bundesland hat bisher einen überzeugenden Entwurf für ein um Anteilskäufe erweitertes Grundstückverkehrsgesetz vorgelegt. Schäuble kann oder will das Problem mit der Grunderwerbsteuer nicht verstehen und vor allem nichts ändern.

Und der Berufsstand ist sich nicht einig, ob überhaupt Änderungsbedarf besteht (siehe Interview Seite 28).


In der Tat behindert ein strengeres Bodenrecht auch den einen oder anderen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb. Der Berufsstand muss klären, wie wichtig ihm bäuerliche Agrarstrukturen tatsächlich sind und wie viel Ordnungsrecht dafür notwendig ist. Wenn wir noch lange diskutieren, ist die Frage entschieden, bevor wir eine Antwort gefunden haben.

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