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BIODIVERSITÄT

Sinkevicius: "Landwirtschaft und Umwelt müssen Hand in Hand gehen"

10 Prozent Grasstreifen und Hecken, 25% Ökolandbau, 30% Schutzflächen, 50% weniger Antibiotika und Dünger. EU-Landwirtschaft mit größten Wandel seit der GAP-Einführung konfrontiert

Lesezeit: 7 Minuten

Gedankenaustausch zwischen EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius und dem Agrarausschuss des Europäischen Parlaments (Agri) zu Beginn der Woche für eine nachhaltigere Landwirtschaft als Zielprojektion für die Zukunft. Farm to Fork und Biodiversität-Strategie lauten die Streitpunkte.

Was die EU-Kommission mit Blick auf Klimaschutz und Artenvielfalt für unumgänglich hält, empfinden eine Reihe von Agri-Ausschussmitglieder als Überforderung der europäischen Landwirte.

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Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Antibiotikaeinsatz um die Hälfte bis 2030 sowie die Ausweitung der Ökolandwirtschaft auf 25% landwirtschaftlich genutzter Flächen sind die Pflöcke, die die EU-Kommission eingeschlagen hat.

Der EU-Umweltkommissar umriß in seiner Einführungsrede - aus dem Berlaymont ins Brüsseler EU-Parlament übertragen - seine Pläne:

"Mit der Corona-Krise haben wir begriffen, dass wir solidarisch zusammen arbeiten müssen. 70 Jahren nach der Schuman-Erklärung gilt dies mehr denn je. Die Krise hat gezeigt, dass wir nicht ausreichend vorbereitet waren und uns auch vor Augen geführt, dass wir die wissenschaftlichen Warnungen nicht Ernst genommen haben. Die Krise hat uns auch gezeigt, wie abhängig die Landwirtschaft von den Saisonarbeitern ist oder auch von Einfuhren.

Ebenso haben wir erfahren wie anfällig unsere Lieferketten sind. Es hat sich auch gezeigt, wie sich die Landwirte in den EU-Staaten an die schwierige Situation anpassen konnten.

Wir haben in der Folge der Corona-Krise kürzere Lieferketten und geändertes Verbraucherverhalten erlebt. Erzeuger sind näher an die Bürger gerückt und die Landwirte haben es möglich gemacht, dass die Lebensmittelversorgung in der gesamten EU aufrecht erhalten werden konnte. Das verdient unsere Anerkennung", betonte Sinkevicius.

Nach eingehender Arbeit habe die EU-Kommission am 20. Mai die Biodiversitätsstrategie angenommen und die "Farm-to-Fork"-Strategie mit dem Ziel, der jungen Generation der Zukunft eine Perspektive zu geben.

"Das EU-Landwirtschaftssystem als Ganzes ist noch längst nicht nachhaltig"

"Wir wollen mit diesen Strategien dafür Sorge tragen, dass diese der Gesundheit von Mensch und Tier, aber auch der Gesundheit der Ökosysteme dienen. Viele Landwirte produzieren bereits nachhaltig, aber das System als Ganzes ist noch längst nicht nachhaltig", sagte der EU-Umweltkommissar.

"Wir müssen ein angemesseness Einkommen für Landwirte gewährleisten."

"Wir hängen ab von gesunden Böden und von verfügbaren Ausgangsstoffen. Wir müssen hier einen wirklichen Wandel herbeiführen. Wir müssen ein angemesseness Einkommen für Landwirte und Fischer gewährleisten."

Die Verabschiedung der Biodiversitätsstrategie mitten in der Corona-Krise hätten viele als den falschen Zeitpunkt erachtet,.

"Aber ich sage Ihnen warum wir diesen Zeitpunkt gewählt haben: Wir haben gerade erlebt wie die Ökosysteme in der Krise einen wichtigen Beitrag leisten können. Wir haben ehrgeizige Ziele mit dem Green Deal vorgelegt. Das heißt nicht, dass wir Hindernisse aufbauen wollen, um aus dieser Krise herauszukommen. Nein, im Gegenteil. Es geht darum Bedingungen zu schaffen für unsere Volkswirtschaften, künftig widerstandsfähiger zu werden"

Die Biodiversitäts-Strategie stelle einen Wiederbelebungsplan vor, um Investionsmöglichkeiten und Beschäftigung zu schaffen. Die Strategie sei ehrgeizig aber ausgewogen. Sie schlage verbindliche Ziele für den Schutz der Ökosysteme vor.

"Es geht darum Habitat und Arten zu schützen, damit Verschmutzung verrringert und ökologischer Landbau sowie die Gesundheit der Wälder gestärkt werden können. Wir haben klare Schritte formuliert, dass 30 Prozent der europäischen Flächen und Gewässer bis 2030 zu tatsächlich geschützten Flächen umgewidmet werden".

"Die Landwirte werden als erstes von der Klimakrise betroffen"

Dabei sei auch die Nutzug landwirtschatlicher Nutzflächen im Blickpunkt, denn die Wissenschaft habe gezeigt, dass dies dringlicher denn je ist, um die europäische Landwirtschaft zukunfts- und krisenfest zu machen.

"Wenn wir die Klimakrise nicht in den Griff bekommen, werden die Landwirte die ersten sein, die betroffen sind von Bodenerosion, von Wassermangel und anderen negativen Faktoren. Die Landwirte leiden ja bereits unter den Folgen des Klimawandels und das schon seit vielen Jahren".

"Ökologischer Landbau ist eine europäische Erfolgsgeschichte"

"Der Wandel und die Umstellung der Produktion und der Landnutzung wird vor allem den Landwirten zugute kommen und wird auch die Chance eröffnen, den Verbrauchern mehr Produkte anzubieten, wie sie sich es wünschen".

10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche sollten künftig hochdiversifizierte Merkmale aufweisen wie zum Beispiel Grasstreifen und Hecken, um wieder strukturelle Elemente einführen, die in den letzten Jahren immer weniger geworden und mehr und mehr verschwunden seien.

Deshalb müssten die negativen Umweltauswirkungen für die Landwirtschaft bis 2030 spürbar verringert werden. Der EU-Umweltkommissar setzt daher auf Ausweitung des ökologischen Landbaues.

Gewinnmargen für Ökolebensmittel liegen höher als aus konventioneller Landwirtschaft

"Ökologischer Landbau ist eine europäische Erfolgsgeschichte. Der Verbraucherbedarf steigt schneller als die Produktionskapazitäten. Ökolandbau ist nicht nur für die Umwelt gut, sondern auch wirtschaftlich lohnend. Die durchschnttlichen Gewinnmargen für Ökolebensmittel liegen höher als die durchschnittlichen Einkommen aus konventioneller Landwirtschaft", unterstrich Sinkevicius.

Um den Nährboden für mehr ökologisch erzeugte Produkte schaffen, werde die EU-Kommission zu Beginn des Jahres 2021 einen Aktionsplan für den Ökolandbau vorlegen. Folglich stellen für Sinkevicius auf diesem Weg die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und chemischem Dünger einen weiteren Baustein dar.

"Mit der Biodiversitätstrategie und der Farm to Fork Strategie wollen wir 50 Prozent Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft verringern. Dabei haben wir vor allem die gefährlichen Stoffe bei den Reduktionszielen im Blick". Gleichzeitig sollen die Antimikrobiellen Resistenzen verringert werden durch biologische Schadstoffkontrollen. Damit könne auch das Insektensterben zurückgedrängt werden.

"2019 haben die europäischen Lebensmittelexporte in aller Welt eine Rekordmarke erreicht"

Die Bedenken der Landwirte nimmt der Kommissar Ernst, versucht sie aber zu entkräften und wirbt um Beteiligung. "Ich höre als Reaktionen aus der Landwirtschaft jetzt oft, das ist zu ehrgeizig, das ist zu teuer und das ist nicht zu schaffen. Ich bin damit überhaupt nicht einverstanden und ganz anderer Meinung. Die EU ist einer der weltweit größen Lebenmittelexporteure und hat vor der Covid19-Krise Rekorderträge erzielt mit einem Volumen von über 30 Mrd. Euro Exportvolumen im Jahre 2019." Dehalb gebe es auch keinerlei Risiko, dass sich die EU nicht selbst ernähren könne.

"Wenn wir die Biodiversitätskrise nicht in den Griff bekommen, wird die Landwirtschaft der Haupt-Leidtragende sein. Nur wenn wir die Artenvielfalt stärker schützen, können wir künftig eine nachhaltigere Landwirtschaft erreichen".

"Ohne die Landwirte gibt es keine Biodiversität"

Dies sei für die Lebensmittelverorgungssicherheit der kommenden Generationen von entscheidendere Bedeutung.

"Ohne die Landwirte gibt es keine Biodiversität. Die Landwirte müssen bei diesen Reformanstrengungen voll mitziehen. Ich nehme die Bedenken der Landwirte Ernst und habe mich auch schon mehrfach mit Landwirten getroffen und deren Vertretern. Ich will gerne versuchen, jeden davon zu überzeugen, das diese Strategien nicht gegen die Landwirte gerichtet ist, denn sie dient letztlich vor allem dem landwirtschaftlichen Sektor", warb Sinkevicius um Zustimmung.

"Wir wollen, dass die Landwirte den Grünen Wandel hinbekommen"

"Ich werden hart dran arbeiten, dass sich die Landwirte auch daran beteiligen. Die jüngsten Ergebnisse der öffentlichen Anhörung dazu ermutigen mich. Viele Landwirte sorgen sich um ihre Zukunft. 64 Prozent sagen, dass die GAP künftig mehr für die Umwelt tuen muss", zeigte sich der EU-Umweltkommissar bestätigt. Die GAP-Refom sei daher ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie.

Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen werde zur Richtschnur für die GAP 2020: "Die Unterstützung für die Landwirtschaft wird sich künftig auch bemessen an umweltfreundicher Praxis und Produktionsweisen. "Wir wollen künftig die Landwirte, die eine gute Umweltpraxis an den Tag legen, stärker unterstützen. Für diese Landwirte wollen wir Anreize schaffen, nachhaltig zu produzieren", betonte Sinkevicius gegenüber dem Agrarausschuss des EU-Parlaments.

Die Kommission werde daher den nationalen strategischen Plänen der GAP große Aufmerksamkeit widmen. "Wir wollen dafür sorgen, dass die Landwirte im Mittelpunkt des Wandels stehen. Dafür müssen natürlich die Landwirte alle Mittel an die Hand bekommen, um diese Ziele auch umsetzen zu können".

Die EU-Kommission habe daher im Corona-Wiederbelebungsplan für die Wirtschaft 15 Milliarden Euro mehr für Umweltmaßnahmen in der GAP vorgesehen.

Mit diesen Mitteln zur ländlichen Entwicklung werde die EU gezielt helfen. "Wir wollen, dass die Landwirte den Grünen Wandel hinbekommen mit mehr Investitionen, damit die ökologischen Ziele bis 2030 erreicht werden", so Sinkevicius.

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