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Tagebuch eines GVO Geschädigten

Von Anton Glogger-Hönle aus Attenhofen (Bayern) Dienstag 08.06.

Lesezeit: 6 Minuten

Von Anton Glogger-Hönle aus Attenhofen (Bayern)


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Dienstag 08.06.2010


Kaum bin ich von der Pflanzenschutzrundfahrt zurück, an der ich in meiner Funktion als Pflanzenbauberater beim Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung (LKP) teilgenommen habe, begrüßt mich meine Frau mit der Nachricht, dass der Landhändler angerufen habe, weil mit dem Mais etwas nicht in Ordnung sei. Da ich eh noch was besorgen will fahre ich gleich hin. Dort wird mir erklärt, dass die Maissorte PR 38 H 20 mit GVO-Spuren verunreinigt sein soll und dass die zuständige Behörde, die Regierung von Oberbayern die Händler aufgefordert hat, die Landwirte zu melden, welche Mais der Sorte PR 38 H 20 mit der Anerkennungsnummer D/H 4629/831 W der Firma Pioneer gekauft haben.


Mittwoch 09.06.2010


Ein Kollege vom LKP lässt mir einen online \- Bericht von top agrar zukommen, in dem über die GVO Geschichte und über Reaktionen von Greenpeace und Politikern berichtet wird. Besonders der bayerische Umweltminister hat sich im Bayerischen Rundfunk sehr weit aus dem Fenster gelehnt und offenbar die Vernichtung der Aussaat angekündigt (habe ich aus 2. Hand, Sendung nicht selbst gesehen).


Donnerstag 10.06.2010



Ich treffe einige Vertreter des Amtes für Landwirtschaft und Forsten in Augsburg und den Regionalvertreter der Firma Pioneer beim Landessortenversuch in Günzburg. Die Sortenberaterin des Amtes und ich sprechen den Vertreter der Firma Pioneer auf die GVO Geschichte an. Dieser erklärt, dass das Land Niedersachsen die ganze Sache verschlafen hätte, dass Pioneer selbst zwei Untersuchen hat machen lassen, die keinerlei Verunreinigung nachweisen und dass das ganze Verfahren so lange dauern könne, bis der Mais zumindest für Biogasanlagen erntefähig wäre. Zudem handelt es sich um eine Sorte, die nicht zum Nachbau und nicht in die Nahrungskette gelangen könne, da es eine ausgesprochen Biogassorte ist. Pioneer sei auf dem Standpunkt, dass sie sich nicht erklären können, wie es zu der Verunreinigung hätte kommen können, weil das betroffene Gen gar nicht in ihren Sorten vorkommt. Die Sortenberaterin des Augsburger Amtes ist etwas anderer Meinung und schließt eine Vernichtung des Maises nicht aus. Langsam geht mir das Auf und Ab auf die Nerven. Ich ärgere mich abwechslungsweise mächtig über die Firma Pioneer, über den Umweltminister, auch mal über mich selbst, dass ich ausgerechnet diese Maissorte ausgesucht habe, dann wieder über die Gentechnik im ganzen und über Genrecht. Und dann ärgere ich mich über die Tatsache, dass ich irgendwann im Juni einen wunderschönen Mais einfach kaputt machen soll. Was mich tröstet, ist dass es wohl von der Firma Pioneer eine Entschädigung geben soll.


Freitag 11.06.2010



Ich setze mich mit der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes in Günzburg in Verbindung. Diese ist auf dem Laufenden, sieht jedoch noch keinen Handlungsbedarf, möchte sich aber noch genauer informieren. In einem e-Mail erhalte ich dann die Nachricht, dass über genaueres Vorgehen bezüglich Genmais noch keine Entscheidung getroffen wurde. Ich lasse meine bisherigen Unterlagen der Geschäftsstelle zukommen. Mein Landhandel lässt mir die Empfehlung über die Vorgehensweise, welche deren Verband vorschlägt, zukommen. Mit im Fax liegen die Prüfberichte der Firma CONGEN und eurofins. In diesen Proben konnten keine Verunreinigungen nachgewiesen werde. Im Schreiben des Landhändlers steht auch ganz lapidar drin, dass wir, die betroffenen Landwirte, die Behörden darauf hinweisen sollen, dass Pioneer wohl keine Entschädigung bezahlen möchte. Jedoch sollen wir in jedem Fall Rechtsmittel einlegen, um überhaupt das Recht auf Schadensersatz, gleich gegen wen, geltend machen zu können.


Samstag 12.06.2010 15.00 Uhr


Heute habe ich die letzten Pflanzenschutzarbeiten abgeschlossen und eigentlich könnte ich mich wirkliche auf einige Tage ohne Termindruck und Wetterbericht freuen, was mir mit Mühen gelingt. Schließlich ist ja Wochenende. Unser Postbote bringt von der zuständigen Behörde die "Absichtserklärung der Regierung von Oberbayern in der nächsten Woche die aus Aussaat von Mais der Sorte PR 38 H20 mit Anerkennungsnummer D/W 4629/831 W erwachsenden Maispflanzen unverzüglich zu beseitigen." Im gleichen Schreiben werde ich darauf hingewiesen, dass ich bis zum 16.06.2010 12.00 Uhr die Möglichkeit habe dazu Stellung zu nehmen. Es ist Samstag, weder BBV noch Landhandel, selbstverständlich keiner in der Regierung von Oberbayern ist zu erreichen. Inzwischen rege ich mich nicht mehr auf, sondern möchte etwas unternehmen, um möglichst schnell eine Entscheidung zu bekommen.


Sonntag 13.06.2010


Ich sage die Teilnahme an der Fahrt nach Bockenrode zu den DLG Feldtagen ab. Mein LKP Teamleiter hat dafür Verständnis und wünscht mir für die nächsten zwei Tage viel Erfolg. Ich informiere den Biogasbetreiber, dass ich meinen Liefervertrag voraussichtlich nicht einhalten kann. Er ist wenig erfreut.


Montag 14.06.2010



Ich spreche mit dem zuständigen freundlichen Herrn der Regierung von Oberbayern. Dieser rät mir zu einer Stellungnahme und entschuldigt sich für die kurze Frist, doch wenn Gefahr im Verzug ist, sei sie auch noch so gering, dann dürfe keine Zeit verloren werden. Er erklärt mir noch, dass die gefundene Verunreinigung Nützlingen schaden kann. Nach mehreren Telefonaten mit der Geschäftsstelle des Bauernverbandes bespreche ich meine Stellungnahme und fordere zu gemeinsamem Handeln auf. In einem e-Mail vom Verband bekomme ich die Nachricht, dass sich mehrere Landwirte gemeldet haben und dass schon am Freitag beschlossen wurde, gemeinsam zu Handeln. Um 14:18 erhalte ich ein Fax vom BBV, dass eine Beweissicherung notwendig ist, dass der Mais nicht vor dem Eingang eines förmlichen Bescheides vernichtet werden darf und dass man die Höhe des Schadens ermitteln soll. Weiter steht dort geschrieben, dass weder die Firma Pioneer noch die zuständigen Ministerien einer Entschädigung zustimmen. Die Firma Pioneer möchte gegen das niedersächsische Untersuchungsergebnis gerichtlich vorgehen. Auch von anderer Seite verdichten sich die Hinweise, dass der Mais in jedem Fall umgebrochen werden muss. Die Landesanstalt für Landwirtschaft hat ein Schreiben mit Nachbauempfehlungen herausgegeben. Ich sichte meine Unterlagen und stelle immer noch fest, dass es mir nicht genau möglich ist auf welchem Schlag ich die 2 Einheiten der Sorte PR 38 H 20 mit der Anerkennungsnummer D/W 4629/831 W ausgesät habe, denn von der gleichen Sorte säte ich noch weitere 6 Einheiten, jedoch mit einer anderen Anerkennungsnummer. Mein Lohnunternehmer konnte mir auch nicht weiterhelfen, denn während der Saat schaut keiner nach den Anerkennungsnummern. Ich fahre zu meinem Landhändler und gleiche meine Unterlagen mit denen des Händlers ab und stelle immer noch fest, dass ich nichts feststellen kann. Also werde ich wohl 6 ha wunderschönen Mais einfach kaputt machen. Das Schild mir der Aufschrift "Gentechnikfreier Anbau", welches schon über einem Jahr genau an dem Acker stehen habe, an dem der Mais angebaut wurde, entferne ich mit Bedauern. Der Biogasbetreiber erklärt sich bereit den Mais vorzeitig zu ernten, wenn genügend Pflanzenmasse zu ernten wäre.


Donnerstag 17.06.2010


Ein Berufskollege informiert mich über eine Informationsveranstaltung der BBV Hauptgeschäftsstelle am gestrigen Abend in Augsburg. Es wurde die Beweissicherung und das weiter Vorgehen, die rechtlichen Schritte und Nachbauempfehlungen besprochen. Jetzt harre ich der kommenden Dinge und Schreibe...

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