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Biogas: Erste Erfahrungen mit dem Flex-Betrieb

Die IG Biogasmotoren hat Inhalte von Veranstaltungen zur Flexibilisierung von Biogasanlagen und erste Erfahrungen von Betreibern ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine gute Planung ist.

Lesezeit: 5 Minuten

Viele Biogasanlagenbetreiber haben erkannt, dass der Einstieg in die bedarfsgerechte Stromerzeugung eine interessante Möglichkeit ist, um die Anlage fit für die Zeit nach der EEG-Vergütung zu machen. „In den letzten vier Monaten ist deutlich mehr Bewegung in das Thema gekommen als noch vor einem Jahr“, berichtet Michael Wentzke, Geschäftsführer des Vereins „IG Biogasmotoren“. Er begründet das damit, dass bei vielen Veranstaltungen der vergangenen Monate zum Thema Flexibilisierung die Mehrzahl der Teilnehmer nicht mehr fragt, ob flexibilisiert werden soll, sondern nur noch wie. Dabei gehe es häufig um die Frage, welche Überbauung optimal und welcher Ertrag möglich ist oder was man bei Anlagentechnik und Genehmigung beachten sollte.



Die Erfahrungen der Praktiker und weitere Aussagen von den Veranstaltungen hat die IG Biogasmotoren ausgewertet. Wir bringen hier eine Zusammenfassung der Ergebnisse:



  • Bei einer Restlaufzeit der EEG-Vergütung für die eigene Biogasanlage von mehr als zehn Jahren lässt sich die Flexprämie für die Investition in ein weiteres Biogas-BHKW nutzen. Die Höchstbemessungsleistung bleibt gleich, aber statt des Volllastbetriebes des BHKW werden jährlich nur noch ca. 2500 bis 4000 Betriebsstunden erreicht. Damit fallen größere Revisionen und Grundüberholungen der Biogasmotoren entsprechend später an.
  • Es ist davon auszugehen, dass nach Auslauf des EEG-Zeitraumes ein wirtschaftlicher Betrieb der Biogasanlagen nur noch mit bedarfsgerechter Stromerzeugung und dem Verkauf der Wärme möglich sein wird.
  • Zur optimalen Überbauung gibt es kein Patentrezept. Vielmehr ist eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsrechnung vor die Investitionsentscheidung anzuraten. Hierbei sollte auch die Peripherie insbesondere im Bereich der Biogasaufbereitung, der Gas- und Wärmespeicher sowie der Trafostation einbezogen werden.
  • Das Genehmigungsverfahren dauert zwischen 5 Monaten bis knapp 2 Jahre. Dazu kommen Lieferzeiten mit ca. 6 Monaten für das BHKW. Daher ist ein Zeitplan für alle Phasen des Flexibilisierungsprojektes wichtig.
  • Betreiber haben positive Erfahrungen gemacht, wenn Behörden frühzeitig in das Flexprojekt eingebunden werden. Je mehr Vorurteile abgebaut werden, desto einfacher und schneller wird der Genehmigungsprozess.
  • Manche Netzbereiche erlauben heute kaum noch einen weiteren Ausbau. Deswegen gehört die Netzanfrage zu den wichtigsten Aufgaben. Ohne ein grünes Licht vom Netzbetreiber droht das Flexprojekt zu scheitern.
  • Wenn die Netzanbindung heute nicht ausreichend gegeben ist, könnte ein klärendes Gespräch mit dem Übertragungsnetzbetreiber helfen, ob der Aufbau des Flex-BHKW und der Netzausbau bis zum Einspeisepunkt gleichzeitig möglich sind.
  • Flexibler Betrieb bedeutet, dass alle Biogasmotoren phasenweise stillstehen, wenn die Strompreise unattraktiv niedrig sind und Volllast für alle Aggregate, wenn die Strompreise an der Börse hoch sind. Flexibler Betrieb hat auch nichts mit Regelenergiebereitstellung zu tun. Ein optimierter Fahrplan berücksichtigt sowohl die höchsten Strompreis im Markt als auch die erforderliche Wärmeversorgung der Wärmeabnehmer.
  • Gut optimierte Flex-Fahrpläne  kommen mit 1,5 bis 2 Starts pro Tag aus und sind nicht mit den (unkalkulierbaren) Fahrplänen und Leistungsabrufen der Regelenergiebereitstellung vergleichbar. Nach dem Start laufen die Motoren mindesten zwei Stunden bis maximal ca. 10 bis 12 Stunden und haben am Wochenende eher größere Stillstandszeiten, weil die Strompreise niedrig sind.
  • Wichtig sind richtig dimensionierter Gasspeicher, die sich bei still stehenden Motoren füllen. Der Wärmespeicher entlädt sich am Wochenende stärker für den Wärmebedarf der Wärmekunden und sollte dies auch bei strengen Außentemperaturen schaffen.
  • Schon im normalen Volllastbetrieb gibt es bei mangelhafter Planung der Komponenten zur Wärmeversorgung häufig Probleme, die sich im Flexbetrieb dramatisch verschärfen würden, wenn die Lastprofile der Wärmekunden unberücksichtigt blieben. Das passiert, wenn Wärmetauscher, Pumpen und Wärmeleitungen zu knapp dimensioniert sind. Die Umsetzung der dynamischen Anforderungen der Wärmespeicher für Auf- und Entladung sind die Erfolgsfaktoren eines gut geplanten Flexprojektes.
  • Biogasentfeuchtung, Nacherwärmung und Entschwefelung im Aktivkohlefilter sind für Anlagenbauer eine Herausforderung, weil mit ca. zwei Starts pro Tag die Abkühl- und Aufwärmphasen durch eine Warmhaltung kompensiert werden müssen. Diese lässt sich entweder elektrisch oder aus einem Wärmespeicher bedienen. Damit wird vermieden, dass kaltes und feuchtes BIogas die Aktivkohle passiert und dadurch Schwefelwasserstoff ungefiltert in den Biogasmotor gelangt.
  • Mehrere Biogas-BHKW, die von den bestehenden Fermentern mit Biogas versorgt werden sollen, benötigen ausreichend dimensionierte Rohbiogasleitungen und Gasgebläse, die den notwendigen Gas-Vordruck am jeweiligen BHKW sicherstellen. Durch sorgfältige Planung lassen sich diese unerwünschten Betriebszustände vermeiden.
  • Mit einer Vorwärmung oder Warmhaltung lässt sich höherer Verschleiß vermeiden. Auch hier bietet sich als Energielieferant ein Wärmespeicher an, der die gewünschte Wärme deutlich preisgünstiger liefert als die elektrisch betriebenen Vorwärmeinrichtungen, die viele Biogasmotoren serienmäßig aufweisen.
  • Die größere Anzahl von Motorstarts beanspruchen die Lager der Motoren nur unwesentlich, wenn elektrisch vorgeschmiert wird. Manche Hersteller statten ihre Biogasmotoren mit Vorschmierpumpen aus. Ab einer bestimmten Motorengröße sind sie ohnehin zwingend notwendig. Sofern die Anzahl der Starts unter 1000 pro Jahr bleibt, gibt es bei vielen Aggregaten keinen höheren Lagerverschleiß. Auch bei älteren Motoren ist eine Vorschmierung nachrüstbar, um den Verschleiß zu reduzieren.
Ein Flexprojekt hat zahlreiche Schnittstellen nach außen, die zeitlich bedient werden müssen. „Der  Zeiteinsatz für die Flexibilisierung lohnt sich, damit diese unter Beachtung aller Risiken erfolgreich bewältigt wird“, rät Wentzke. Deshalb empfiehlt er jedem Betreiber, sein eigenes Flexprojekt kritisch auf wirtschaftliche Risiken und Chancen hin zu überprüfen und mit ausreichenden Reserven zu kalkulieren.

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