EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger schlägt eine fünfprozentige Kürzung des EU-Agrarhaushaltes und eine vierprozentige Reduzierung der Direktzahlungen an die europäischen Landwirte ab 2021 vor. Diese Zahlen nannte Oettinger im Europäischen Parlament (EP) am Mittwochnachmittag bei der Präsentation des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2021-2027.
Unter den sieben neuen Haushaltsschwerpunkten Binnenmarkt und Digitalisierung, Strukturfonds, Landwirtschaft und Umwelt, Migration und Grenzschutz, Verteidigung sowie Nachbarschafts- und Außenpolitik erfahren allein die beiden größten bisherigen Haushaltstitel Landwirtschaft und Kohäsionsfonds Kürzungen von fünf beziehungsweise 7 Prozent. Die Mittel für die Landwirtschaft und die Kohäsionsfonds belaufen sich im aktuellen siebenjährigen EU-Finanzrahmen bis 2020 auf 75 Prozent der Gesamtausgaben.
Die Brüsseler EU-Kommission läutet angesichts der erwarteten Brexit-Mindereinnahmen von bis zu 14 Milliarden Euro ab 2020 und neuen politischen Aufgaben wie Migration, Verteidigung, Sicherung der Außengrenzen und Entwicklungs- sowie Klimapolitik einen Gezeitenwechsel ein. Weniger Geld für Landwirtschaft und Kohäsion, aber mehr Mittel für Forschung, Migration und Jugend heißt die Losung des Tages.
Unter den sieben neuen Haushaltlinien erfahren allein Agrar und Kohäsion Kürzungen. Alle anderen Politikbereiche sollen nach Vorstellungen der EU-Kommission Aufwüchse erfahren. So sollen für Forschung und Innovation 60 Prozent mehr EU-Gelder bereitgestellt werden und unter den neuen Aufgabenbereichen die Grenzschutzorganisation Ftontex von derzeit 1.200 Mitarbeitern bis zum Jahre 2027 auf 10.000 Mitarbeiter anwachsen.
EU-Haushaltskommissar Oettinger lässt sich beim vorgelegten Haushaltsentwurf von zwei Maximen leiten: „Angesichts der zwei zugrundeliegenden Probleme, der Haushaltslücke durch den Weggang von Großbritannien und den neuen sich stellenden Aufgaben, heißt es zunächst einmal Sparen und für die Mitgliedstaaten, mehr zu investieren“, sagte Oettinger vor dem EU-Parlament in Straßburg.
Von den EU-Mitgliedstaaten erwartet er, dass sie für die nächste Haushaltsperiode anstatt bisher 1,03 Prozent 1,114 Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung in den EU-Haushalt einbringen.
Unterstützung für den Kommissionsvorschlag für Kürzungen im Agrarbereich und den Strukturfonds signalisierte der CSU-Europaabgeordnete und Vorsitzende der größtem im EU-Parlament vertretenen Fraktion der Christdemokraten (EVP). Manfred Weber. Wir unterstützen den von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag, denn er kommt den Bauern in der Globalisierung zugute, denen wir beistehen wollen“, sagte Weber. Gleichzeitig kündigte er an, dass seine Fraktion zunächst mit den Bauern und Bürgermeistern in den ländlichen Regionen die Kürzungen diskutieren wolle.
EU-Parlament, der Ministerrat als Vertretung der Mitgliedstaaten und die EU-Kommission beginnen nunmehr die Verhandlungen über Kompromisslinien für die verbindliche Aufstellung und Durchführungsverordnungen des neuen Siebenjahres-Haushaltes der EU.
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger forderte das EU-Parlament auf, die Aussprache und Verhandlungen um den MFR 2021-27 zu ihrem Schwerpunkt zu machen, um keine Zeit zu verlieren und noch vor den Neuwahlen des EU-Parlamentes im Mai 2019 zu Ergebnissen zu kommen, um keine Haushaltslücke ab 2020 aufkommen zu lassen.