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"Vergüteter Artenschutz muss Produktionsziel der Landwirtschaft werden"

"Wir müssen endlich weg von Subventionen per Gießkanne. Der Artenschutz muss Produktionsziel werden, das den Landwirten über die Agrarpolitik vergütet wird", fordert Prof. Dr. Fritz Vahrenholt. Seiner Meinung nach ist das Wort Biogas „eine schlimme Vertuschung“, weil daran nichts bio sei.

Lesezeit: 4 Minuten

Über mögliche Ursachen für den Rückgang von Insekten und Perspektiven für deren Schutz ging es am 19. April beim Parlamentarischen Abend, der gemeinsam mit der Deutschen Wildtier Stiftung in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin stattfand.


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In seinem Vortrag betonte Prof. Dr. Fritz Vahrenholt, Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, die Schlüsselrolle der Agrarpolitik. "Wir müssen endlich weg von Subventionen per Gießkanne. Der Artenschutz muss Produktionsziel werden, das den Landwirten über die Agrarpolitik vergütet wird", lautete eine seiner Forderungen.


Seiner Meinung nach ist das Wort Biogas „eine schlimme Vertuschung“, weil daran nichts bio sei. Daher müsse die Politik jetzt agrarpolitisch die Weichen für die Förderperiode ab 2021 stellen.


Aussagen aus dem Vortrag


Die Deutsche Wildtier Stiftung hatte eine Studie über den Rückgang der Schmetterlinge bei Prof. Reichholf in Auftrag gegeben, weil die Situation der Schmetterlinge über längere Zeitreihen als bedrohlich belegt sei. Über 50% der Tagfalterarten stünden heute auf der Roten Liste. Reichholf konnte den Rückgang der Arten als auch der Gesamtzahl der Schmetterlinge am Beispiel einer bayerischen Untersuchungsregion seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts dokumentieren. Besonders auffällig: Während im Wald und im urbanen Raum die Veränderungen gering sind, ist die Abnahme der Falter in der Feldflur dramatisch.


Bei der Ursachenfindung kam die Studie laut Prof. Dr. Vahrenholt zu differenzierten Analysen, anders als bei politischen Wunschvorstellungen, wie etwa Insektizide seien vor allem Schuld oder aber der Klimawandel. Aber: der Aufwand an Insektiziden sei seit 20 Jahren nicht gestiegen und eine Erwärmung sollte den wärmeliebenden Schmetterlingen eher helfen.


Unstrittig ist laut Prof. Dr. Vahrenholt, dass der Landwirtschaft eine Schlüsselrolle zukommt. Fast 50% des Ackerlandes würden heute mit zwei Kulturen bestellt: Winterweizen und Mais, im Jahr 2000 lag dieser Wert noch bei 36%. „Eine dominante Rolle auf dem Acker nimmt der Mais ein. Sein Anteil stieg dramatisch mit dem Biogas-Boom. Über 1 Million ha Mais wandert heute in Biogasanlagen. Das Wort Bio-Gas ist eine schlimme Vertuschung. Nichts ist bio an Biogas. Diese Förderung muss beendet werden. Die Deckelung des Einsatz von Mais bei neueren Anlagen reicht nicht. Leider setzt die Koalitionsvereinbarung widersprüchliche Signale“, so der Wissenschaftler.


Er zitiert die Regierung: „Den Bestand von Bioenergieanlagen wollen wir im Zuge der Ausschreibungen weiterentwickeln. Die Reststoffverwertung werden wir verstärken und den Einsatz von Blühpflanzen erhöhen".

Die Deutsche Wildtier Stiftung habe in praktischen Großversuchen zeigen können, dass mehrjährige Wildpflanzen sich als Biogassubstrat gut eignen. Schmetterlings- und Wildbienenfreundliche Blühflächen statt Mais. Nur mit Null Mais für Biogas seien solche Anlagen zu verantworten.


Der Hebel, um die Landwirtschaft insektenfreundlicher zu machen, sei daher die EU-Agrarpolitik. „5% ökologische Vorrangflächen sind heute im Ackerbau Pflicht. 5% Brachen oder Blühflächen wären prima - doch durch gezielte Lobbyarbeit des Bauernverbandes wurden auch Zwischenfrüchte und Leguminosen als ökologische Vorrangflächen zugelassen. Logisch, dass Landwirte auf diese Variante aufgesprungen sind. So ist die Idee der ökologischen Vorrangflächen ins Leere gelaufen. Nur noch rund 200 000 ha, das sind knapp 1,5% der Fläche, sind wirklich ökologische Flächen. Da muss man sich nicht wundern, wenn es Schmetterling und Co. schlechter geht“, so Vahrenholt.


Aber auch der Verlust von Grünland schlägt seiner Meinung nach zu Buche. 600 000 ha Grünland seien seit 1990 verlorengegangen. Und durch intensive Nutzung habe eine Verarmung der Gräservielfalt eingesetzt. „Verlorengegangen sind die für den Naturschutz so wichtigen Magerrasen und Feuchtwiesen. Deutschland erstickt im Stickstoff, nicht der aus den Auspuffgasen - der geht deutlich zurück. Überdüngung führt immer noch zu einem Stickstoffüberschuss von rd. 90 kg/ ha. 62% trägt der Pflanzenbau, 33% die Tierproduktion und 5% Verkehr, Industrie und Haushalte bei. Schnell wachsendes, intensiv gedüngtes Grünland führt zu einem feuchten und kühlen Mikroklima. Schmetterlinge und Wildbienen bevorzugen aber trockene warme Bedingungen“, erklärt der Forscher.


Die Agrarpolitik muss seiner Meinung nach daher „endlich weg von Subventionen per Gießkanne“. Vielmehr müsse der Artenschutz Produktionsziel werden, das den Landwirten über die Agrarpolitik vergütet wird.

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