Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus News

Milchforum: Kontroverse Debatte ohne klares Ergebnis

Die Milchbranche ist sich nicht einig, welche Lehren sie aus der letzten Krise ziehen soll. Und sie hat bisher noch kein Konzept, wie sie die höheren gesellschaftlichen Anforderungen und somit Produktionskosten auffangen soll. Dieses Fazit lässt sich aus der Podiumsdiskussion vom Berliner Milchforum ziehen.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Milchbranche ist sich nicht einig, welche Lehren sie aus der letzten Krise ziehen soll. Und sie hat bisher noch kein Konzept, wie sie die höheren gesellschaftlichen Anforderungen und somit Produktionskosten auffangen soll. Dieses Fazit lässt sich aus der Podiumsdiskussion vom Berliner Milchforum ziehen.

 

Bei der Frage nach den Lehren aus der letzten Milchreis-Krise gingen die Ansichten der Podiumsteilnehmer weit auseinander. „Ich bin gegen eine staatliche Milchmengen-Planung. Staatliche Eingriffe kommen meist zu spät oder gehen in die falsche Richtung“, sagte Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg. Gleichzeitig kritisierte er aber die EU-Kommission, dass sie die Milchquote hat auslaufen lassen ohne ein griffiges Krisenkonzept in der Schublade zu haben.

 

Deshalb forderte sein niedersächsischer Amtskollege Christian Meyer, dass doch der Staat eingreifen muss: „Milcherzeuger sind das schwächste Glied in der Kette. Um sie zu stärken, brauchen wir eine europaweite flexible Mengensteuerung.“ Die deutschen Länderagrarminister hatten dies bereits im letzten Jahr gefordert. „Aber EU-Agrarkommissar Phil Hogan war strikt dagegen“, so Meyer.

 

Schnell kamen die Teilnehmer in diesen Zusammenhang auf das Thema Lieferbeziehung. „Und hier muss sich etwas ändern, um über Mengenprobleme reden zu können“, sagte DBV-Milchpräsident Karsten Schmal. Das Problem schilderte er an einem Beispiel: Wenn ein Putenhalter einen neuen Stall plane, würde er zuerst gucken, ob er einen Abnehmer für die zusätzlichen Puten hat und nur dann bauen. Milcherzeuger würden hingegen ohne Rücksprache ihren Stall spiegeln und die Molkereien müssten mit den Mehrmengen fertig werden.

 

„Wir diskutieren Änderungen der Lieferbeziehung gerade mit unseren Mitgliedern sehr intensiv“, verdeutlichte Ingo Müller, Geschäftsführer vom Deutschen Milchkontor. „Doch es sind demokratische Entscheidungen: Im Juni entscheiden die Vertreter, ob wir etwas ändern sollen oder nicht.“

 

Neue Dynamik dürfte der Sachstandsbericht des Kartellamtes in die Diskussion bringen. Die Behörde hält die aktuellen Lieferbeziehungen für „wettbewerbsrechtlich bedenklich“ und regt beispielsweise kürzere Kündigungsfristen oder die Festlegung der Preise vor Milchanlieferung an.

 

Zunächst brach Prof. Dr. Folkhard Isermeyer vom Johann Heinrich von Thünen-Institut eine Lanze für Genossenschaften: „Erzeuger-Zusammenschlüsse in Genossenschaften oder Erzeugergemeinschaften sind sinnvoll. Die Frage ist nur, wer die Regeln aufstellt: Der Staat oder die Erzeuger.“ Isermeyer befürwortet, dass es die Eigentümer machen sollen. Vollen Zuspruch bekam er dafür von DMK-Chef Ingo Müller.

 

Minister Hauk redete den Molkereivertretern im Saal aber noch einmal ins Gewissen: „Wenn die Genossenschaftsmolkereien nichts ändern und nichts verbessern, werden sie überholt. Sie müssen flexibler werden!“ Dabei will Hauk nicht an den genossenschaftlichen Prinzipien wie Andienungspflicht und Abnahmegarantie rütteln, aber beispielsweise müssten unterschiedliche Preise in Genossenschaften möglich sein.

 

Welche Instrumente das Kartellamt dabei noch hat, zeigte eine Wortmeldung von Heinz Korte, Aufsichtsratsvorsitzender beim DMK: „Das Kartellamt kann Vorgaben in die Satzungen der Molkereigenossenschaften diktieren.“

 

Seit Monaten läuft die Diskussion über eine Branchenorganisation Milch. DBV-Milchpräsident Karsten Schmal ist ein klarer Befürworter: „Im Vergleich zu anderen EU-Ländern haben wir ein Deutschland 1 bis 3 ct/kg niedrigere Milchpreise. Ein Branchenverband könnte zum Beispiel die Themen Absatzförderung, Abschöpfen von EU-Geldern und Innovationen anpacken.“

 

Weil eine BO mit einigen Hürden verbunden ist, haben sechs Genossenschaftsmolkereien zunächst die Interessengemeinschaft Genossenschaftliche Milchwirtschaft gegründet. Sie wollen unter anderem eine Tierwohl-Strategie entwickeln, um in der gesellschaftlichen Debatte mit einer Stimme aufzutreten.

 

Prof. Dr. Folkhard Isermeyer hält den Ansatz für gut, geht aber einen Schritt weiter: Er fordert eine nationale Nutztier-Strategie. Derzeit gebe es durch verschiedene Initiativen eine sehr undurchsichtige Situation, beispielsweise durch das Tierschutz-Label oder das staatliche Tierwohl-Label. Label würden für mehr Tierwohl stehen, aber immer in „gute“ und „schlechte“ Tierhaltung differenzieren. Wichtig sein aber eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung, perspektivisch für die nächsten 15 Jahren.

 

Deshalb plädiert er für eine nationale Nutztier-Strategie. Sonst laufe die Branche Gefahr, dass die höheren Haltungsauflagen die Produktionskosten erhöhen und somit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft gefährden.

 

 

 

 

 

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.