Für den bulgarischen Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten, Rumen Porodzanov, bildet der Eröffnungsrundgang auf der Grünen Woche in Berlin an diesem Freitag dem 19. Januar das erste Highlight der soeben begonnenen sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft Bulgariens. Der 7,2 Millionen Einwohner Balkanstadt präsentiert ich als Partnerland der weltgrößten Agrar- und Lebensmittelschau in der Hauptstadt am Spree.
In Brüssel will Porodzanov am 29. Januar als Vorsitzender des EU-Agrarministerrates seine Prioritäten wie Maßnahmen zum Tierwohl, Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest (ASP), die Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 sowie den Kampf gegen unlauteren Wettbewerb in der Nahrungsmittelkette vorstellen.
Der vormalige Vize-Finanzminister und studierte Agrarökonom Porodzanov amtiert seit 2016 als Landwirtschaftsminister in der Regierung des bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissov. Die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion sowie der Anbau von Rosen stellt den größten Wirtschaftssektor der bulgarischen Wirtschaft dar. Bulgarien stellte über Jahrhunderte das Land der Kleinstbauern dar, in dem die Landwirtschaft als wichtigster Wirtschaftssektor dominierte. Und auch in der jüngsten Landesgeschichte gilt der Agrarsektor weiter als wichtigste wichtige Versorgungsquelle und Wirtschaftsfaktor.
Deutschland größter Absatzmarkt für bulgarische Agrar- und Lebensmittel
Deutschland ist der größte ausländische Absatzmarkt für bulgarische Agrar- und Lebensmittelprodukte. Im Jahre 2015 betrug das Handelsvolumen nach Angaben der Deutsch-Bulgarischen Außenhandelskammer 6,3 Milliarden Euro: Dies bedeutet einen Zuwachs von 6,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die bulgarischen Ausfuhren nach Deutschland betrugen im gleichen Jahr 2,8 Milliarden Euro.
Die deutschen Einfuhren nach Bulgarien betrugen 3,5 Milliarden Euro was einem Handelsüberschuss von gut 700 Millionen Euro darstellt. Bulgarien gilt als Armenhaus Europa angesichts einem Monatsnettoverdienst von rund 400 Euro. In Vergleich dazu liegt das Monatseinkommen im Großherzogtum Luxemburg bei rund 10.000 Euro.
Visegard-Staaten prangern unlautere Handelspraktiken von West-Discountern an
Der bulgarische Ministerpräsident unterstützte die Beschwerde seines tschechischen Kollegen Robert Fico im Verbund mit der Slowakei sowie Ungarn in Polen im Herbst 2017 gegen die Belieferung durch deutsche Discounter von minderen Qualitäten wie Brotaufstrich, Fischstäbchen und Fleischprodukten aus deutscher Produktion.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte die Machenschaften von Lebensmittelfälschungen westlicher Lebensmittelkonzerne in ihren osteuropäischen Märkten scharf verurteilt.
„Ich werde nicht akzeptieren, dass den Menschen in manchen Teilen Europas qualitativ schlechtere Lebensmittel verkauft werden als in anderen, obwohl Verpackung und Markenkennzeichnung identisch sind“, sagte Juncker im EU-Parlament. „Slowaken und Bulgaren haben nicht weniger Fisch in Fischstäbchen verdient, Ungarn nicht weniger Fleisch in Fleischgerichten oder Tschechen weniger Kakao in der Schokolade“. Die EU-Kommission will nunmehr im Frühjahr unter bulgarischer EU-Ratspräsidentschaft einen Verordnungsvorschlag gegen unlauteren Wettbewerb in der Lebensmittelbranche vorlegen.
Tierwohlthema trifft Landwirtschaft und Handel gleichermaßen
Das Thema Tierwohl unter dem Gesichtspunkt Langzeit-Straßentransporte und die Eindämmung der grassierenden von Osteuropa eingeschleppten - Deutschland zunehmend bedrohende - Afrikanische Schweinepest (ASP) sind die Topthemen eines workshops zu wildlebenden Tieren und Seuchenmanagement in Sofia im März. Im April treffen sich die EU-Veterinärdienste ebenfalls in der bulgarischen Hauptstadt, um Empfehlungen für die EU-Agrarminister im Kampf gegen Vogelgrippe und ASP auszuarbeiten.
Der informelle EU-Agrarministerrat vom 3. bis 5. Juni in Sofia widmet sich dann mit Schwerpunkt, dem für Mai erwarteten ersten Vorschlag des EU-Haushalts für die Periode von 2021 bis 2018 durch EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sowie die sich daraus ergebenden finanziellen Konsequenzen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP).
Der bulgarische Landwirtschaftsminister Rumen Porodzanov fordert trotz Brexit „eine angemessene Finanzierung der EU-Agrarpolitik“ und zieht in diesem Punkt mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt an einem Strang.