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Ferkelschutzkorb: Zu frühes Aus wäre fatal!

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung soll zeitnah überarbeitet werden. Dem Ferkelschutzkorb droht dann das Aus. Daten aus dem Projekt „InnoPig“ zeigen, dass man den Schutzkorb lieber (noch) nicht komplett abschreiben sollte. Für die top agrar 4/2018 berichtet Marcus Arden. Außerdem im Interview: Dr. Heiko Janssen

Lesezeit: 6 Minuten

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung soll zeitnah überarbeitet werden. Dem Ferkelschutzkorb droht dann das Aus. Daten aus dem Projekt „InnoPig“ zeigen, dass man den Schutzkorb lieber (noch) nicht komplett abschreiben sollte. Für die top agrar 4/2018 berichtet Marcus Arden:


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Hinter den Kulissen wird schon lange über die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung diskutiert. Jetzt wird es langsam ernst. Experten rechnen nach der erfolgreichen Regierungsbildung damit, dass das Thema zeitnah zur Abstimmung an den Bundesrat weitergeleitet wird. Bei einer Neufassung der Verordnung soll auch das Thema Ferkelschutzkorb angepackt werden. Erste Überlegungen gehen dahin, dass die Sauen rund um den Geburtstermin künftig nur noch wenige Tage im Ferkelschutzkorb stehen dürfen. Es soll aber auch Stimmen geben, die ein komplettes Verbot fordern.


Geht es ohne Ferkelschutzkorb?


Experten warnen davor, den Ferkelschutzkorb zu früh zu „opfern“. Sie verweisen immer wieder auf die steigenden Saugferkelverluste. In Deutschland wird deshalb bereits intensiv zu dem Thema geforscht. Im Rahmen des sogenannten Projektes „InnoPig“ z.B. werden seit dem Jahr 2015 verschiedene Haltungssysteme für den Abferkelstall getestet. Dazu wurden in der Versuchsstation für Schweinehaltung in Wehnen (Niedersachsen) und im LVZ Futterkamp (Schleswig-Holstein) verschiedene Abferkelsysteme eingebaut.


Neben der klassischen Abferkelbucht mit Ferkelschutzkorb (5,2 m2 pro Sau) stehen die laktierenden Sauen in Freilaufbuchten (7,3 m2 pro Sau) bzw. Gruppenbuchten für ferkelführende Sauen (7,1 m2 pro Sau).

Jetzt wurden vom Standort Wehnen die ersten Teilergebnisse aus dem Projekt vorgestellt. top agrar fasst diese kurz und knapp zusammen:

  • Gewichtsverlust Sauen: Bei fast gleichem Einstallgewicht verloren die Sauen in den Freilaufbuchten während der Säugezeit mit 45,8 kg am wenigsten Gewicht, die Tiere in der Gruppenhaltung mit 55,9 kg am meisten.



  • Lebend geborene und abg. Ferkel: In der Gruppenbucht wurden 15,8 Ferkel lebend geboren und 12,3 Ferkel abgesetzt. Im Ferkelschutzkorb lagen die Zahlen bei 14,9 und 12,4. In der Freilaufbucht fielen die Zahlen mit 14,2 lebend geborenen und 10,5 abgesetzten Ferkeln deutlich ab (siehe Übersicht 1).



  • Saugferkelverluste: Im Schnitt lagen die Saugferkelverluste bei 19,3%. Allerdings gab es erhebliche Schwankungen in den neun Versuchsdurchgängen. Im Extremfall lagen sie bei knapp 30%! Das war vor allem in den beiden Haltungsverfahren mit Bewegungsmöglichkeit für die Sau der Fall.



In der Gruppenhaltung lagen die Verluste im Schnitt bei 20,1%, in der Freilaufbucht bei 25,4% und im Ferkelschutzkorb bei 12,8% (s. Übersicht 2). Todesursache Nr. 1 waren in allen Systemen Erdrückungsverluste. In der Gruppenhaltung starben hierdurch 66% der Ferkel, in der Freilaufbucht 67% und im Ferkelschutzkorb 34% der Ferkel. Hier gab es deutliche Unterschiede zwischen den Abteilen. Die Ursache ist unklar.

  • Gewichtsentwicklung Saugferkel: Die durchschnittlichen Geburtsgewichte der Ferkel waren in allen Haltungskonzepten fast identisch, sie schwankten um 1,4 kg (Übersicht 3 auf Seite S6). Bei den Absetzgewichten sah das Bild ganz anders aus. Die höchsten Zunahmen (im Schnitt 250 g LM Zunahme pro Tag) und die höchsten Absetzgewichte (8,23 kg) erreichten die Ferkel bei freier Abferkelung. Auf Platz 2 lagen die Ferkel im Ferkelschutzkorb (im Schnitt 230 g LM Zunahme pro Tag bzw. 7,54 kg Absetzgewicht). Am schlechtesten war hier das System Gruppenhaltung (im Schnitt 200 g LM Zunahme pro Tag; 5,44 kg Absetzgewicht).

    Beim Wurfmassezuwachs lag der Ferkelschutzkorb vorn, was u.a. durch die geringen Verluste zu erklären ist.


  • Ergebnisse Ferkelaufzucht: Die Ferkelverluste während der Aufzucht betrugen im Schnitt 1,17%. Unter Berücksichtigung des Haltungskonzeptes während der Säugezeit gab es deutliche Unterschiede. Mit 1,74% Ferkelverlusten war das System Gruppenhaltung klarer Verlierer (Freilaufbucht 0,94%; Ferkelschutzkorb 0,79%).



    In puncto mittlere tägliche Lebendmassezunahme waren die Ferkel aus dem System Freilaufbucht mit 462 g die Gewinner (Gruppenhaltung 451 g; Ferkelschutzkorb 421 g). Dazu muss man allerdings sagen, dass das mittlere Einstallgewicht der Tiere aus der Freilaufbucht mit 8,2 kg um 0,5 bzw. 1,1 kg entscheidend höher war als in den beiden anderen Systemen. Zudem muss noch geklärt werden, welchen Einfluss der Faktor Schwanzbeißen (teilweise wurde projektbedingt auf das Kupieren verzichtet) hatte.


Im Rahmen des Projekts wurde auch überprüft, wie die Ergebnisse in der Aufzuchtphase aussehen, wenn die Ferkel zuerst im Abferkelstall bzw. komplett im Flatdeckstall aufgezogen werden. Ergebnis: Bei 100%iger Aufzucht im Flatdeck waren die Verluste um 0,23% geringer, der Lebendmassezuwachs war identisch.


In den Freilaufbuchten können sich die Sauen frei bewegen. Hinter einem diagonal eingebauten Gitter finden die Saugferkel Schutz.




Erdrücken durch „Rolling“


Frühere Untersuchungen zeigen, dass die Hauptursache für Saugferkelverluste das Erdrücken der Ferkel durch die Sau ist. Die ersten Datenauswertungen im Rahmen des Projektes „InnoPig“ bestätigen die Erfahrungen.



Fast 74% der Saugferkel in der freien Abferkelung starben durch das sogenannte „Rolling“. Hierbei dreht sich die Sau im Liegen um und erdrückt dann ihre Ferkel. In der Gruppenhaltung zum Beispiel lag der Verlustanteil durch dieses Verhalten bei knapp 42%.



Die am Projekt beteiligten Experten sind sich darin einig, dass das „Rolling“ durch den Ferkelschutzkorb effektiv verhindert wird und der Schutzkorb somit einen Großteil der Ferkel vor dem Tod bewahrt.


„Wir brauchen attraktivere Ferkelnester


Marcus Arden sprach mit Dr. Heiko Janssen von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen:


top agrar: Die ersten Ergebnisse aus dem Projekt „InnoPig“ liegen vor. Welche Erkenntnisse sind für Sie besonders wichtig?


Janssen: Die Auswertungen zeigen, dass die getesteten Alternativen mit mehr Bewegungsfreiheit für die Sauen in puncto Überlebensrate der Saugferkel noch nicht mit dem Ferkelschutzkorb mithalten können. Auf Basis der bisherigen Erfahrungen wurde die Freilaufbucht überarbeitet und jetzt wird geprüft, ob die Saugferkelverluste dadurch sinken. Parallel dazu wird in Futterkamp überprüft, ob die kurzzeitige Fixierung der Sauen rund um die Geburt Vorteile im Hinblick auf die Ferkelverluste hat.


Erstaunt hat mich auch, dass die Saugferkel die Ferkelnester schlecht akzeptieren. Wir brauchen Nester, in die die Ferkel gerne hineingehen.


top agrar: Beim Gruppensäugen leben die Sauen in einer Art Kommune. Welche Vorteile hat diese Haltungsform?


Janssen: Vom Ansatz her bietet diese Haltungsform den Tieren viel Bewegungsspielraum und Möglichkeiten zur Buchtenstrukturierung. Die Tiere können so ihr Sozialverhalten verbessern. Zu bedenken ist aber, dass auch unerwünschte Ergebnisse auftreten können. Fremdsaugen z.B. tritt vermehrt auf. Davon profitierten leider nur die starken Ferkel, dadurch schwanken die Absetzgewichte stärker. Interessant sind aber die Erkenntnisse aus den Videobeobachtungen. Einige Sauen haben kein Problem damit, fremde Ferkel zu säugen, andere lassen Fremdsaugen nicht zu.


top agrar: Die jetzt vorgestellten Ergebnisse müssen noch statistisch ausgewertet werden. Rechnen Sie noch mit Veränderungen?


Janssen: Ich gehe nicht davon aus, dass sich die grundsätzlichen Aussagen und Rangierungen ändern. Die statistischen Auswertungen nutzen wir vor allem dazu, um die Verbindungen zwischen den Leistungs- und Verhaltensdaten sowie den Gesundheitsdaten transparenter zu machen. Das ist für die spätere Bewertung und Gewichtung der Vor- und Nachteile der Haltungssysteme wichtig.


top agrar: Das Projekt läuft noch bis Ende des Jahres. Worauf wird der Fokus in den nächsten Monaten liegen?


Janssen: Wir wollen eine ganzheitliche Bewertung der Haltungssysteme vornehmen und Verbesserungspotenziale suchen. In den nächsten Auswertungen werden wir deshalb die Entwicklung der Ferkel bis hin zum Schlachthaken ins Auge fassen. Interessant wird dabei sein, wie sich die unterschiedlichen Abferkelsysteme dann darstellen. Außerdem bin ich auf die Ergebnisse zu den getesteten Varianten der Ferkelaufzucht und Mast gespannt.

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