Die italienische Regierung zieht offenbar in Betracht, den Mangel an landwirtschaftlichen Saisonarbeitskräften durch bereits im Land befindliche, illegale Einwanderer zu kompensieren.
Wie die Zeitung „Corriere della Serra“ berichtete, befindet sich zurzeit ein entsprechender Verordnungsentwurf in der interministeriellen Abstimmung, in dem ein Beschäftigungsnotstand geltend gemacht wird. Vorgesehen ist demnach, dass Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus durch einen Arbeitsvertrag mit einer Dauer von maximal einem Jahr eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten können. Anschließende Beschäftigungsverhältnisse sollen dann auch die Dauer der Genehmigung verlängern.
Die Migration ist indes auch in Italien ein aufgeladenes Thema. Die rechtspopulistische Lega kritisierte die Pläne der Regierung und sprach von einem „Aufruf zur Invasion“. Anderen geht der Vorstoß wiederum nicht weit genug; sie verwiesen auf den Einsatz illegaler Einwanderer unter anderem auch in Pflegeberufen.
Nach Angaben von Landwirtschaftsministerin Teresa Bellanova befinden sich um die 600.000 illegale Migranten im Land, die oftmals unter menschenunwürdigen Bedingungen lebten und ausgebeutet würden. Anteilig kämen sie bereits in der Landwirtschaft zum Einsatz. Der Branche wiederum fehlen der Ministerin zufolge aufgrund der Corona-Krise zwischen 270.000 und 300.000 Arbeitskräfte. Laut dem mitgliederstärksten Landwirtschaftsverband (Coldiretti) haben zurzeit fast sechs von zehn landwirtschaftlichen Betrieben Liquiditätsprobleme.
Der Verband erneuerte seine Forderung, angesichts des Mangels an Saisonarbeitskräften den Einsatz von heimischer Unterstützung durch etwa Studenten und Rentner drastisch zu erleichtern. Es gebe zahlreiche einsatzbereite Freiwillige; nach derzeitigem Stand würden bei Aufnahme einer landwirtschaftlichen Hilfstätigkeit aber an anderer Stelle Bezüge gekürzt. Italien gehört zu einem der größten Erzeugerländer für Obst und Gemüse in der Europäischen Union. Nach Angaben von Coldiretti drohen 35 % der diesjährigen Ernte auf den Feldern zu verrotten.