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So gelingt der Start

Lesezeit: 7 Minuten

Nach dem Abtränken rückt das Jungvieh schnell aus dem Fokus. Wer später aber langlebige Kühe haben möchte, sollte die Kontrolle über Haltung, Fütterung und Gesundheitsmanagement haben.


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Milchviehhalter sollten die gleichen Ansprüche an die Aufzucht der Jungrinder stellen, wie an die Betreuung und Versorgung der Milchkühe“, ist Andreas Rienhoff überzeugt. „Die Jungviehaufzucht erzielt für einen Milchviehhalter zwar zunächst keinen erkennbaren Gewinn“, erklärt der Wissenschaftliche Mitarbeiter der Fachhochschule Südwestfalen. „Doch wer später Erfolg im Kuhstall haben will, sollte das Jungvieh im Blick haben.“


Entscheidend sind die ersten 40 Tage nach der Geburt. In diesem Zeitraum findet die umfangreiche Zellvermehrung in den Organen statt. Hinzu kommt, dass nur nach der Geburt ideal versorgte Tiere über eine höhere Stoffwechselkompetenz verfügen. Das wiederum kann sich positiv auf das Immunsystem auswirken. „Bereits die Tränkephase ist daher entscheidend für das Leistungspotenzial der späteren Milchkuh. Die Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung beginnt also spätestens mit der Erstversorgung der Kälber“, verdeutlicht Rienhoff.


Eine zeitnahe ad libitum-Tränke nach der Geburt und die möglichst hohe Qualität des verabreichten Kolostrums sind ebenso entscheidend wie saubere Melk- und Tränkeutensilien bei der Biestmilchgewinnung und -versorgung der Kälber. „Jeder Betriebsleiter sollte hinterfragen, ob die Start- und Haltungsbedingungen der Jungtiere zu den späteren Qualitätsanforderungen der Kühe passen“, so Rienhoff.


HALTUNG


Dr. Wilfried Hartmann vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) sieht es ähnlich: „Die Haltung des Jungviehs ist im Idealfall an die Haltungsbedingungen der Milchkühe angepasst.“ Laufen die Kühe beispielsweise im Boxenlaufstall, sollten sie sich bereits als Jungtiere an Liegeboxen gewöhnen können. Zudem muss ausreichend Platz für das Jungvieh vorhanden sein. Übersicht 1 auf Seite R12 gibt einen Überblick über die für die Aufzucht benötigten Stallplätze.


„Die Wachstumsphase der Jungtiere stellt Betriebe vor Herausforderungen, da die Stalleinrichtung möglichst an die Größe der Tiere angepasst sein sollte“, erklärt Hartmann. „Der Schwachpunkt bei Liegeboxen ist, dass diese nicht einfach tierindividuell anzupassen sind“, weiß der Experte. Große Betriebe profitieren davon, dem Alter entsprechend Gruppen bilden und diese an den Stall angepasst aufstallen zu können.


Die Haltungsform unterscheidet sich von Betrieb zu Betrieb. Unterschiede gibt es vor allem im Hinblick auf die baulichen Gegebenheiten, den Arbeits- und den Strohbedarf. „Bei der Gruppenhaltung haben sich besonders die Haltungsformen Liegeboxenlaufstall mit der größten Verbreitung sowie Zweiraum- und Einraumlaufstall etabliert“, erklärt Hartmann.


FÜTTERUNG


Wichtig ist auch die optimale Futterversorgung des Jungviehs. Er rät zu einem Tier-Fressplatzverhältnis von 1:1. „Nur bei einer automatisierten Fütterung wäre es vertretbar, etwas weniger Fressplätze anzubieten“, so der Experte. Die meisten füttern ihr Jungvieh allerdings nach herkömmlichen Systemen.


Passt die Fütterung, sind Zunahmen von mehr als 800 g pro Tag realistisch. „Die 800 g Tageszunahmen sollten bis zum Belegen Zielwert bei einem anzustrebenden Erstkalbealter von 25 Monaten sein (Übersicht 2, Seite R14)“, präzisiert Sigfried Steinberger von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).


Zusätzlich zur Futtermenge ist auch die Futterqualität wichtig. Denn in den ersten Monaten bilden sich die wichtigen Organe aus. Dazu zählen unter anderem Euteranlage und Eierstockfunktion. „Deshalb ist eine intensive Aufzucht mit ausreichend Vollmilch oder Milchaustauscher sowie Futterrationen mit hohen Energie- und Nährstoffkonzentrationen erforderlich“, appelliert Dr. Luise Prokop, Beraterin des Lehr- und Versuchszentrums Futterkamp (Schleswig-Holstein). Die Fütterungsexpertin empfiehlt, bereits während der Tränkephase eine qualitativ hochwertige Ration zu füttern. „Landwirte können die Kuhration an die Jungtiere verfüttern und gegebenenfalls mit einer Trocken-Totalen-Mischration, bestehend aus Stroh- und Heumehl mit Kraftfutter und Melasse, ergänzen“, erklärt sie. Alternativ eignet sich auch die Gabe von Kälberschrot.


Prokop rät dazu, auf Zusätze wie Futterfette oder Propylenglykol zu verzichten. „Salzlecksteine sollten grundsätzlich zur freien Verfügung stehen“, erklärt die Beraterin. Das Angebot von Minerallecksteinen kann die Vitamin-, Mineralstoff- und Spurenelementversorgung zusätzlich zum Mineralfutter in der Ration sicherstellen (Übersicht 3, Seite R15). „Ausreichend sauberes Wasser ist eine Selbstverständlichkeit“, stellt sie klar.


Je nach Intensität der Aufzucht und Wachstum der Rinder empfiehlt sie Landwirten, ab dem achten bis zehnten Lebensmonat auf eine energie- und nährstoffärmere Ration umzustellen. „Wird weiterhin eine energiereiche Ration gefüttert, besteht die Gefahr der Verfettung. Das wirkt sich negativ auf den Stoffwechsel und die Fruchtbarkeit aus und führt vermehrt zu Schwer- und Totgeburten“, erklärt sie die Folgen.


Für die Altersgruppe ab dem achten Lebensmonat eignet sich die Ration der Frühtrockensteher. Wichtig dabei ist, die Calcium- und Natriumversorgung zu überprüfen und anzupassen.


Praktische FütterungsTipps


  • Um Stress zu reduzieren, sollten Landwirte darauf verzichten, Haltungswechsel zusammen mit Rationswechseln durchzuführen.
  • Um den optimalen Zeitpunkt für die Umstellung auf die energie- und nährstoffärmere Ration sowie den idealen Besamungszeitpunkt festzulegen, sollten Aufzüchter regelmäßig das Gewicht der Tiere oder den Body-Condition-Score bestimmen.
  • Grundfutteranalysen und anschließende Rationsberechnungen stellen sicher, dass die Jungrinder bedarfsgerecht versorgt sind.


TIERGESUNDHEIT


Eine bedarfsgerechte Fütterung fördert die Tiergesundheit. Dennoch sollten Betriebsleiter auch hier genauer hinschauen. „Für die Planung von Maßnahmen zur Gesundheitsprophylaxe ist es wichtig, die Schwachpunkte im eigenen Betrieb zu kennen“, erklärt Dr. Mandy Schmidt vom Tiergesundheitsdienst der Sächsischen Tierseuchenkasse. „Je nach Haltungsart, Erregerspektrum und Tierzahl sind in den Betrieben unterschiedliche prophylaktische Maßnahmen notwendig“, sagt die Tierärztin.


Jeder Aufzüchter sollte ein auf seinen Betrieb zugeschnittenes Hygiene- bzw. Prophylaxekonzept mit dem Hoftierarzt abstimmen. Landwirte sollten dabei auch ihren Klauenpfleger und Besamungstechniker hinzuziehen.


Für Betriebe, die ausschließlich fremdes Jungvieh aufziehen, empfiehlt sie, aus unterschiedlichen Betrieben stammende Tiere getrennt voneinander aufzustallen. „Oft ist das in der Praxis nicht möglich“, weiß Schmidt. Deshalb ist es besonders wichtig, insbesondere die Impfungen mit den Partnerbetrieben abzustimmen. „Am besten ist, wenn das Jungvieh bereits im Herkunftsbetrieb geimpft ist, sodass zum Zeitpunkt der Umstallung ein belastbarer Schutz besteht“, so ihr Ratschlag.


Praktische Gesundheitstipps


  • Die Auswertung betriebsinterner Daten, das Erfassen der täglichen Zunahmen sowie eine regelmäßige Diagnostik, helfen dabei, Schwachstellen aufzudecken. Das kann beispielsweise die Sektion verendeter Tiere sein oder der Einsatz von Nasentupfern bei Atemwegserkrankungen. Auch Antikörperuntersuchungen geben Rückschluss auf stattgefundene Infektionen.
  • Mithilfe von Schutzimpfungen lassen sich Infektionskrankheiten verhindern. Informationen über notwendige Impfungen gibt der Tierarzt.
  • Untersuchungen zur Diagnose von betriebseigenen Erregern sollte der Tierarzt regelmäßig durchführen.
  • Die Parasitenbehandlung sollten Aufzüchter bzw. Tierärzte auf das Parasitenvorkommen im Betrieb abstimmen. Möglich ist eine Parasitenbehandlung sowohl gegen Ektoparasiten (Milben, Läuse, Dasseln), als auch gegen Endoparasiten (Band- und Rundwürmer, Einzeller).
  • Bei Weidegang sind Repellentien anzuwenden, um die Tiere vor Bremsen, Mücken, Gnitzen und Ektoparasitenbefall zu schützen.
  • Vor der ersten Abkalbung ist mindestens ein Klauenschnitt zu empfehlen. „Im Idealfall findet dieser bereits in dem Zeitraum ab dem achten Lebensmonat und vor der ersten Besamung statt“, erklärt Schmidt.


WEIDEGANG


Die Ansichten zur Weidehaltung von Jungrindern sind unterschiedlich. Hartmann ist der Meinung, dass die Weidehaltung in der Vegetationszeit gerade für die Aufzucht des Jungviehs geeignet ist. Die Voraussetzung ist jedoch ein sehr gutes Weidemanagement.


Eine Vielzahl von Versuchen auf dem Ökobetrieb Haus Riswick (Nordrhein-Westfalen) bestätigt hohe Energiekonzentrationen auf der Kurzrasenweide: „Kälber können im ersten Lebensjahr auch auf der Weide mittlere Tageszunahmen von 800 g realisieren“, erklärt Versuchsleiterin Anne Verhoeven. Die vergangenen beiden Dürrejahre haben diese Weideform allerdings vor große Herausforderungen gestellt, sodass zukünftig möglicherweise Alternativen zur Kurzrasenweide notwendig sind.


Für Sigfried Steinberger vom LfL steht fest: „Grundsätzlich trägt Weidehaltung nicht nur zu einer besseren Tiergesundheit, sondern auch zu mehr Artenvielfalt und zur Bereicherung des Landschaftbildes bei.“


kirsten.gierse-westermeier@topagrar.com


Rind – Management

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