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„Mein Kistenstall passt ideal zur Vermarktung“

Lesezeit: 7 Minuten

Sebastian Deckers hält alle Sauen, Ferkel und Mastschweine auf Stroh. Die Tiere verkauft er als „Niederrheiner Strohschwein“. Der neue Außenklimastall rundet das Haltungskonzept jetzt ab.


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Schweinehalter Sebastian Deckers geht es wie vielen Berufskollegen: Die konventionelle Schweinehaltung sieht er inzwischen mit gemischten Gefühlen, weil die Landwirte nur noch als Rohstofflieferant herhalten müssen. „Wirklich mitreden und auf Augenhöhe mit Abnehmern Preise aushandeln, diese Zeiten sind längst vorbei“, beschreibt der junge Landwirt aus Xanten-Vynen am Niederrhein seine Eindrücke.


Weil Deckers aber begeisterter Schweinehalter ist und dies auch bleiben will, musste er sich nach der Übernahme des elterlichen Betriebes im Jahr 2016 etwas einfallen lassen. „Ich suchte nach einer Lösung, wie ich den Hof zukunftssicher aufstellen kann und mich dabei finanziell nicht überhebe“, erklärt er.


Stroh als Verkaufsargument


Sebastian Deckers entschied sich für den „Strohweg“. Dahinter steht die Idee, das Material allen Schweinen durchgängig anzubieten. „Das war nicht schwer, denn die 250 Sauen sowie die dazugehörigen Aufzuchtferkel stehen bei uns im Betrieb seit jeher auf Stroh, auch im Abferkelstall. Spaltenböden kennen wir nicht“, beschreibt er die Situation. Und seit 2019 hält er auch die 800 Mastschweine im neu gebauten Außenklimastall auf Stroh.


Deckers setzt nicht ohne Grund zu 100% auf das Einstreumaterial. Er nutzt dieses gezielt als Vermarktungsinstrument für seine Mastschweine. Mit seinem Label „Niederrheiner Strohschwein“ will er die Zukunft seiner Familie auf dem Hof sichern, betont der Landwirt.


So gut den Schweinen die Stroheinstreu auch gefällt, Sebastian Deckers ist sich natürlich bewusst, dass sein Haltungskonzept sehr arbeitsintensiv ist. „In den alten Sauenställen ist das Stroh schon eine Herausforderung, das kostet jeden Tag etliche Arbeitsstunden. Wir brauchen für die Arbeitserledigung bis zu drei Arbeitskräfte“, gibt der Junglandwirt unumwunden zu.


Außenklimastall mit Kisten


Umso wichtiger war ihm, den neuen Maststall so zu planen, dass die Arbeit überschaubar und mit deutlich weniger Handarbeit zu erledigen ist als in den Sauenställen. Ein Tiefstreustall, bei dem große Mengen Stroh eingesetzt werden müssen, kam für ihn nicht infrage. Deckers hat sich für einen komplett planbefestigten Außenklimastall mit Liegekisten und nicht überdachtem Auslauf entschieden (siehe Übersicht 1).


In der Mitte der Stahlhalle befindet sich ein 3 m breiter Kontrollgang, auf den Sebastian Deckers die Quaderballen aus Stroh vor dem Einstreuen zwischenlagert. Den Gang befährt er mit dem Teleskoplader. Rechts und links davon schließen sich die mit isolierten Seitenwänden und Deckeln ausgestatteten Liegekisten der Mastschweine an. Diese sind 3 m tief und 4 m breit. Die Deckel der Liegekisten fährt der Landwirt per Seilzug automatisch hoch und runter. Dann folgt der 4,50 m tiefe Fress- und Aktivitätsbereich, der mit Gummilamellen vom 4 m tiefen Außenauslauf abgetrennt ist.


Der gesamte Stall wird an 365 Tagen im Jahr frei belüftet. Die Frischluft strömt über die offenen Seitenwände in das Gebäude hinein und entweicht über den offenen First nach draußen. Je nach Wetterlage kann Landwirt Deckers die Seitenwände mit Curtains verschließen. Die Grundeinstellung der Jalousien ändert er nur bei Bedarf per Hand. Ansonsten stehen die Curtains im Sommer immer offen, im Winter sind sie fast geschlossen.


Jedem der rund 30 Mastschweine pro Bucht bietet Landwirt Deckers 1,6 m2 Fläche an. Das ist großzügig, liegt aber vor allem daran, dass jedes Schwein seinen eigenen Fressplatz an den beiden jeweils rund 4,50 m langen Trögen haben soll. „Die Tröge konnten wir in den Buchten nur unterbringen, weil wir sie entsprechend groß gebaut haben“, erklärt Deckers die Hintergründe.


Der separate Fressplatz ist dem Unternehmer deshalb besonders wichtig, weil er die Ringelschwänze bei seinen Schweinen nicht kupiert. „Nur wenn jedes Schwein einen eigenen Fressplatz hat, herrscht Ruhe“, hat der Landwirt beobachtet. Befüllt werden die Tröge über eine automatische Rohrkette mit Trockenfutter.


Das großzügige Platzangebot hat natürlich seinen Preis. Gut 1000 € pro Mastplatz hat der neue Stall gekostet. Kostentreiber waren vor allem die großen Betonflächen sowie die relativ große Gebäudehülle.


Strohvorlage macht Arbeit


Auch die laufenden Kosten sind bei diesem Haltungskonzept nicht unerheblich. Zu Buche schlägt insbesondere die Mehrarbeit, die der Einsatz von Stroh mit sich bringt. Jeden Tag arbeitet der Rheinländer mindestens eine Stunde im Maststall. „Morgens streue ich die Liegekisten per Hand nach und entferne kleinere Verschmutzungen, die immer mal wieder auftreten“, so Deckers.


Der Landwirt kalkuliert mit rund 125 kg Stroh pro Mastplatz und Jahr. Eine automatische Einstreuvorrichtung ist aufgrund der geschlossenen Liegekisten bei diesem Stalltyp nicht möglich. Abends führt er eine reine Sichtkontrolle durch, die maximal eine halbe Stunde in Anspruch nimmt.


Zwei Mal pro Woche müssen der Landwirt und seine Mitarbeiter die an den beiden Längsseiten angebauten Ausläufe ausmisten, das dauert etwa zwei Stunden. Den Mist schiebt Deckers auf die an der Stirnseite des Stalles liegende Mistplatte. Zudem muss wöchentlich frisches Stroh auf den Mittelgang gefahren werden. Auch die Strohernte und das Einlagern der gut 400 Quaderballen kosten Zeit. „Alles in allem muss ich mindestens 1,5 Stunden pro Mastplatz und Jahr ansetzen“, erklärt Sebastian Deckers. Ändern würde er beim nächsten Mal auf jeden Fall den Verschluss der Tore im Auslauf. „Diese sind oft schwergängig und das kostet Zeit“, erklärt er.


Frische Luft, Gesunde Tiere


Trotz des höheren Arbeitsaufwandes ist Sebastian Deckers mit dem Stall, der jetzt fast zwei Jahre in Betrieb ist, sehr zufrieden. Die Tageszunahmen liegen bei gut 750 g. Mehr will der junge Landwirt aufgrund der Metzgervermarktung nicht. Wichtiger ist ihm ein konstant hoher Muskelfleischanteil von über 58%.


Top ist die Tiergesundheit. Die frische Luft und der hohe Luftaustausch rund um die Uhr tun den Schweinen gut. Hin und wieder treten bei einigen Tieren allerdings Gelenk- oder Klauenprobleme auf. Ursache ist u.a. die knapp 20 cm hohe Stufe zwischen Aktivitätsbereich und Auslauf. „Die Stufe ist nicht ideal, weil sich die Schweine beim Toben schon mal daran verletzen. Wäre sie allerdings nicht da, würde der Mist vom Auslauf in den Fressbereich hineinwandern“, gibt Deckers zu bedenken.


Aufpassen muss der Unternehmer auch im Hochsommer. Dann gibt es immer mal wieder Probleme mit verkoteten Festflächen. Ein Patentrezept, wie er das verhindern kann, hat Deckers noch nicht gefunden. Zuerst hat er überlegt, die Deckel der Liegekisten im Hochsommer offen stehen zu lassen, sodass hier mehr frische Luft hinströmt. Doch das hat nicht viel gebracht. Inzwischen bleiben die Deckel auch bei hohen Temperaturen geschlossen. „Die Schweine bevorzugen den leicht abgedunkelten Liegebereich“, erklärt Deckers.


Vermarktung selbst geregelt


Bleibt die Frage, ob sich das Projekt Außenklimastall für Sebastian Deckers am Ende auch rechnet. „Ja“, sagt der junge Landwirt. „Genaue Zahlen möchte ich aber nicht verraten. Und natürlich geht die Rechnung nur auf, wenn ich unsere Schweine weiterhin über regionale Vermarktungswege verkaufe.“


Sebastian Deckers hat sich seine Vermarktung selbst aufgebaut. Anstatt an einen Viehhändler oder eine Erzeugergemeinschaft zu verkaufen, gehen seine Mastschweine an sieben Abnehmer, die er sich selbst gesucht hat. „Meine Schweine kaufen mehrere Metzger aus der Umgebung, Betreiber von Bauernläden und das Unternehmen Thönes Natur“, verrät der Landwirt. Jeden Sonntag sortiert er für seine Kunden die schlachtreifen Schweine ab.


Abgerechnet werden die Tiere rein nach Schlachtgewicht, wofür Sebastian Deckers einen Festpreis je Kilogramm ausgehandelt hat. „Den Preis habe ich vorab für mich kalkuliert und mit meinen Abnehmern langfristig festgelegt“, erklärt er zufrieden. Für seine Abnehmer wiederum rechnen sich die im Einkauf deutlich teureren Schweine, weil sie nicht nur die Edelteile verarbeiten, sondern auch verschiedene Wurstprodukte aus dem Schlachtkörper herstellen. „Die Metzger zum Beispiel bieten Currywürste, Schaschlik, Suppen, Zwiebeleintopf usw. an“, erklärt Landwirt Deckers.


Für die Abnehmer ist zudem wichtig, dass sie eine Geschichte zum Fleisch erzählen können. „Die Kundschaft will wissen, woher das Fleisch kommt und wie die Schweine gelebt haben. Die Kunden wollen, dass es den Tieren gut gegangen ist. Mit meinem Strohkonzept und dem neuen Außenklimastall liefere ich ihnen genau das“, erklärt Sebastian Deckers stolz. ▶-ar-

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