Die Staatsanwaltschaft in Bielefeld hat gegen das frühere Vorstandsmitglied der Westfleisch Dr. Helfried Giesen und seinem damaligen Exportleiter Anklage erhoben. Dabei geht es um den Verdacht der Untreue, wie der WDR letzte Woche berichtet hatte. Der Schaden für die Genossenschaft beträgt knapp 12 Mio. €. Ob es nun zum Prozess kommt, entscheidet das Landgericht in Münster in den nächsten Wochen.
Es geht um ein Exportgeschäft mit Russland aus dem Jahre 2014. Damals verhängte Russland ein Importverbot gegen EU-Fleisch. Um trotzdem weiter liefern zu können, habe Westfleisch ein Direktgeschäft zwischen einem südamerikanischen Lieferanten und einem Kunden in Moskau vermittelt.
Demnach sei Westfleisch in Vorleistung gegangen und habe das Fleisch in Südamerika bezahlt und an den Kunden in Moskau weiterverkauft. Obwohl der Abnehmer das Fleisch nicht bezahlt habe, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sei weitergeliefert worden. Der Zahlungsausfall habe bei 16 Mio. € gelegen. Nach Zahlung einer Versicherungsentschädigung liege der Schaden nun immer noch bei knapp 12 Mio. €, berichtet der WDR.
Keine persönliche Bereicherung
Der Bielefelder Oberstaatsanwalt Ralf Günther wirft Giesen vor, er habe den Exportleiter nicht ausreichend kontrolliert zu habenund verwies auf ähnliche Vorfälle in Vorjahren. Nun sei der Schaden für den Konzern immens. Eine persönliche Bereicherung der Angeklagten steht aber nicht im Raum. Es gehe vor allem um mangelnde Sorgfalt bei der Kontrolle dieser Geschäfte.
Pikantes Detail: Der Nachfolger von Dr. Helfried Giesen wurde nach nur wenigen Monaten im Amt vom Aufsichtsrat abberufen, berichtet der WDR. Vorstand Christian Leding hatte sich zusammen mit anderen Managern des Konzerns um Aufklärung des Russlandgeschäftes bemüht und mehreren leitenden Angestellten gekündigt, auch dem nun angeklagten damaligen Exportleiter.
Unterstützte Westfleisch die Aufklärung des Falls nicht?
Die Staatsanwaltschaft beklagt zudem, dass die Ermittlungen, die erst 2018 durch eine anonyme Anzeige ins Rollen kamen, nicht unterstützt. Westfleisch habe damals erklärt, die Aufklärung unterstützen zu wollen. Doch die Ermittlungen dauerten nach Angaben der Staatsanwaltschaft auch deshalb drei Jahre lang, weil Westfleisch die zuerst angekündigte Unterstützung nicht so geleistet habe, wie die Staatsanwaltschaft sich erhofft hatte. Man habe sich richterlich Zugang zu den Unterlagen beschaffen müssen.
Westfleisch wollte sich auf Nachfrage von top agrar nicht zu den neuen Entwicklungen äußern. Es sei ein schwebendes Verfahren, heißt es.