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Fünf Landwirte, ein Pflanzensensor

Lesezeit: 7 Minuten

Der Einsatz neuer Smart-Farming-Technologien scheitert oft an den hohen Investitionskosten. Gemeinsam mit fünf Landwirten hat die LfL untersucht, wie sich diese Herausforderung mit einer Maschinengemeinschaft lösen lässt.


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Aktuelle gesellschaftliche und politische Forderungen erhöhen den Druck in Richtung eines noch effizienteren Ackerbaus. So werden die in der Düngeverordnung zugestandenen Verluste bei der Stickstoffdüngung immer geringer. Auf der anderen Seite nehmen auch bei süddeutschen Betrieben die Anteile von Pachtflächen und Fremdarbeitskräften zu, was zu einer schlechter werdenden Kenntnis um die Heterogenität der bewirtschafteten Flächen führen kann. Vermehrte Witterungsextreme fördern währenddessen genau diese Unterschiede innerhalb der Flächen immer stärker zutage.


Dokumentierter Nutzen


Wissenschaftliche Studien haben in der Vergangenheit bereits mehrfach bewiesen, dass Smart-Farming-Technologien bei korrekter Anwendung durchaus Effizienzsteigerungen und damit einhergehend positive Umwelteffekte bringen können. Künftig kommt es bei der Bewertung dieser Teilmengen aber vor allem darauf an, ob diese Effekte auf Betriebsebene nachzuvollziehen und damit dokumentierbar sind.


Hier setzen Technologien wie traktor- oder handgetragene Stickstoffsensoren an. Allerdings werden diese zwar seit mehr als zwei Jahrzehnten als vielversprechende Instrumente zur Verbesserung der Nährstoffeffizienz entwickelt, sind in der Praxis aber noch nicht breit etabliert. Gründe dafür liegen in den hohen Investitionskosten, der teils hohen Komplexität der Anwendung und auch in den niedrigen potenziellen Ertragssteigerungen.


Zumindest zwei dieser drei Hemmnisse könnten über eine gemeinschaftliche, kooperative Nutzung durch mehrere Landwirte überwunden werden. So kann der Investitionsbedarf von netto zwischen 25000 und 35000 € für den Einzelbetrieb wesentlich verringert werden. Zudem können in der Gruppe gemeinsam Erfahrungen gesammelt und Fachwissen aufgebaut werden. Um zu beweisen, dass es organisatorisch möglich ist, eine erfolgreiche kooperative Maschinennutzung umzusetzen und so auch in süddeutschen Betriebsstrukturen einen Stickstoffsensor kostendeckend zu betreiben, wurde ein Pilotprojekt in Rain am Lech gestartet.


Fünf Betriebe, ein Sensor


Bei den fünf teilnehmenden Betrieben handelte es sich um reine Marktfruchtbetriebe, die in einem Umkreis von etwa 15 km lagen. Organische Dünger spielten auf allen Betrieben eine untergeordnete Rolle. Als traktorgebundenes Sensorsystem kam das Modell Isaria Pro von Fritzmeier zum Einsatz. Dieser Sensor bietet die Möglichkeit, die Messdaten mit zusätzlichen Informationen aus Fernerkundungskarten, beispielsweise in Form von Ertragspotenzialkarten zu verrechnen. Zudem war beim Winterweizen der Einsatz eines speziell darauf abgestimmten Düngealgorithmus möglich, sodass keine Kalibrierung des Sensors auf den Bestand nötig war.


Bereits in der Anfangsphase kristallisierte sich heraus, dass es jeder Landwirt vorzog, die Technologie selbst in seinem eigenen Betrieb zu etablieren. Den nach eigenen Angaben um 10 bis 15 % höheren Zeitaufwand für die Düngung nahmen die Betriebsleiter dabei für das Ziel, das bestmögliche agronomische Ergebnis zu erreichen, billigend in Kauf.


Trotz anfänglicher Vorbehalte erwies sich dieser kooperative Ansatz als grundsätzlich praktikable Strategie. Er führte auch nicht zu den klassischen Problemen von Maschinengemeinschaften, wie übermäßiger Nutzung oder mangelnde Verfügbarkeit von Maschinen in kritischen Zeiträumen. Dass die einzelnen Höfe noch in ausreichender Entfernung zueinander lagen, um übermäßige Zeitverluste beim Maschinentausch zu vermeiden, war hier ein klarer Vorteil.


Da jeder Landwirt den Sensor mit eigener Technik kombinierte, kam es besonders im zweiten und dritten Projektjahr zu Ausfällen des Systems, weil beim Maschinenwechsel und -transport Kabel beschädigt wurden oder Wackelkontakte an Steckverbindungen entstanden. Auch Softwareupdates bei den jeweiligen Traktoren und Düngerstreuerterminals führten zu Problemen, die telefonische oder Vor-Ort-Hilfestellung vom Systemanbieter benötigten.


Arbeits- und Kosteneffizienz


Alle beteiligten Landwirte wurden zum Start des Projekts detailliert in die Eingabe der nötigen Sensorsystemeinstellungen eingewiesen. Im Laufe des Projekts zeigte sich aber, dass dieses Wissen in der Anwendungspause zwischen der Spätdüngung des Vorjahrs und der anstehenden Frühjahrsdüngung im nächsten Jahr teilweise wieder verloren ging. Die Motivation der Landwirte für den Technikeinsatz sank dadurch zum Teil deutlich. Die grundsätzlich hohe Akzeptanz der Technologie wurde allerdings nicht beeinträchtigt.


Das Ziel, ihre eigenen agronomischen Verfahren zu verbessern, ließ die Landwirte weitermachen. Die Vorteile hinsichtlich Arbeits- und Kosteneffizienz der kooperativen Maschinennutzung motivierten sie zusätzlich. Zudem sahen die Landwirte in der Technologie eine Möglichkeit, wetter- und standortbedingte Anbaurisiken zu mindern, die sie ansonsten kaum beeinflussen könnten.


Vertrauen bestimmt Erfolg


Mit den mehrjährigen Biomassekarten als Grundlage der Hoch- und Niedrigertragsflächen waren die Landwirte zufrieden. Die Düngergaben wurden auf jedem Betrieb folgendermaßen aufgeteilt: eine flächeneinheitliche Gabe zum Vegetationsbeginn gefolgt von zwei bis drei Gaben mit Sensor zwischen Schossen und Blüte. Beim Vergleich der N-Applikationskarten für die gesamte Düngermenge und den Biomassekarten zeigte sich über die Jahre allerdings, dass sich bei der Düngeverteilung auf manchen Schlägen trotz Einbeziehung des Kartenmaterials kein einheitliches Muster zwischen den Teilflächen ergab. Auf dem Großteil der Flächen waren die Biomasse- und die Düngerkarte zwar nahezu deckungsgleich, auf einigen Feldern gab es hingegen nur schwache Korrelationen.


Die Analyse der Applikationskarten zu den einzelnen Düngeterminen erklärte dieses Phänomen: Die Landwirte hatten dem Düngealgorithmus bei manchen Düngergaben sehr enge Grenzen gesetzt, speziell bezüglich der minimal auszubringenden Düngermenge. Hier fehlte es schlichtweg an Vertrauen in die Technik. Auf der anderen Seite wurden Abweichungen nach oben eher gebilligt, solange sie sich im Rahmen dessen bewegten, was die Landwirte ihrer Erfahrung nach für in Erträge umsetzbar erachteten.


Dank des für Winterweizen vorhandenen Düngealgorithmus mussten die Landwirte das System nicht im Feld auf die durchschnittliche Bestandsentwicklung kalibrieren und die Abschätzung der Düngungshöhe selbst vornehmen. Stattdessen mussten sie die Kenngrößen „erwarteter Kornertrag“ und „N-Mineralisierung“ eingeben – die sogenannte Parametrisierung. Der Einfluss der beiden Parameter kann für die Bemessung einer N-Gabe aber einen Unsicherheitsbereich von 20 bis über 50 kg N/ha bedeuten. Zur Einhaltung der Grenze der verpflichtenden Düngebedarfsermittlung ist dies nicht akzeptabel. Vor allem bei frühen und hohen N-Gaben zum Schossen des Getreides führte die Notwendigkeit der Parametereingabe so insbesondere bei Frühjahrstrockenheit zu deutlichen Unsicherheiten bei den Anwendern. Eine konsequente Beratung sowie mehrjährige Erfahrungen sollten hier mittelfristig für ein sicheres Gefühl sorgen.


Erfahrungen mit der Kalibrierung des Systems auf die mittlere Bestandsentwicklung im Dinkel zeigten, dass sich damit sogar noch größere N-Einsparungen umsetzen ließen, weil die Höhe der N-Gabe vorsichtiger kalkuliert wurde. Falsche Annahmen für den erwarteten Kornertrag und die erwartete N-Nachlieferung können demnach nicht nur die positiven Umwelteffekte der teilflächenspezifischen Düngung verringern, sondern wegen mangelnder Benutzerfreundlichkeit auch die Akzeptanz der Technologie bei den Landwirten beeinträchtigen. Möglicherweise können in diesem Punkt aktuelle Fernerkundungsdaten auch eine gute Alternative zum Sensorsystem sein, um sich mit niedrigeren Kosten an das Thema teilflächenspezifische Düngung heranzutasten.


Vorher Fragen stellen


Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Offenheit der Landwirte ein maßgeblicher Faktor für das Gelingen der Maschinengemeinschaft war. So konnten sie beweisen, dass eine Sensortechnologie für das teilflächenspezifische N-Management in einer Maschinengemeinschaft auch für süddeutsche Betriebsstrukturen geeignet sein kann.


Die Verwendung der Technologie ist jedoch komplex und erfordert eine umfassende Schulung und Unterstützung der Benutzer, um eine falsche Handhabung zu vermeiden und Vertrauen in die Daten zu schaffen. Im besten Fall lässt der erfahrene Anwender nach einer Gewöhnungs- und Lernphase der Technik den nötigen Spielraum, um eine teilflächenspezifische Verteilung des Düngers umzusetzen. Im schlechtesten Fall dagegen schränken zu starke Anwenderrestriktionen die Regelungsmöglichkeiten ein und führen so vor allem zu einer Überdüngung in den Niedrigertragszonen – mit den entsprechenden wirtschaftlichen und ökologischen Folgen.


Basierend auf den Erfahrungen aus dem Pilotprojekt sollten sich die Betriebsleiter für einen erfolgreichen Betrieb eines Pflanzensensors in einer Gemeinschaft im Vorfeld folgende Fragen stellen:


  • Wie viele Partnerbetriebe braucht es, um die Investition tragbar zu machen und welche Konstellation ist sinnvoll?
  • Wie groß sind die mögliche Einsatzfläche und die steuerbare N-Menge?
  • Wie heterogen sind die Standorte?
  • Welche Zusatzinformationen sollen in das Düngesystem mit einbezogen werden und in welcher Qualität stehen hier Daten zur Verfügung?
  • Wer verfügt über das pflanzenbauliche und technische Verständnis, um mit dem System zu arbeiten?
  • Wie ist man der Technologie gegenüber eingestellt – können optische Bestandsmakel in einem gewissen Maß toleriert werden?
  • Welche Alternativen zu einem traktorgebundenen Sensorsystem bestehen, um dasselbe agronomische Ziel zu erreichen? andreas.holzhammer


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