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Omira: Bessere Preise, aber wenig Vertrauen

Lesezeit: 5 Minuten

Die Omira-Bauern haben das erste Jahr mit ihrem neuen Partner Lactalis hinter sich. Über die Milchpreise meckert keiner mehr, am gegenseitigen Vertrauen muss noch gearbeitet werden.


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Es ist ruhig geworden um die Omira in Ravensburg, seitdem sie vor rund einem Jahr vom französischen Lactalis-Konzern übernommen wurde. Fast zu ruhig, möchte man meinen. Denn schließlich glich der Einstieg der Franzosen bei der größten Molkerei Baden-Württembergs damals einem Paukenschlag: Molkerei verkauft, Genossenschaft in Auflösung, neue Milchlieferverträge mit zehnjähriger Preisgarantie. Für die rund 2000 Genossen brach eine neue Zeit an.


Rückstand aufgeholt:

„Lactalis zahlt uns den vertraglich vereinbarten Preis und gibt uns zu verstehen, dass uns alles Weitere nichts angeht“, berichten Milchlieferanten gegenüber Südplus. In der Tat haben die Omira-Milchpreise seit Herbst 2017 ihren Rückstand aufgeholt (Übersicht 1). Für September bis Dezember 2017 war vor Kurzem nur noch eine Nachzahlung von 0,5ct/kg fällig, um auf den garantierten AMI-Bayern-Preis bei 150000kg Jahresanlieferung zu kommen. Die Alpenmilch-Erzeuger (ca. 300Mio.kg) erhielten sogar satte 3,8ct/kg! Hinzu kamen Mengenzuschläge (ø 0,01ct pro 1000 kg) und 1ct/kg für GVO-freie Produktion.


Alles in Butter also? Weit gefehlt. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass es im Verhältnis mit dem neuen Partner schon im ersten Jahr zuweilen mächtig brodelte: Für Aufregung hat z.B. die Ankündigung von Lactalis gesorgt, rückkehrwillige Landwirte in Kündigung nicht zurücknehmen zu wollen.


Davon waren besonders die 30 Betriebe der MEG Reutlingen mit ihren 20Mio. kg Milch betroffen. Sie hatten vor zwei Jahren, lange vor der Übernahme durch Lactalis, geschlossen gekündigt. Einmal, weil sich die MEG in eine Erzeugergemeinschaft umwandeln wollte. Zum anderen aber auch, weil sie mit den Preisen unzufrieden war. Als Lactalis 2017 Omira übernommen hatte, wollten die Bauern zurück. Doch die Franzosen mauerten.


Betriebe aussortiert:

Auf Druck der Erzeuger wurde später zwar die Hauptliefermenge der MEG doch wieder aufgenommen, einzelne ließ Lactalis aber bis Oktober zittern. Offenbar soll es sich dabei vor allem um kleinere Betriebe an ungünstigen Standorten, mit Anbindehaltung oder mit Problemen bei der Milchqualität gehandelt haben.


„Es war fürchterlich, bis zwei Monate vor Jahresfrist in der Luft zu hängen. Zumal in der Region derzeit auch die anderen Molkereien keine Milch aufnehmen“, schildert ein Betroffener. Für die Milchbauern waren die Vorfälle ein Novum, denn schließlich war ihre Genossenschaft bisher zur Milchabnahme verpflichtet.


Mittlerweile sollen die meisten Rückkehrwilligen einen neuen Liefervertrag von Lactalis bekommen haben. Eine offizielle Bestätigung dazu gibt es aber weder aus Ravensburg noch von Erich Härle, Geschäftsführer der Omira Oberland-Milchverwertung.


Neue Organisationsstruktur:

Fest steht allerdings: Der monatelange Ärger trug nicht gerade dazu bei, Vertrauen zwischen Molkerei und Milcherzeugern aufzubauen. Außerdem traten dadurch deutliche Schwächen in der neuen Organisationsstruktur zutage. Wer hat beim Milcheinkauf und den Lieferverträgen wirklich das Sagen? Die Oberland-Milchverwertung oder Lactalis selbst? Und war mehr Freiheit im Milchein- und -verkauf letztlich der Grund dafür, im September den Milchhandel und die Milchgeldabrechnungen in die neue Omira Milchunion Süd GmbH auszulagern?


Den Bauern hat man den Schritt mit steuerlichen Gründen erklärt. Insider spekulieren jedoch, dass dadurch der Personalabbau erleichtert werden soll. Wie dem auch sei: Die komplexe Struktur der Omira-Gruppe ist kaum noch zu durchschauen (Übersicht 2).


Das Ziel, den teuren Eigenmilchanteil von derzeit noch rund 600Mio. kg weiter zurückzuschrauben, verfolgt Lactalis konsequent. Zum Jahreswechsel fallen im Neuburger Erfassungsgebiet ca. 20Mio.kg weg und auch im Ansbacher Raum gibt es neue Sammeltouren.


Auf Sparkurs?

Welche Strategie das Unternehmen, das mit einem Jahresumsatz von 17,7Mrd. € bei Milch weltweit auf Platz zwei vorgerückt ist, darüber hinaus verfolgt, erfahren die Bauern nicht. Auch im Milchregal oder an der Marke Omira ist keine Bewegung bemerkbar. Presseanfragen bleiben unbeantwortet.


Von den Aktivitäten des neuen Geschäftsführers Morten Felthaus drang neben der Umorganisation bisher lediglich nach außen, dass der Standort Neuburg für ca. 6Mio. € gekauft wurde und offenbar ein Sparkurs im Gange ist. So verzichtete man in diesem Jahr beispielsweise auf den traditionellen Auftritt auf der Oberschwabenschau in Ravensburg. Zudem steigt der Konzern jetzt in den Handel von Silofolien und Dippmittel ein.


Warten auf die Geschäftsanteile:

Ein großes Fragezeichen ist für die Bauern zudem noch die Rückzahlung der Geschäftsanteile. Dass sich der Prozess nun laut Härle bis Januar hinzieht, macht viele misstrauisch. Im Sommer versprach er noch für Mitte Dezember eine einzelbetriebliche Rückzahlungsquote von ca. 50%. Bestätigen will er diese Zahl aktuell jedoch nicht mehr. In Neuburg garantiert Ernst Herzog, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft, seinen Genossen nach wie vor die fast komplette Auszahlung ihrer Anteile. Man habe noch Geld auf der Seite, sagt er. Ein Hundertstel der Anteile müsse man für die aktiven Lieferanten stehen lassen. Die Mitglieder der MEG Ansbach erhielten bereits einen Teil zurück.


Wie geht es weiter?

Die vielen offenen Fragen der Milcherzeuger zeigen, dass es allein mit einem guten Milchpreis nicht getan ist. Zumal auch die Aussichten am Pulvermarkt nicht besonders rosig sind. Moderne Betriebe brauchen einen verlässlichen Marktpartner, der ihnen sagt, was Sache ist und für die Zukunft eine Perspektive bietet. Das wollen letztlich auch die Banken von den Bauern wissen.


Kontakt: silvia.lehnert@topagrar.com

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