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Fuchsschwanz: 20 Jahre keimfähig!

Lesezeit: 6 Minuten

Er besitzt ein enormes Samenpotenzial, ist äußerst anpassungsfähig und unberechenbar. Wollen Sie den Kampf gegen den Fuchsschwanz nicht verlieren, müssen Sie ihn besser kennen.


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U rsprünglich trat der Ackerfuchsschwanz bevorzugt auf schweren, gut Wasser haltenden Böden in Winterkultur-Fruchtfolgen auf. Da das Ungras stark auf hohe Stickstoffversorgung anspricht, verbreitet es sich zunehmend im intensiven Ackerbau. Es ist ein einjähriges, überwinterndes Gras.


Herbst- und Frühjahrskeimer:

Der Fuchsschwanz läuft bevorzugt im Herbst auf. Herbstpflanzen sind wesentlich vitaler als Frühjahrspflanzen. Die Keimung erfolgt nur unter Lichteinfluss. Bei flacher Samenablage kann ein kurzer Lichtreiz von wenigen Millisekunden ausreichen. Weitere Voraussetzungen für die Keimung: Mäßige Bodenfeuchte und Sauerstoff. An die Temperatur bestehen keine besonderen Ansprüche. Hat sich das Ungras erst einmal etabliert, ist es äußerst robust gegen Nässe, geringe Sauerstoffversorgung, widrige Temperaturen, Lichtkonkurrenz und sonstige negative Umwelteinflüsse.


Fuchsschwanz verfügt über ein starkes Bestockungsvermögen. Naturgemäß bestockt er im Herbst stärker als im Frühjahr. Einzelpflanzen erreichen bei geringer Konkurrenz bis zu 150 Ähren. Unter Konkurrenz bildet das Ungras in der Regel 2 bis 12 Ähren/Pflanze. Die generative Entwicklung wird durch den Langtag gesteuert. Herbstpflanzen beginnen Anfang/Mitte Juni zu blühen. Spätaufläufer aus dem Frühjahr bleiben wesentlich schwächer, blühen aber kaum später.


Riesige Samenmenge:

Fuchsschwanz ist ein Fremdbestäuber. Er bildet eine große Pollenmenge pro Pflanze, die der Wind verbreitet. Das führt zu einer großen genetischen Variabilität. Im Feld findet man 3 bis 5 äußerlich unterschiedliche Varietäten. Je nach Ernährungszustand und Konkurrenz bildet eine Fuchsschwanz-Ähre 100 bis 200 Samen.


Wenn auch eine Schadschwellendiskussion bei dieser Art nicht gerade besonders sinnvoll ist, zeigt sich hier aber die Brisanz: 20 bis 30 Pflanzen/m² führen in der Regel noch nicht zu Ertragsminderungen. Unterstellt man, dass jede Pflanze 3 bis 5 Ähren und jede Ähre 100 Samen bildet, werden bei dem geringen Besatz 6 000 bis 15 000 Samen/m² gebildet. Auf stark verseuchten Standorten werden 1 500 bis 2 000 Ähren/m² gezählt. Diese sind aber wegen Lager nicht in vollem Umfang produktiv.


Es ist also eine Überlebens- und Ausbreitungsstrategie des Fuchsschwanzes, eine derart große Samenmenge zu bilden. So reagiert er darauf, dass viele Samen verloren gehen, bevor sie keimen bzw. aufwachsen können.


Kurze oder lange Keimruhe?

Von besonderer Bedeutung ist, dass die Fuchsschwanzsamen beim Ausfall von der Mutterpflanze mit einer mehr oder minder ausgeprägten primären Keimruhe ausgestattet sind. Diese kann durch nachfolgende Umwelteinflüsse in eine sekundäre Keimruhe übergehen. Die primäre Keimruhe wird durch die Witterung während der Blüte beeinflusst:


  • Unter trocken-warmen Bedingungen ist die Keimruhe kurz. Dann fallen die Samen bereits ab Anfang Juli aus. Bei ausreichender Bodenfeuchte führt eine konzentrierte Keimwelle im Kulturbestand schnell zu einem Rasen aus den frisch abgefallenen Samen.
  • Unter kühl-feuchten Bedingungen entwickelt sich eine meist ausgeprägte Keimruhe. Diese dauert mindestens 8 Wochen, oft länger. Sie verursacht selbst bei auf dem Boden liegenden Samen häufig nur ein sehr verzetteltes Auflaufen.


Das britische Getreideamt HGCA führt alljährlich umfangreiche Erhebungen zur primären Keimruhe von Ackerfuchsschwanz durch. Danach betrug die Keimrate in 4 von 10 Jahren ca. 60 %, aber in 6 von 10 Jahren nur 15 bis 40 %. Auffällig sind auch die enormen Schwankungen um den Mittelwert. Diese zeigen, dass jeder Standort seine eigene Keimruhe entwickelt.


Wenn Samen in primärer Keimruhe unter Lichtabschluss oder in eine CO2-Atmosphäre gelangen, z. B. durch eine mischende Stoppelbearbeitung, fallen sie sogleich in eine sekundäre Keimruhe von vorher nicht bestimmbarer Dauer. Hauptsächlich hebt Lichteinwirkung diese wieder auf. Dazu ist aber auch Sauerstoff erforderlich. Die Temperatur spielt dabei eine untergeordnete Rolle.


Wie lange überleben Samen?

Zu Samenverlusten kommt es durch ineffiziente Keimung und Fraß (Samenfresser sind z. B. Vögel, Nager, Insekten, Collembolen und andere wirbellose Tiere). Auch Bakterien und Pilze bauen Samen im Boden ab. Bei ineffizienter Keimung löst ein Umweltfaktor die Einleitung des Keimvorganges aus, ohne dass wirkliche Keimbedingungen gegeben sind. Das führt dazu, dass der Keimprozess nicht zu Ende geführt werden kann und der Keimling abstirbt.


Zur Überlebensdauer von Ackerfuchsschwantsamen im Boden gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Unter der Voraussetzung, dass neuer Sameneintrag unterbleibt, wurden innerhalb von 4 Jahren Samenverluste von über 80 % festgestellt. Je bindiger die Böden sind, desto geringer sind die Samenverluste. Auf schweren Böden können Samen durchaus bis zu 20 Jahre überleben und keimfähig bleiben. Ursachen dafür sind Lichtabschluss in kompakten Bodenaggregaten und geringere Durchlüftung als in leichteren Böden.


Englische Strategien:

Pflügen führte in englischen Versuchen zu einer Reduzierung der aktuell ausgefallenen Samen von durchschnittlich 54 %. Allerdings war die Schwankungsbreite groß. Sie betrug 64 bis 98 % (Durchschnitt von 15 Versuchen). Vergraben alleine kann offenbar nicht verhindern, dass der Fuchsschwanz sich auch auf langjährigen Pflugbetrieben ständig weiter ausbreitet.


In England, wo die Herbizidresistenz von Ackerfuchsschwanz bereits seit längerem große Probleme bereitet, gibt es zwei Ansätze zur Lösung der Ackerfuchsschwanz-Problematik:


1. Samenverluste durch Vergraben. In diesem Zusammenhang heißt Vergraben Vorpflügen. Es ist erprobt, aber auch nicht ganz unproblematisch. Wenn der Landwirt die Nerven behält und erst nach Auflaufen von Ackerfuchsschwanz den Acker bestellt, ohne dabei den Boden aufzubrechen, handelt es sich um ein relaltiv sicheres System. Allerdings wird dabei in Kauf genommen, dass die Krume mit Samen von unterschiedlichem Resistenzstatus gefüllt bleibt. Das schränkt den Anbau einiger Kulturen ein.


2. Samenverluste durch angepasstes Stoppelmanagement. Der Ansatz, den Bodenvorrat an Fuchsschwanzsamen nicht ständig neu aufzufüllen, ist im Grunde genommen neu und wenig erprobt. Um dieses Verfahren sicherer zu machen, sind dringend weitere Versuche erforderlich.


Wie die vorgestellte Versuchsserie und eine wissenschaftliche dänische Arbeit zeigen, ist die standardmäßige Stoppelbearbeitung gegen frischen Samenausfall weitgehend wirkungslos! Ursache hierfür ist die meist ausgeprägte primäre Keimruhe, die selbst durch sehr flache, wühlende Stoppelbearbeitung sofort in eine sekundäre Keimruhe überführt wird. Das wird bedauerlicherweise vom Pflanzenbau und Pflanzenschutz, den Geräteherstellern und zwangsläufig dann auch von den Landwirten nicht erkannt oder ignoriert.


Ausfallsamen-Management ist generell ein Zeitproblem und zwar unabhängig davon, ob vorgepflügt oder ein verändertes Stoppelmanagement betrieben wird. Auch das wird in der Diskussion über Saatzeiten weitgehend ignoriert.


Quellen: Stephen Moss, Peter Krygar Jensen, Alexandra Pye, Gerhard Dicke, HGCA

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