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Ärgernis Jakobskreuzkraut: Eine Abrechnung von Biobauer Alois

Giftpflanzen im Bio-Betrieb: Mit diesem realen Problem setzt sich Biobauer Alois aus dem Allgäu in einem neuen Artikel auf www.bauerwilli.com auseinander. "Wanderer und Naturliebhaber sind oft geschockt wenn sie sehen, wie ich als Bio-Bauer in meiner Natur-Bio-Alpweide „wunderschöne gelbe Blumen“ ausreiße.

Lesezeit: 6 Minuten

Giftpflanzen im Bio-Betrieb: Mit diesem realen Problem setzt sich Biobauer Alois aus dem Allgäu in einem neuen Artikel auf www.bauerwilli.com auseinander.


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"Wanderer und Naturliebhaber sind oft geschockt wenn sie sehen, wie ich als Bio-Bauer in meiner Natur-Bio-Alpweide „wunderschöne gelbe Blumen“ ausreiße. Das Unverständnis darüber offenbart mir immer wieder, wie wenig sich Verbraucher mit Pflanzenschutz auskennen.


Vielleicht wundern Sie sich ja auch, dass ausgerechnet ich als Bio-Bauer mit so einem gefährlichen Thema wie Pflanzenschutz anfange. Wo Sie doch bestimmt bei “Bio” die Bilder von einer heilen Welt im Kopf haben. Und bei Pflanzenschutz kommen Ihnen Bilder von Chemie und Giftspritze hoch.


Dann nehme ich Sie mit zu der „schönen gelben Blume“, die Ihnen die Bedeutung von Pflanzenschutz für uns Menschen ein wenig offenbaren wird.


Jakobs-Kreuzkraut


Bei dieser gelben Blume handelt es sich im das hochtoxische Jakobs-Kreuzkraut. Ich trage beim Ausreißen sogar bei größter Hitze Handschuhe und ein Shirt mit langen Ärmeln, weil das Gift über die bloße Haut wirkt. Ich lasse die ausgerissene Pflanze niemals auf der Weide liegen, sondern stopfe sie in einen Sack. Denn wenn die Weidetiere die trockene Pflanze fressen, ist der natürliche Bitterstoff weg, der sie sonst vom Fressen abhält. Ich nehme sie sogar mühevoll mit nach Hause, um sie in der Müllverbrennung zu entsorgen.


Das Gift baut sich nämlich biologisch nicht ab. Es lagert sich in der Leber ein, auch beim Mensch, und ab einer gewissen Konzentration im Körper ist es für jede Kreatur absolut tödlich. Deshalb darf ich es auch nicht kompostieren.


Sie sehen also, dass der Pflanzenschutz, also das „töten“ der Pflanze, dem Schutz meiner Weidetiere dient und im weitesten Sinne sogar dem Schutz der Naturliebhaber auf meiner Weide. Ich bin Bio-Bauer und darf deshalb kein Spritzmittel einsetzen. Also muss ich die Pflanzen von Hand ausreißen, was deutlich mühevoller ist.  Und hoffentlich erkennen sie jetzt auch, dass Bio-Landwirtschaft deutlich mehr Aufwand ist, denn solche Unkräuter kennen keinen Unterschied „bio – konventionell“. Weil im Bio-Landbau mehr Aufwand gemacht wird, müssen die Produkte auch teurer sein.


Natur überquert Grenzen


Aber es kommt noch besser. Die Natur hört nicht an meiner Grundstücksgrenze auf. Ich reiße also das Kreuzkraut aus und auf anderen „schicken Öko-Naturflächen“, (oft mit staatlich bezuschusstem spätem Schnittzeitpunkt) blüht das gelbe Ungeheuer und reift ab. Dann wehen die Samen wieder zu mir auf mein Feld herüber.


Naja, der soll jetzt nicht so jammern, werden sie vielleicht jetzt denken. „Dann red’ doch halt mal mit deinem Nachbarn, wenn es dich stört“ wollen Sie mir zurufen? Da haben Sie durchaus recht,  wir müssen reden. Aber nicht nur mit dem Nachbarn, sondern durchaus mit Ihnen.


Traum von der natürlichen Idylle


Denn das Kreuzkraut ist symptomatisch für den Traum der natürlichen Idylle. Es breitet sich überall seit Jahren stark aus. Und das (natürliche) Gift trifft uns alle. Es gelangt in die Nahrungskette, es wird ja nicht abgebaut. Auch die Biene mag die schönen gelben Blumen und fliegt das Gift direkt in den Honig. Wie es mit Milch und Fleisch aussieht wird grad eifrig erforscht. Wäre doch echt doof, wenn dann bei den Bio-Kühen von der Weide das Kreuzkraut-Gift nachgewiesen würde.


Damit ständen die Bauern dann bestimmt wieder allein da, so wie es einst meinem Kollegen im Nachbardorf bei BSE ging. Dann hast du als Landwirt aber so richtig die A..Karte. Nennt man Verursacherprinzip. Wem was nachgewiesen wird, der haftet.


Und damit Ihr begreift, dass das überall ein Problem ist, kann ich den Bogen geradewegs vom Allgäu bis nach Schleswig-Holstein spannen. Der dortige Landwirtschaftsminister (grün) rief schon letztes Jahr zum verstärkten Kampf gegen das Jakobs-Kreuzkraut auf. Aber mit verschärften Kontrollen des Honigs oder der Lebensmittel ist ja wohl nicht getan. Solche Probleme ohne Scheuklappen an der Wurzel anzugehen, das ist mein Anliegen.


Unverkrampfter Umgang mit Pflanzenschutz


Und da gehört für mich auch der unverkrampfte Umgang mit dem Thema Pflanzenschutz dazu. Weil ich mir nämlich allein schon wegen dieser Scheiße überlegt habe, Bio wieder hinzuschmeißen. Mir kommt halt doch manchmal der Gedanke, dass die Unkrautspritze vielleicht das effektivere Mittel wäre.


Es gibt nicht wenige Leute, die der Meinung sind, das Problem sei durch die gewollte Öko-Extensivierung erst richtig entstanden. Auch ich habe jahrelang vom Staat für verspäteten Schnittzeitpunkt Belohnungsgeld (nennt man in Bayern wunderschön KULAP-Prämie) bekommen. Dass dadurch das Kreuzkraut blühen und aussamen kann, hatte niemand auf dem Schirm. Ich auch nicht. (Aber dafür habe ich jetzt die A-Karte)


Es war also wieder mal gut gemeint, aber eben nicht langfristig gut gemacht. Da sieht man, was die Politik mit der gewollten Ökologisierung uns Landwirten einbringen kann. Als Bio-Bauer bleibt mir dann nur:  mühsam ausreißen oder ausstechen. Am besten, die ganze Familie hilft mit. Drum heißt es ja Familienbetrieb


Pflanzenschutz macht es günstiger


Aber ich habe meinen Humor immer noch: Drum mach ich mal den Vorschlag, dass die grüne Agrarwende doch gleich den chemischen Pflanzenschutz ganz verbieten sollte. Das wäre doch DIE Idee, oder? Hunderttausende dürfen dann zum Ausreißen oder Hacken der Unkräuter auf die Felder kommen.  Die Frage ist nur, wer das dann bezahlt? Ihr Verbraucher mit höheren Preisen?


Wohl kaum, denn wenn es bei uns zu teuer wird, karrt der globale Handel wieder was Günstigeres aus dem Ausland rein. Wenn ich  beim Discounter sehe, dass die EU-Bio-Ware manchmal nur knapp teurer ist (5-10%) als konventionelle Ware, dann frage ich mich schon, wie das geht? Oder ob da nicht vielleicht „Beschiss“ dabei ist? Obwohl: der ägyptische Bio-Karotten-Anbauer bekommt ja wahrscheinlich keine 8,50 € Mindestlohn in der Stunde, oder?


Also, liebe Verbraucher, ich wollte Euch mit meiner „Blumenstory“ den Pflanzenschutz nur mal aus  einer anderen Perspektive zeigen. (den Satz habe ich bei  Willi geklaut). Ganz wertfrei, ohne Ideologie, nur zum Nachdenken…


Euer Alois aus dem Allgäu"

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