Auf einem Fachpodium am Rande der Grünen Woche in Berlin haben Experten über die zahlreichen Einflussfaktoren der Grünlandnutzung diskutiert. Der Wissenschaftler Bernhard Osterburg vom Braunschweiger Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI) machte als Moderator des Fachforums das Dilemma deutlich: „Bedenklich ist, dass die Grünlandflächen in vielen Regionen Europas - und auch in Deutschland - zurückgehen.“ Grünlandflächen spielten jedoch eine bedeutende Rolle für den Klima- und Naturschutz sowie für die Landschaftsqualität.
Als Gründe für die nachteilige Entwicklung nannte Osterburg den Ausbau des Energiepflanzenanbaus, den Strukturwandel in der Tierproduktion und Änderungen der agrarpolitischen Rahmenbedingungen. Diese Faktoren führten dazu, dass viele Landwirte die Nutzung ihrer Grünlandflächen aufgäben oder sie in Ackerland umwandelten. Gleichzeitig lägen fast 20 % des Grünlands der EU im Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000.
Der Präsident des Thünen-Instituts, Prof. Folkhard Isermeyer, betonte, dass die Rindfleischproduktion von herausragender Bedeutung für die Grünlandnutzung in der EU sei. Die extensive Grünlandnutzung hänge in der Europäischen Union allerdings stark von der agrarpolitischen Förderung ab, weil auf Produktionsstandorten in Übersee zu deutlich niedrigeren Kosten produziert werde.
Die Milchproduktion in der EU sei dagegen vergleichsweise wettbewerbsfähiger, spiele aber für die Grünlandnutzung eine geringere Rolle: Die spezialisierten Milchviehbetrieben der 27 Mitgliedstaaten produzierten zwar zwei Drittel der gesamten Milch, bewirtschafteten aber nur 16 % der Grünlandfläche.
Agrarreformvorschläge begünstigen Umbruch
Wie das Thünen-Institut als Veranstalter berichtete, diskutierten die Teilnehmer heftig darüber, dass nach den Vorschlägen zur anstehenden EU-Agrarreform die Grünlandflächen zum Referenzjahr 2014 als solche erhalten bleiben sollen. Das eröffne Spielräume für den Grünlandumbruch in den Jahren vor der Reform. Außerdem könnten auch danach bis zu 5 % des Grünlandes umgewandelt werden.
Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Prof. Beate Jessel, forderte, das noch vorhandene Grünland zu erhalten und aufzuwerten. Sie kritisierte, dass viele besonders wertvolle Naturschutzflächen aufgrund der Förderkriterien von den Direktzahlungen ausgeschlossen würden.
Als Referent der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) regte Klaas Johan Osinga dagegen einen kooperativeren Umgang mit den Landwirten an; viele Bauern fühlten sich von zunehmenden Auflagen der Gemeinsamen Agrarpolitik bedroht.
Der Projektmanager Ybele Hogeveen von der Europäischen Umweltagentur (EEA) in Kopenhagen erinnerte daran, dass Grünland in Europa erst durch landwirtschaftliche Bewirtschaftung entstanden sei. Angesichts sich wandelnder technischer und soziökonomischer Verhältnisse könnten selbst die für den Naturschutz wertvollsten Flächen nur mit hohem Förderaufwand und nicht in vollem Umfang erhalten werden. (AgE)