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Maisspindeln

Maisspindeln: Ein interessanter Brennstoff

In Österreich werden Maisspindeln als Brennstoff in Biomasseheizungen eingesetzt. Das könnte auch für Deutschland ein spannender Markt werden.

Lesezeit: 7 Minuten

In Österreich werden Maisspindeln als Brennstoff in Biomasseheizungen eingesetzt. Das könnte auch für Deutschland ein spannender Markt werden.


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Wenn der Mähdrescher bei der Körnermaisernte seine Bahnen zieht, werden neben jeder Menge Stroh auch Maisspindeln mit auf das Feld geblasen. Doch das könnte sich bald ändern, denn weltweit wächst das Interesse an dem Rohstoff.


Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung in Österreich. Der Lohnunternehmer und Landwirt Franz Tschiggerl aus Halbenrain in der Steiermark konstruiert Mähdrescher so um, dass die von den Körnern befreiten Spindeln in einem separaten Bunker mitgeerntet werden.


Vergleichbar mit der Fichte: Je nach Maissorte und Ertragsniveau können 1 200 bis 2 200 kg/ha Maisspindeln geerntet werden. Der Brennstoff ist bei etwa 35 % Trockenmasse gut lagerfähig und kann rund 600 bis 1 000 Liter Heizöl ersetzen. Der Heizwert eines Kubikmeters entspricht dabei etwa der gleichen Menge frischer Fichten-Hackschnitzel.


„Am Beginn der Ernte 2011 lag der TS-Gehalt bei 30 bis 35 %“, berichtet Dr. Alfred Kindler von der Bezirksstelle Bad Radkersburg der Landwirtschaftskammer Steiermark. „Ofenfertig“ sind sie bei einem TS-Gehalt von 21 %. Große Heizwerke, derzeit die bevorzugten Kunden des Rohstoffes, kommen aber auch mit feuchterem Material gut zurecht.


Die Region im Südosten Österreichs ist sehr waldarm und vom intensiven Maisanbau geprägt, was sie mit manchen Gebieten in Deutschland verbindet. Teilweise beträgt der Maisanteil in der Fruchtfolge 70 %. Doch nur ein kleiner Teil landet in der Biogasanlage: Durch die günstigen klimatischen Bedingungen wird fast ausschließlich Körnermais angebaut, vielfach wird Saatmais produziert – auch für den Export nach Deutschland. Daneben werden auch Ölkürbisse angebaut, aus deren Kernen das berühmte dunkle Steirische Kürbiskernöl gepresst wird.


Einiges spricht für die Spindel: Für die Trocknung von Mais und Kürbiskernen wurden bislang die fossilen Energieträger Öl und Gas eingesetzt. Doch mit deren Preisanstieg verschlechterte sich die Wirtschaftlichkeit, zudem legen immer mehr Verbraucher Wert auf eine ökologische Produktion und eine gute CO2-Bilanz. Da besann man sich auf einen im Prinzip alten Brennstoff, denn bereits in den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts gab es Maisspindelöfen, in denen die damals noch per Hand von den Körnern befreiten Kol-ben verbrannt wurden. Zusätzlichen Schwung für die Wiederentdeckung der Maisspindel als Brennstoff lieferte die Tatsache, dass der Wald im Bezirk Bad Radkersburg zu 15 % „übernutzt“ wird – es wird also mehr Holz entnommen, als nachwachsen kann.


Für maisstarke Regionen kann die thermische Verwertung der Spindel ein Weg in die unabhängige Energieversorgung sein, weil der selbst produzierte Brennstoff nebenbei anfällt. Dieses Verfahren kann daher auch für deutsche Landwirte von Bedeutung werden. Zu den Pionieren, die auf das Koppelprodukt bei der Maisernte setzen, gehört beispielsweise die Saatbau Donnersdorf in der Steiermark. Die Genossenschaft gehört mit einer jährlichen Anbaufläche von 800 bis 1 000 ha Saatmais zu den größten Produzenten Österreichs. Die Erntemenge wird im Zeitraum von drei Monaten getrocknet. Seit vergangenem Herbst wird die Trocknung mit einem neuen 6 MW-Kessel befeuert, der mit einem Elektrofilter zur Staubabscheidung ausgestattet ist. Damit wird eine 20 Jahre alte 3 MW-Anlage ersetzt, in der auch bereits Maisspindeln verfeuert wurden.


Problematischer Brennstoff: Die Verbrennung der Spindeln erfolgt in der neuen Anlage auf einem dreiteiligen, wassergekühlten Rost. Denn die Eigenschaften des Brennstoffs sind nicht ganz unproblematisch. So kann es durch im Erntegut enthaltene Maiskörner zu Verschlackungen kommen. Der Chlorgehalt ist durch die Düngung recht hoch. Vor allem bei einer intensiven Kali-Chlorid-Maisdüngung bei gleichzeitig geringem Schwefelgehalt ist Vorsicht geboten.


Konkret bedeutet das, den Kessel vor Korrosion zu schützen. Untersuchungen des Institutes für Prozess- und Partikeltechnik der Technischen Universität Graz haben ergeben, dass die Rostasche hohe Nährstoffgehalte (Phosphor und Kalium) aufweist. Bis auf Stickstoff, das gasförmig entweicht, lassen sich durch den Einsatz von Maisspindeln als Brennstoff teilweise auch Nährstoffkreisläufe schließen, wenn die Asche wieder auf den Böden ausgebracht wird.


In Deutschland erlaubt: Während in Deutschland nach der 1. Novelle der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) eine Zulassung als Regelbrennstoff (mit der Einstufung als „strohähnliches Produkt“) möglich ist, erlaubt ausgerechnet Österreich die thermische Verwertung der Maisspindel nur im gewerblichen Bereich. Derzeit bemüht sich aber die Landwirtschaftskammer Steiermark sowie das Land Steiermark, eine Lösung für den Bereich des Hausbrandes zu erarbeiten.


Für Großanlagen (400 kW) wurden vom Institut für Prozess- und Partikeltechnik der Universität Graz Untersuchungen angestellt, die zu einem positiven Ergebnis führten: „Zusammenfassend kann gesagt werden, dass (…) Maisspindeln mit prinzipiell zur Verfügung stehender Verbrennungstechnik für Biomasse-Brennstoffe effizient bei vergleichsweise niedrigen Emissionen verbrannt werden können und ihr zukünftiger verstärkter Einsatz in entsprechend auf diesen Brennstoff abgestimmten Biomassefeuerungen eine interessante Alternative zum Brennstoff Holz darstellt.“


Der Landwirt und Lohnunternehmer Franz Tschiggerl kann dem als Maisspindel-Pionier nur beipflichten. Dabei zeigt er neben der thermischen Verwertung auch eine Alternative auf, die besonders für Deutschland interessant sein könnte. Nachdem er die feldfrischen Maisspindeln mit einem Bandtrockner heruntergetrocknet hat, werden sie zerkleinert und als Einstreu in seinen Geflügelställen verwendet. „Die Tierärzte sind glücklich mit der Einstreu.“ Denn im Vergleich zu Stroh stauben die Spindeln viel weniger. Zudem sind sie sehr saugfähig: 1 kg Spindel kann etwa 1,5 l Wasser aufnehmen.


Verwertung in Biogasanlagen: In den Därmen der Tiere könnte das Material allerdings aufquellen. Um eine Aufnahme zu verhindern, ist Tschiggerl dazu übergegangen, die Einstreu mit Papierbahnen abzudecken. Einen positiven Effekt hat die Verwendung von Maisspindelgranulat auf die Fußballengesundheit der Hähnchen. Der Clou ist jedoch die Kaskadennutzung: Nach der Verwendung als Einstreu wandert das Material in eine benachbarte 500 kW-Biogasanlage.


Der Haken an der Sache ist jedoch der Preis: Während die Tonne Maisspindel-Einstreu in Österreich für 140 € zu haben ist, wird der Preis in Deutschland mit 440 Euro beziffert. Die Transportkosten für das leichte Material sind einfach viel zu hoch. Daher dürfte es für Körnermaisanbauer lukrativer sein, hierzulande selbst den Rohstoff zu erfassen.


Die Voraussetzung ist jedoch, dass die Maisspindel kostengünstig geborgen werden kann. Franz Tschiggerl rüstet deshalb seine zur Körnermaisernte eingesetzten Axialflussmähdrescher so um, dass die Spindeln getrennt von den Körnern in einem rund sieben Kubikmeter fassenden Bunker am Heck der Maschine gesammelt werden. Nach seinen Erfahrungen fallen etwa 8 bis 12 m3 Spindel je Hektar an. „Pro Hektar tanken wir zwei-mal Korn ab und einmal Spindel“, berichtet Tschiggerl. Rund 98 % der Spindeln lassen sich so ernten. Das ist ein Vorteil der eingesetzten Axialfluss-Technik, bei der die Trennung der Körner von den Kolben im Dreschrotor erfolgt.


Spezielle Drescher: „Der Umbau eines Mähdreschers kostet 50 000 €“, berichtet der Tüftler: „Ein Betrieb hat das innerhalb eines Jahres refinanziert.“ Dafür muss die Auslastung entsprechend hoch sein. In Österreich und Ungarn ernten die Maschinen bis zu 1 000 ha im Jahr. Den Kunden des Lohn-unternehmers entstehen beim Mähdrusch für die Erfassung der Spindeln zusätzliche Kosten von etwa 50 €/ha. Zwölf Mähdrescher wurden in Österreich inzwischen umgerüstet, wobei Tschiggerl die Garantie nicht nur für den Umbau, sondern die komplette Maschine übernimmt.


Das Abbunkern im Feld erfolgt auf normale Kipper oder Abschiebewagen. In der Ernte werden oft auch Feldrandmieten angelegt, die mit Folie abgedeckt werden. Das lässt sich möglicherweise nicht so ohne Weiteres auf Deutschland übertragen, da es bei feuchteren Bedingungen zu Befall mit Schimmelpilzen und Verderb kommen könnte. Damit ließen sich die Maisspindel auf jeden Fall nicht mehr als Einstreu verwenden. Die Verwendung in Biomasse-Heizkraftwerken dürfte das jedoch nicht beeinträchtigen. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Maisspindel zu Briketts oder Pellets zu verarbeiten. Damit könnten dann auch kleinere Heizungsanlagen befeuert werden.


Zusätzliche Anwendungsgebiete ergeben sich durch die stoffliche Nutzung. Durch die hervorragende Saugfähigkeit eignet sich Maisspindelgranulat als Ölbindemittel. Weil es nicht die Oberfläche beschädigt, lassen sich damit auch Holz und Bestecke auf Hochglanz polieren. Nicht zuletzt kann es auch als Füllstoff und ökologisches Dämmmaterial benutzt werden. Thomas Gaul

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