Es gibt keine Statistiken über Landeigentum in Deutschland. Was auf den ersten Blick überrascht, ist leicht erklärbar: Eigentum ist Privatsache, und die Grundbücher sind nicht öffentlich einsehbar. Zudem fehlt in den Grundbucheinträgen bis heute ein eindeutiger Identifikator wie die Steuernummer, schreibt das Thünen Institut.
Namen und Anschriften von Eigentümern können sich ohnehin im Zeitverlauf ändern. Daher lässt sich das Grundbuch nicht einfach statistisch auswerten.
Bis jetzt...
Das Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen hat nun eine Methode zur statistischen Auswertung von Landeigentum entwickelt, die nun erstmals auf eine breit gestreute Stichprobe von 388 Gemeinden in Deutschland angewendet wurde. Ziel der Untersuchung war es, verlässliche Aussagen über die Eigentumsstrukturen von Landwirtschaftsfläche treffen zu können.
Die Landwirtschaftsministerien von Bund und Ländern benötigen solche Informationen. Denn das Grundstückverkehrsgesetz gibt vor, dass landwirtschaftliche Grundstücke nur mit behördlicher Genehmigung verkauft werden dürfen und die Genehmigung versagt werden kann, wenn es sonst zu einer „ungesunden Verteilung von Grund und Boden“ kommt.
Für die Studie haben elf Bundesländer die Liegenschaftsdaten einer Zufallsstichprobe von Gemeinden zur Verfügung gestellt, die 4 % ihrer Landwirtschaftsfläche umfasst. Aus den Eigentümerdaten haben die Wissenschaftler mithilfe von Text-Algorithmen identische Eigentümer und Eigentümerinnen identifiziert und nach Eigentümerarten, Wohnorten und Verteilungsmaßen ausgewertet.
2,3 Mio. Menschen in Deutschland besitzen Landwirtschaftsfläche
Die Ergebnisse zeigen eine breite Verteilung von Landeigentum in der Bevölkerung. Rund 80 % der Landwirtschaftsfläche gehören natürlichen Personen. Hochgerechnet haben bundesweit etwa 2,3 Mio. Menschen Landeigentum von mehr als einem halben Hektar Landwirtschaftsfläche.
Die meisten davon sind keine Landwirte: Etwa 45 % der Landwirtschaftsfläche gehören nichtlandwirtschaftlichen natürlichen Personen. Rund 33 % entfallen auf landwirtschaftliche Familienbetriebe und 8 % auf landwirtschaftliche Unternehmen. Der öffentlichen Hand einschließlich der Kirchen sind im Durchschnitt gut 11 % der Landwirtschaftsfläche zugeordnet.
Landeigentum ist überwiegend lokal verankert
Gut zwei Drittel der Landwirtschaftsfläche in privater Hand gehören Personen und Unternehmen mit Sitz in derselben Gemeinde, in der das Grundstück liegt. Im selben Bundesland liegen rund 90 % der Fläche. Nur 0,4 % der Landwirtschaftsfläche sind im Eigentum von Personen und Unternehmen mit Sitz im Ausland.
„Landwirtschaftsfläche erweist sich zu hohen Anteilen als traditionelles Familienvermögen, das in der Regel vererbt und nur in Zwangslagen verkauft, meistens aber zur landwirtschaftlichen Nutzung weiterverpachtet wird,“ sagt Andreas Tietz, federführender Autor der Studie. „Dabei stammen die meisten Eigentümer und Eigentümerinnen aus Familien ab, die in der Vergangenheit selbst landwirtschaftlich tätig waren.“
Strukturelle Unterschiede zwischen Ost und West
Bei genauerem Hinsehen zeigen sich deutliche Strukturunterschiede, besonders zwischen den ostdeutschen Bundesländern und dem ehemaligen Bundesgebiet. Landwirtschaftliche Eigentümer sind im Osten seltener Familienbetriebe und zumeist Unternehmen wie Genossenschaften oder GmbHs.
Solche Unternehmen haben im Durchschnitt wesentlich größeres Flächeneigentum als die Familienbetriebe. Dies führt dazu, dass die Ungleichverteilung des Landeigentums in den ostdeutschen Bundesländern deutlich stärker ausgeprägt ist. Diese Unternehmen können über den Verkauf ihrer Geschäftsanteile fusionieren oder an Dritte verkauft werden. „Über Anteilskäufe kann das Flächeneigentum in Händen einzelner Akteure sprunghaft um Größenordnungen vermehrt werden“, sagt Andreas Tietz.
Anzeichen einer marktbeherrschenden Stellung einzelner Unternehmen wurden in der Studie zwar nicht gefunden. „Dennoch sollten geeignete Datengrundlagen geschaffen werden, um die weitere Entwicklung von Unternehmensverbünden in der Landwirtschaft besser beobachten zu können“, empfiehlt Tietz angesichts der Ergebnisse.