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04/2011: Biogasanlagen verschärfen Botulismus-Gefahr nicht

Biogasanlagen stehen in dem Verdacht, den Botulismus-Erreger Clostridium botulinum zu vermehren und so die Ausbreitung der Krankheit voranzutreiben. Prof. Dr. Gerhard Breves vom Physiologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigt anhand von aktuellen Ergebnissen, wie wenig Substanz die Horrormeldungen haben. (Zusammenfassung eines Vortrages bei der Plenarsitzung des Biogasforums

Lesezeit: 4 Minuten

Biogasanlagen stehen in dem Verdacht, den Botulismus-Erreger Clostridium botulinum zu vermehren und so die Ausbreitung der Krankheit voranzutreiben. Prof. Dr. Gerhard Breves vom Physiologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigt anhand von aktuellen Ergebnissen, wie wenig Substanz die Horrormeldungen haben.



(Zusammenfassung eines Vortrages bei der Plenarsitzung des Biogasforums Niedersachsen, 23. Februar 2011).



Mikroorganismen der Gattung Clostridium sind weit verbreitet und kommen nicht nur im Boden reichlich vor, sondern auch im Magen-Darm-Trakt von Menschen und Tieren. Sie können nur unter Sauerstoffabschluss existieren. Bei ungünstigen Umweltbedingungen bilden sie widerstandsfähige und dauerhafte Formen, die so genannten Sporen. Von den über 100 Arten haben aber nur etwa 20 das Potenzial, Krankheiten auszulösen. Diese können ganz unterschiedlicher Art sein.


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Clostridium botulinum, der Auslöser der Krankheit „Botulismus“, zählt zu den neurotoxischen Clostridien. Sie können Erkrankungen des Nervensystems hervorrufen. Diese äußern sich durch eine schlaffe Lähmung, die bei Haustieren wie Rindern, Pferden oder Geflügel auftreten kann. Das Gift deaktiviert dabei über einen komplizierten Mechanismus die Erregungsübertragung von den Nerven auf die Skelettmuskulatur und führt zu schlaffen Lähmungen. Der Tod tritt durch Atemstillstand ein, da auch die Atemmuskulatur außer Kraft gesetzt wird. Botulismus ist also keine Tierseuche, sondern eine Vergiftung.




Ursache sind Kadaver im Futter


Die Vergiftung erfolgt bei Haustieren in der Regel über kontaminiertes Futter. Besonders belastet ist Hühnermist, aber auch Kadaver. Bereits ein Gramm eines kontaminierten Mäusekadavers kann für ein Rind tödlich sein. Genauso kann das Gift in Brunnenwasser enthalten sein, in dem ein totes Tier liegt. Kadaver können aber auch Raufutter wie Heu kontaminieren, das dann ebenfalls das Gift enthält. Die Tiere erkranken dabei infolge der Toxine, nicht infolge der Erreger.


Das Toxin kann auch im Körper gebildet werden, nachdem Sporen von Clostridium botulinum aufgenommen wurden. Diese Art der Erkrankung ist unter dem Namen „viszeraler“ Botulismus bekannt.

Es gibt nicht sehr viele dokumentierte Fälle von Botulismus bei Rindern. Bis auf wenige Ausnahmen erschienen in den letzten 30 Jahren kaum dokumentierte Fälle in wissenschaftlichen Zeitschriften. Beim Pferd ist dagegen seit längerem eine Erkrankung bekannt, die vor allem in Schottland und England auftretende „Gras sickness“, die mit einer Infektiion durch Clostridium botulinum in Verbiondung gebracht wird. Sie führt zu schweren Allgemeinstörungen und häufig zum Tod der Tiere.




Zusammenhang von Botulismus und Biogas ist umstritten


In letzter Zeit wird das Botulismus-Problem immer wieder im Zusammenhang mit Biogas diskutiert. In der so genannten Göttinger Erklärung hatten im vergangenen Jahr verschiedene Tierärzte den Vorwurf erhoben, dass Gärreste aus Biogasanlagen erheblich mit Clostridien, auch Clostridium botulinum, kontaminiert seien. Inaktive Sporen könnten während der Vergärung zum Auskeimen gereizt werden, so dass die Biogasproduktion zur Vermehrung der Clostridien beitrage. Über das Futter wie Weidegras oder Siliergut sollen die Clostridien zurück in den Tierbestand gelangen und so das Risiko für chronischen Botulismus beschleunigen.


Die Thesen der „Göttinger Erklärung“ haben zwar für eine große Verunsicherung geführt, lassen sich aber nicht belegen. So wurde bei einem Sachverständigengespräch beim Bundesamt für Risikobewertung (BfR) im vergangenen Herbst deutlich, dass in Klärschlamm und Gärresten von Biogasanlagen zwar pathogene Clostridien-Stämme vorliegen, dass es aber nicht zu einer Vermehrung kommt. Auch sei der chronische Botulismus in Tierbeständen wissenschaftlich nicht belegt, die Ursache vieler chronischer Erkrankungen sei unklar.


Neue Erkenntnisse liefert jetzt eine Untersuchung aus Schweden. Eine Arbeitsgruppe aus Uppsala hat zwei Biogasanlagen untersucht, die tierische Nebenprodukte und Schlachtabfälle einsetzen. In diesen Substraten konnten vor der Vergärung noch relativ viele Clostridien nachgewiesen werden. Schon nach einer Pasteurisierung waren kaum noch pathogene, also krankmachende Clostridien vorhanden. Und nach der Vergärung ließen sich im Gärrest noch wenige nicht-krankmachende Clostridie nachweisen, dagegen keine pathogenen Erreger mehr.


Wegen der unsicheren Datenlage erscheint es aber mehr als sinnvoll, dass jetzt Studien an existierenden Biogasanlagen durchgeführt werden. Bis zu konkreten Ergebnissen sollten Betreiber von Biogasanlagen mit der Düngung von Gärrest auf Grünland vorsichtig sein, wenn sie als Substrat Hähnchenmist eingesetzt haben. Es gibt zwar keine Belege für eine Gefahr. Allerdings fehlen auch hier handfeste Ergebnisse.

Was jedoch feststeht: Zu einer massiven Vermehrung von Clostridien tragen Biogasanlagen nicht bei. (neu)

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