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"Agri-Photovoltaik lohnt sich"

Freiflächensolaranlagen sind umstritten, aber lukrativ. Agri-Photovoltaikanlagen könnten das Problem lösen.

Lesezeit: 6 Minuten

Würde man auf 4 % der Ackerfläche Freiflächensolaranlagen installieren, könnte man damit den gesamten Stromverbrauch in Deutschland abdecken. Es sind Aussagen wie diese, mit denen die Solarbranche den Druck auf die Bundesregierung und die Länder erhöht, mehr Flächen für den Bau freizugeben.

Es sind aber auch Zahlen, die vielen Landwirten Sorgen bereiten. Ackerflächen sind knapp und die Pachtpreise haben vielerorts die Schmerzgrenze überschritten. Wenn zugunsten der Energiewende noch mehr Flächen geopfert werden, könnte das die Pachtpreise noch weiter nach oben treiben, so die Befürchtung.

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Länder scheren aus

Das sich Investitionen in eine Freiflächenanlagen – unabhängig von der Diskussion um Chancen und Risiken eines weiteren Ausbaus – auszahlen kann, wurde auf einer Online-Solartagung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Mitte Januar deutlich. Energieberater Nils Seidel von der Kammer hatte dazu ein Beispiel im Gepäck: Eine Anlage mit fünf Megawatt Leistung (5 MW) schlägt mit rund 3,4 €Mio. € zu Buche (640 €/kW, Vollfinanzierung, 10 Jahre Laufzeit, 1,1 % Zinsen). Anders als bei kleineren Anlagen mit einer Leistung von bis zu 750 kW erhalten Betreiber für diese Kraftwerke keine feste Einspeiseförderung, sondern müssen an einer Ausschreibung teilnehmen. In diesen Verfahren wird ein Höchstwert von staatlicher Seite festgelegt. Aktuell liegt dieser bei 5,57 ct/kWh. Um einen Zuschlag zu bekommen, müssen Investitionswillige daher diesen Wert unterbieten und die Konkurrenz mit einem möglichst niedrigen Preis ausstechen.

Seidel hatte in seiner Berechnung einen Wert von 5 ct/kWh angesetzt. An einem Standort mit eher mäßiger Sonneneinstrahlung summiert sich der Gewinn unter diesen Bedingungen nach 20 Jahren auf rund 1,8 Mio.

Um dem Flächenfraß durch den Ausbau der Freiflächenanlagen Einhalt zu gebieten, hat die alte Bundesregierung den Ausbau der Freiflächen reglementiert. Wer eine EEG-Vergütung in Anspruch nehmen möchte, der darf seine Module nur entlang von Autobahnen, Eisenbahnschienen, auf Konversionsflächen oder auf benachteiligten Gebieten montieren (EEG-Gebietskulisse). Wer davon abweicht, erhält keine Förderung und stößt oft auf Widerstand in den Kommunen. Denn neben den Bezirksregierungen müssen auch diese die Flächen ausweisen. Weil der Bau der Anlagen außerhalb der Vorranggebiete umstritten ist, schaffen es diese Vorhaben oft nicht bis zur Baureife.

Es gibt allerdings immer öfter Bundesländer die eine sogenannte Länderöffnungsklausel nutzen. Danach dürfen die Länder von der oben genannten Flächenkulisse für Anlagen abweichen und den Bau auch in benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten erlauben. Wer in diesen Sondergebieten seine Anlage errichtet, hat dann ebenfalls einen Anspruch auf EEG-Förderung.

Ausweg Agri-Photovoltaik

„Nicht ganz so lukrativ, aber deutlich weniger flächenkritisch, sind sogenannte Agri-Photovoltaikanalagen“, so Seidel. „Hier werden die Module entweder mit deutlich mehr Abstand zum Boden oder senkrecht auf den Gestellen montiert, damit nach wie vor unter den Paneelen bzw. zwischen den Reihen mit Maschinen geackert werden kann“, erklärte Tobias Keinath vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das Prinzip der Agri-Photovoltaik.

Damit möglichst viel Licht nach wie vor bei den Pflanzen ankommt, setzen die Betreiber entsprechend eher lichtdurchlässigere Module ein, was den Ertrag im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen etwas senkt. Hinzu kommen höhere Ausgaben für die Unterkonstruktionen. Wird die 5-Megwattanlage aus dem Beispiel für die gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung optimiert, fallen pro Kilowatt nicht nur 640 € Investitionskosten, sondern 750 € an. Daher fällt das Ergebnis mit 1,1 Mio € Gewinn auch schlechter aus.

Wer eine EEG-Förderung in Anspruch nehmen will, darf die Agri-Photovoltaikanlage zudem wie herkömmliche Freiflächenanlagen nur in den Ausnahmegebieten entlang von Autobahnen aufbauen. Ein K.O.-Kriterium für diese Projekte. Wer dennoch auf Standorte außerhalb der EEG-Kulisse ausweicht, muss stattdessen seinen Strom selbst verbrauchen oder an Verbraucher vor Ort vermarkten.

Im Frühjahr dieses Jahres gibt es allerdings noch einen Lichtblick für interessierte Landwirte: Erstmals sind im Frühjahr auch Agri-Photovoltaikanlagen in den sogenannten Innovationsausschreibungen erlaubt. Damit haben deren Betreiber auch außerhalb der bisher erlaubten Standorte eine Chance auf eine EEG-Förderung. Der Höchstwert für die Gebote beträgt aktuell für die besonders „innovative“ Anlagen 7,5 ct/kWh.

Dafür sind die Anforderungen strenger als in den herkömmlichen Ausschreibungsrunden:

  • Erlaubt sind ausschließlich Anlagenkombinationen, zum Beispiel aus einer Freiflächenanlage plus Batteriespeicher. Damit fallen die Investitionskosten höher aus.



  • Agri-Photovoltaikanlagen müssen die Anforderungen der „DIN SPEC 91434:2021-05“ erfüllen. Danach darf die Anlage zum Beispiel maximal 15 % der Fläche versiegeln. Die restlichen 85 % müssen für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen.

Trotz der höheren Anforderungen kann sich eine Investition unter diesen Bedingungen auszahlen. Seidel kam in seiner Kalkulation für eine 5 MW-Anlage auf einen Gewinn von 1,132 Mio. € (930 kWh/kW, 10 MWh Solarspeicher, 750 €/kW für die Solaranlage, 550 €/kWh für den Speicher, Vollfinanzierung, 10 Jahre Kreditlaufzeit, 1,1 % Zinsen).

Beeren- und Obstanbau unter Modulen

Tobias Keinath vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE gab allerdings zu bedenken, dass nicht jede Kultur für den Anbau unter den Modulen geeignet sei. Mais scheide als C4-Pflanze eher aus. Gut geeignet ist hingegen zum Beispiel der Kartoffelanbau.

Wie sich die Flächen effektiv nutzen lassen, berichtete auch Nebenerwerbslandwirt Fabian Karthaus aus der Nähe von Paderborn (82 ha, Marktfruchtbetrieb, 400 Schweine im Offenstall, Beeren- und Apfelplantagen). Er hat seine Freiflächenanlage wie ein Gewächshaus konzipiert und baut darunter unter anderem Heidel-, Himbeeren und Erdbeeren an. Seine Module sind Spezialanfertigungen. Sie besitzen keinen UV-Filter und lassen daher mehr Licht durch.

„Die Pflanzen sind durch das Moduldach vor Hagel und Niederschlag geschützt“, so Karthaus. Dadurch gebe es weniger Probleme mit Krankheiten. Zudem schütze die Anlage im Winter die Kulturen besser vor Frost als eine reine Plantage im offenen Feld. Und im Frühjahr kann er seine Anlage sogar seitlich mit Folien schließen.

Seine Plantage hat er außerdem mit einem Gefälle von einem Prozent angelegt, damit Regenwasser besser abfließen kann. Weil bei Regen das Wasser von den Modulen seitlich abläuft, konzentriert sich relativ viel Niederschlag auf wenig Fläche unter den Modulen. Daher hat er zwischen den Modulreihen eine Drainage im Boden verlegt.

Karthaus Anlage ist offiziell keine Freiflächenanlage, sondern ein Gewächshaus mit Solardach. Der junge Landwirt musste nach eigenen Angaben auch einige Widerstände überwinden, um die Baugenehmigung in der Hand zu halten. Es seien Sätze gefallen wie "Das… ist doch kein Gewächshaus!", "Da kriege ich Bauchschmerzen." und "Das wird zurückgebaut!".

Sein Durchhaltevermögen zahlte sich letztendlich aus. Im Februar 2020 rückte das Installationsteam aus und vier Wochen später erzeugten die 2.700 Module den ersten Strom. Einen Teil davon verbraucht er im Betrieb, den Rest will er einspeisen. "Bis heute ist die Anlage nicht am Netz, da uns der Trafolieferant lange hängen lassen hat und dann im November 2020 der Trafo falsch geliefert wurde", berichtete er. Trotz des Ärgers würde er eine solche Anlage noch einmal bauen. "Aber dafür müsse das Baurecht geändert werden. Es bedürfe klarer Spielregeln", so Karthaus.

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