Biogasanlagen könnten künftig nicht nur Strom, Wärme oder Biomethan produzieren und verkaufen. Denkbar ist auch, dass sie organische Säuren als Rohstoffe für die Industrie herstellen. Wie das praktisch funktionieren soll, untersuchen Biogasforscher der Universität Hohenheim in dem Forschungsprojekt „Optigär“. Darin suchen sie nach Möglichkeiten, um Buttersäure und weitere Säuren aus der Biomasse moderner Biogasanlagen ökonomisch und ökologisch sinnvoll zu erzeugen und zu vermarkten. Dieser Ansatz der Bioökonomie – dem Leitthema der Universität Hohenheim in Stuttgart – erhält von der Fachagentur nachwachsende Rohstoffe (FNR) knapp 300.000 Euro Förderung.
Die Säuren sollen aus einer vorgeschalteten Hydrolysestufe im Biogasprozess gewonnen werden. „Die Forschung und unsere praktischen Erfahrungen sind mittlerweile so weit, dass wir die Prozesse in der Anlage steuern und die Entstehung und Menge bestimmter organischer Säuren gezielt beeinflussen können“, erklärt Dr. Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim.
Die organischen Säuren entstehen als Zwischenprodukte im Biogasprozess. „Sie sind für die Entstehung des Biogases im Reaktor unerheblich“, erläutert Jörg Steinbrenner. Er betreut das Forschungsprojekt als Doktorrand an der Universität Hohenheim. „Wir können sie daher aus dem Prozess herausziehen und anderweitig nutzen.“ Bei derzeitigem weitgehend unkontrolliertem Ablauf der Hydrolyse entstehen Säuren meist als Gemische. Durch Steuerung der Abläufe, Regelung von pH-Wert und Temperatur, Zugabe oder Förderung von Reinkulturen können mehr der erwünschten Stoffe gewonnen werden, so Steinbrenner. Die Abtrennung der wertbringenden Säuren erfolgt über spezielle Membranen.
Die organischen Säuren gelten als sogenannte Plattformchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen, weil sie herkömmliche Grundchemikalien ersetzen können, die aus fossilen Rohstoffen hergestellt sind. Milchsäure, die beispielsweise beim Silieren von Biomasse entsteht, kann als chemischer Grundbaustein zur Erzeugung von biologisch abbaubaren Kunststoffen (Polymilchsäure) dienen, hat ein früheres Projekt der Uni Hohenheim gezeigt.
Im Projekt „Optigär“ stehen andere Carbonsäuren im Fokus. Dazu gehört auch die Buttersäure. Aus ihr lassen sich Ester herstellen, die als fruchtige Duft- und Aromastoffe in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Futtermittelindustrie dienen.
Derzeit bauen die Forscher im Labor eine Versuchsanlage auf. Oechsner hält es für möglich, eine Säuremenge von 2% der Frischmasse des Biogassubstrats zu erreichen. Bei 10 bis 20 Tonnen Frischmasse pro Tag könnten so täglich 200 bis 400 Kilogramm hochwertige Säuren herausgefiltert werden.