Nutria beschädigen Deiche und Uferböschungen und sind damit ein Risiko für den Hochwasserschutz. Die Nagetiere fressen Mais und andere Kulturen von angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen und gefährden mit ihrem Appetit stellenweise sogar die Artenvielfalt, stellt die Landwirtschaftskammer Niedersachsen fest.
Das seit 2019 praktizierte Jagdmanagement des Landes helfe allerdings spürbar dabei, die Ausbreitung dieser fremden Art, die ursprünglich aus Südamerika stammt, einzudämmen, und soll daher weiterentwickelt werden. Darauf machten Fachleute der LWK, Vertreter der Jägerschaft sowie des örtlichen Unterhaltungsverbandes bei einem Treffen mit Agrarministerin Barbara Otte-Kinast an der Vechte bei Quendorf (Landkreis Grafschaft Bentheim) aufmerksam.
Fallen funktionieren
Nach Angaben von Heiko Fritz, bei der LWK Koordinator für die Nutriabejagung, lag die Gesamtzahl der in Niedersachsen erlegten Nager im gerade abgelaufenen Jagdjahr 2021/22 bei 39.864 Nutrias (2020/21: 44.395, 2019/20: 41.369).
LWK-Nutriajäger Björn Matthies und Nutriajägerin Johanne van Scharrel-Bruns erklärten Otte-Kinast die Funktionsweise der vom Ministerium finanzierten Lebendfallen, die bei der Nutriajagd zum Einsatz kommen. Knapp 95 % der darin gefangenen Tiere seien Nutria sowie weitere Neozoen wie Waschbär, Marderhund, Mink und Bisam – dies zeige, dass diese Fallen gut funktionierten, so die Nutriafachleute. Im Jagdjahr 2021/22 seien allein mit diesen Fanggeräten 4.880 Tiere gestellt worden (2020/21: 5.052).
Technik erkennt Tierart
In dem unter anderem von Fritz betreuten EU-Projekt Life MICA, in dem es unter anderen an der Vechte um die Eindämmung der Nutria- und Bisampopulation und um die Einführung effizienter Kontrollmaßnahmen über die Ausbreitung dieser Arten geht, werden außerdem neuartige, „intelligente“ Fallen erprobt.
„Diese selektiven Lebendfangfallen lösen nur aus, wenn die Zieltierart in der Falle ist – der Einsatz im Zuge des Projekts verläuft vielversprechend“, sagte der LWK-Koordinator. „Diese Fallen eignen sich vor allem für Naturschutzgebiete, da Störungen durch Kontrollen, welches Tier gefangen wurde, wegfallen – in Stadtgebieten schützt dieser Fallentyp Hauskatzen, die sich für die Köder interessieren und damit eine herkömmliche Falle auslösen würden.“
Wasserprobe verrät Anwesenheit der Nager
Das Projekt hat Fritz zufolge im vergangenen Jahr deutliche Fortschritte gemacht: „Über Wasserproben kann nunmehr festgestellt werden, ob in einem Gewässerlauf Bisam oder Nutria vorhanden sind. Mit Hilfe von DNA-Proben können wir herausfinden, aus welchem Gebiet Bisame zuwandern.“ Das Monitoring mit Wildkameras liefere spannende Erkenntnisse: Im Vechtegebiet seien auf diese Weise erstmals Fischotter und Biber fotografisch nachgewiesen worden.
„Wir haben begonnen, für die Nutriajagd eine gute Struktur aufzubauen – aber für eine langfristige Regulierung der Bestände müssen wir unsere Anstrengungen intensivieren“, betonte auch Marcus Polaschegg, Leiter des zuständigen LWK-Fachbereichs Klima, Natur und Ressourcenschutz, Biodiversität, mit Blick auf die benachbarten Niederlande, die über ein leistungsfähiges System zur Bejagung der Nager verfügen.
„Dadurch, dass in Zukunft noch mehr Gewässer nach ökologischen Gesichtspunkten naturnah umgestaltet werden, erhalten auch fremde, invasive Tierarten wie die Nutria mehr Rückzugsräume – das macht die Bejagung nicht einfacher“, erläuterte Polaschegg weiter. „Deswegen benötigen wir in ganz Niedersachsen bei diesem Thema eine hohe Sensibilität.“