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Hochwasser Maisernte Agrarpolitik bei der Landtagswahl

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Die Kontokorrent-Zinsen müssen runter!

Lesezeit: 6 Minuten

Viele Landwirte zahlen noch 11 bis 12 % Zinsen auf dem laufenden Betriebskonto. Das ist zuviel. Verhandeln lohnt sich mehr denn je!


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Die einen werden bei Geldanlagen mit Mini-Zinsen abgespeist, die anderen bei Krediten umso kräftiger zur Kasse gebeten.


Nur wenige Landwirte sind derzeit in der glücklichen Lage, größere Summen als Tages- oder Festgeld anlegen zu können. Viel Freude kommt dabei nicht auf. Häufig bieten die Geldinstitute nur noch 1 % Zinsen oder weniger. Nur bei einigen Online-Banken sind es noch knapp über 2 %. Ein absoluter Tiefpunkt.


Genau das Gegenteil erleben dagegen Landwirte, die – als Folge der Krise - ihr laufendes Konto überziehen mussten. Sie zahlen häufig noch Kontokorrent-Zinsen von 11 bis 12 %, bei ungenehmigter Überziehung (über das vereinbarte Limit hinaus) schnell sogar 16 bis 18 % Zinsen. Diese sind trotz Finanz- und Wirtschaftskrise nur minimal gesunken. Dabei können sich die Banken derzeit so günstig Geld leihen wie selten zuvor. „Die Räuberbanken“, geißelte die Stiftung Warentest diese zwiespältige Geschäftspolitik.


Für top agrar war das Anlass genug, eine aktuelle Praxisumfrage bei Banken und Betrieben durchzuführen. Wir wollten wissen: Welche Kontokorrent-Zinsen sind derzeit angemessen? Und wie flexibel reagieren Geldinstitute, wenn Landwirte kurzfristige Finanzierungsspitzen zinsgünstig überbrücken möchten, z. B. die Vorfinanzierung der kommenden Ernte?


Spanne von 7 bis 9 %


Eine wichtige Erkenntnis vorweg: Mit der Krise driften die Konditionen offenbar immer weiter auseinander – zwischen Betrieben mit gutem und weniger gutem Rating, zwischen flexiblen und weniger kundenfreundlichen Banken, aber auch zwischen den verschiedenen Regionen.


Die niedrigsten Kontokorrent-Zinsen zahlen Betriebe in einigen landwirtschaftlichen „Hochburgen“, wo die Bauern als gute Kunden geschätzt werden und der Wettbewerb zwischen den Banken funktioniert. Wo dies nicht der Fall ist, schalten die Institute nicht selten auf stur, wenn ein Landwirt einen etwas besseren Zinssatz für sein Tagesgeld aushandeln oder seinen Kontokorrent-Zins deutlich unter die 10 %-Marke drücken möchte. Dort heißt es: Eine 8 vor dem Komma sei auch für Top-Kunden nur in Ausnahmefällen möglich.


Aber es geht auch anders. In mehreren Regionen liegt die Zinsspanne für landwirtschaftliche Kontokorrent-Kredite aktuell bei etwa 7 bis 9 %. Dies gilt für Betriebe, deren Finanzen grundsätzlich gesund sind, die Überziehung des laufenden Kontos also nur durch die Krise bedingt und kein Dauerproblem ist. Grundbuchliche Sicherheiten für den Kontokorrent-Kredit erleichtern es der Bank, Ihnen beim Zinssatz entgegenzukommen.


Einzelne Betriebe, die erstklassig „geratet“ sind, regelmäßig hohe Umsätze tätigen und die Geschäftsbeziehung zur Hausbank gepflegt haben, konnten sogar Top-Konditionen von 6 bis 6,5 % für ihr laufendes Konto aushandeln.


Empfehlung: Wenn Ihr Kontokorrent-Zins bisher noch über 10 % liegt, sollten Sie jetzt mit Ihrer Hausbank über eine deutliche Anpassung nach unten verhandeln. Der Spielraum ist da! Prüfen Sie bei dieser Gelegenheit auch, ob das eingeräumte Kreditlimit auf dem laufenden Konto noch passt.


„Obwohl viele Betriebe gewachsen und die Umsätze gestiegen sind, wurde das Kreditlimit häufig nicht angepasst“, hat Bernhard Gründken, Finanzberater bei der Landwirtschaftskammer NRW beobachtet. Für spezialisierte Milcherzeuger hält der Experte einen Kreditrahmen von etwa 5 ct/kg Milchquote für angemessen. Bei 800 000 kg Quote wären dies 40 000 €. Ein Schweinehalter mit z. B. 1 500 Mastplätzen sollte sich ein Kreditlimit von ca. 50 000 bis 70 000 € einräumen lassen.


Variabel umfinanzieren?


Deutlich billiger als jeder Kontokorrent-Kredit sind derzeit kurzfristige Darlehen mit variablem Zinssatz. Diese kosten häufig zwischen 4 und 5 % Zinsen, in einigen Regionen wurden uns auch Zinssätze von 3 % oder sogar deutlich unter 3 % genannt! Immer vorausgesetzt: eine untadelige Bonität des Kunden.


In diesen Fällen bieten manche Banken und Sparkassen ihren landwirtschaftlichen Kunden an, aufgelaufene Kontokorrent-Kredite zumindest teilweise durch ein variables Darlehen abzulösen. Das kann sinnvoll sein, wenn


die realistische Chance besteht, diesen Kredit innerhalb der nächsten etwa 1 bis 3 Jahre zurückzuzahlen und


das Minus auf dem Betriebskonto nicht auf schwerwiegendere Finanzprobleme hindeutet, sondern teilweise auch durch Investitionen entstanden ist.


Typisches Beispiel: Ein Maschinenkauf sollte teilweise über das laufende Konto finanziert und schnell wieder getilgt werden. Doch die eingebrochenen Milch- und Getreidepreise haben dem Landwirt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dann kann er sich mit einem variablen Darlehen etwas Luft schaffen und Zinsen sparen. Denn Experten rechnen derzeit nicht damit, dass die Zinsen am Kapitalmarkt schnell wieder kräftig steigen werden.


Neue Kredit-Modelle


„Dieser Weg ist jedoch nicht geeignet, wenn der Betrieb ständig hohe Kontokorrent-Verbindlichkeiten vor sich herschiebt“, warnt ein Agrarkunden-Betreuer aus dem Sparkassen-Sektor. Dann löst man die Probleme nicht, sondern verschiebt und verstärkt sie nur. Hier kann nur eine gründliche Finanzanalyse des gesamten Betriebes weiterhelfen.


Häufig ist es dann ratsam, den „eingefrorenen“ Kontokorrent-Kredit in ein Darlehen mit 5- bis 10-jähriger Laufzeit und Zinsbindung umzufinanzieren. Das müsste derzeit zu Zinsen um oder unter 5 % möglich sein. Die im Vergleich zum Kontokorrent-Konto eingesparten Zinsen können dann für die systematische Tilgung genutzt werden.


Einige Banken haben außerdem spezielle Finanzierungsmodelle entwickelt, die den Betrieben helfen sollen, extreme Preisschwankungen besser abzufedern. So bietet eine Volksbank aus dem hohen Norden ihren guten Kunden so genannte Flex-Darlehen mit bis zu 10-jähriger Laufzeit an. Die Zinsen liegen bei 4 bis 5 % und können variabel oder für bis zu 10 Jahre fest gewählt werden.


Der Clou: Es gibt keine feste Tilgung. In schwierigen Marktphasen kann der Landwirt die Tilgung komplett aussetzen, dafür bei guten Preisen beliebig viel tilgen. Die Darlehen sind nur geringfügig teurer als Kredite mit fester Tilgung. Dafür kann der Landwirt innerhalb des gesteckten Rahmens künftig flexibel auf Preis- und Marktschwankungen reagieren – eine interessante Lösung, die allerdings auch entsprechende „Disziplin“ auf Seiten des Betriebsleiters erfordert.


Wir halten fest


Akzeptieren Sie keine überhöhten Kontokorrent-Zinsen. Für gute Betriebe sollten diese derzeit in einer Spanne von etwa 7 bis 9 % liegen, wie unsere aktuelle Umfrage gezeigt hat.


Gerade in schwierigen Zeiten können Sie erwarten, dass die Hausbank ein offenes Ohr für Sie hat und Ihnen bei den Konditionen entgegen kommt. Tut sie das nicht in angemessener Form, schadet es nicht, wenn Sie Konkurrenzangebote von anderen Instituten einholen und diese gegebenenfalls mit der eigenen Bank diskutieren.


Eine gute Geschäftsbeziehung zur Hausbank ist jedoch keine Einbahnstraße. Wer die Bank nicht offen informiert, kein gutes Rating vorweisen kann oder finanzielle Probleme im Betrieb schon lange vor sich herschiebt, wird nicht die besten Zinskonditionen verlangen können. In dieser Hinsicht funktioniert der „Geldmarkt“ wie jeder andere Markt auch.


H.- G. Topüth/A. Schulze Vohren

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