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Bundestagsdebatte zur Milchkrise: Molkereien stärker in die Pflicht nehmen

Eine Vielzahl deutscher Milchbauern ist angesichts des dramatischen Preisverfalls in einer existenzbedrohenden Lage. In dieser Einschätzung herrschte Einigkeit während der Beratung von Anträgen der Linken und Grünen am Donnerstag im Bundestag.

Lesezeit: 5 Minuten

Eine Vielzahl deutscher Milchbauern ist angesichts des dramatischen Preisverfalls in einer existenzbedrohenden Lage. In dieser Einschätzung herrschte Einigkeit während der Beratung von Anträgen der Linken und Grünen am Donnerstag im Bundestag.


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In der Frage, wie den Bauern geholfen werden kann, gab es jedoch unterschiedliche Ansichten. Während Linke und Grüne unter anderem für eine wirksame Milchmengenreduzierung und einen Mindestpreis, der durch die Molkereien zu zahlen ist, plädierten, lehnte Agrar-Staatssekretär Peter Bleser (CDU) die erneute Einführung einer Milchquote ab und kündigte weitere Liquiditätshilfen für die Bauern an. Die Molkereien müssten stärker in die Pflicht genommen werden und die Wertschöpfung steigern, lautete eine der Forderungen der Koalitionsfraktionen.


Grüne: Gipfel der Verantwortungs- und Hilflosigkeit


Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte Agrarminister Christian Schmidt (CSU) für seinen Umgang mit der Krise. Der Minister mache Politik über die Köpfe der Betroffenen hinweg, habe keine Strategie und schaffe die bäuerliche Landwirtschaft ab, sagte Ostendorff. Den von Schmidt unlängst einberufenen Milchgipfel nannte er den „Gipfel der Verantwortungs- und Hilflosigkeit“.


Die eigentlich Betroffenen – die Milchbauern – seien gar nicht erst eingeladen gewesen. Zudem sei das Ziel, den Handel dazu zu bringen, eine Art Solidaritätsfonds einzurichten, gescheitert. Benötigt werde eine Politik für die bäuerliche Landwirtschaft, so der Grünen-Abgeordnete. „Wir brauchen eine wirksame Mengenreduzierung. Dabei muss den Bauern durch die Regierung geholfen werden“, forderte er.


Regierung: Noch nicht am Ende mit den Hilfsmaßnahmen


„Wir wollen keine Quote, ebenso wenig wie die Bauern“, entgegnete Staatssekretär Bleser. Auch mit Quote sei der Milchpreis in den Jahren 2007 und 2008 im Keller gewesen. Den derzeit am Boden liegenden Milchmarkt erklärte er unter anderem mit außenpolitischen Entwicklungen. Dazu gehören nach seiner Ansicht Exporteinbrüche wegen der Russland-Sanktionen und des Konjunktureinbruches in China.


Feste Milchpreise, wie die Opposition sie fordere, seien kein Beitrag zur Verbesserung der Situation „Das funktioniert nicht an den Märkten“, sagte Bleser. Der Rückgang der Milchbaubetriebe sei Folge eines Strukturwandels, den es auch mit Quote gegeben hätte. „Egal wer regiert – das ist die Realität, die kann man nicht ausblenden“, sagte der Staatssekretär und verteidigte zugleich den durch Agrarminister Schmidt einberufenen Milchgipfel. Dabei sei ein Branchendialog gegründet worden. Bleser machte außerdem deutlich, man sei „staatlicherseits noch nicht am Ende mit den Hilfsmaßnahmen“.


Linke: Bauern sind in eine Falle gelaufen


Handels- und Molkereikonzerne hätten Milch zur Ramschware gemacht, beklagte Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke). Selbst vom Dumpingpreis würden erst noch die Gewinne der Konzerne abgezogen, sodass nur noch Almosen für die Erzeuger übrig bleiben würden, „Ich finde das sittenwidrig“, sagte die Linke-Abgeordnete. Die Bauern, so Tackmann weiter, seien im letzten Jahr in eine Falle gelaufen. EU und Bundesregierung hätten ihnen gegenüber den Eindruck erweckt, es gebe eine unerschöpfliche Nachfrage nach Milch auf dem Weltmarkt, die nur ohne die „Fesseln der Mengenbegrenzung“ zu erfüllen sei.


Ein Jahr lang habe die Bundesregierung nichts zur Krisenbewältigung getan, kritisiert Tackmann. „Jetzt kommt der hektische Aktionismus.“ Dabei mache beispielsweise ein Branchendialog nur Sinn, wenn auch die Milchbauern beteiligt werden.


SPD: Wir hätten das nicht aufhalten können


Die Quotierungsvorschläge der Opposition seien nicht ausreichend, da auch zu Zeiten der Quote der Preis ähnlich niedrig wie heute gewesen sei, sagte Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD). Es habe einen Strukturwandel in der Landwirtschaft gegeben. Kleine Betriebe seien verschwunden, größere immer größer geworden. „Das ist so – was ist daran denn negativ?“, fragte er. Man müsse auch ehrlich sein, was die Möglichkeiten der Politik betrifft. „Wir hätten das nicht aufhalten können“, lautete seine Einschätzung.


Richtig sei allerdings die Einschätzung, dass es ein Marktversagen in dem Bereich gibt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen auch bei den vertraglichen Lieferbeziehungen zwischen Produzenten und verarbeitenden Bereich müssten verändert werden. Es könne nicht sein, dass die Landwirtschaft das gesamte betriebswirtschaftliche Risiko trage - die Molkereien hingegen keines.


Priesmeier sprach auch das Thema Wertschöpfung durch die Molkereien an. Während die Wertschöpfung aus einem Liter Milch in Deutschland bei 85 Cent liege, betrage diese in Italien 1,50 Euro. Das, so Preismeier, sei auch Folge davon, dass Molkereien sich über viele Jahre Dank gestützter Preise nicht an der Marktnachfrage orientiert hätten.


CDU/CSU lehnt erneute Milchquote ab 


Auch Alois Gerig (CDU/CSU) lehnte eine erneute Quotierung ab. „32 Jahre EU-Quote haben nicht dazu gedient, dass wir eine ordentliche Marktmenge bei der Milch hinbekommen haben“, sagte er. Hilfreich sei hingegen das erste Liquiditätshilfeprogramm der Bundesregierung gewesen, auch wenn dies „kein Allheilmittel“ sei. Vorstellbar sei für ihn, dass man durch Liefervereinbarungen Branchenquoten mit Zu- und Abschlägen erreicht. Gerig sah auch die Verbraucher in der Verantwortung. Sie könnten mit dem Griff zur richtigen Milchtüte jetzt schon den Milchbauern helfen.


Im Anschluss an die Debatte lehnte der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU- und SPD-Fraktion den gemeinsamen Antrag der Oppositionsfraktionen ab. Der Antrag der Grünen wurde zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.

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