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Corona-Folgen: DIW-Präsident Fratzscher erwartet harte Wirtschaftskrise

DIW-Präsident Fratzscher mahnte auf der DLG-Wintertagung, dass wir die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie unterschätzen. Es drohe ein weltweiter Wirtschaftseinbruch!

Lesezeit: 7 Minuten

Diese Meldung beinhaltet drei Zusammenfassungen:

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Nach dem Wandel von der realen Marktwirtschaft zur Sozialen Marktwirtschaft stehen wir heute an der Schwelle zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, wie DLG-Präsident Hubertus Paetow am Donnerstag bei der Eröffnung der virtuellen DLG-Wintertagung sagte. Damit verbunden ist ein notwendiger Umbau von Landwirtschaft und Nutztierhaltung, der bereits eingesetzt hat.

Diese Transformation fällt allerdings in eine schwierige Zeit, wie Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D., Präsident des DIW (Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung) Berlin in seinem Vortrag schilderte. Er erwartet auch noch in den nächsten Jahren gravierende Nachwirkungen der Corona-Pandemie. „Wenn die Transformation der Marktwirtschaft gelingen soll, benötigen wir privat und öffentlich massive Investitionen, auch in Forschung und Entwicklung. Da haben wir zu wenig gemacht in Deutschland“, mahnt der Fachmann.

Seiner Überzeugung nach sind die Herausforderungen nur global zu lösen, wir dürften nicht nur in nationalen Grenzen denken.

Prof. Fratzscher meint auch, dass wir insgesamt zu optimistisch seien, was die Folgen der Pandemie angeht. „Jeder Tag mehr in der Coronawelle lässt den Abschwung der Wirtschaft länger anhalten. Das Risiko ist groß, dass die Wirtschaft weltweit dieses Jahr einbrechen kann. Manche Szenarien gehen von bis zu 4 % aus“, warnte der Redner. Immerhin zeigten sich lokale Lieferketten erstaunlich resilient und robust, das sei eine Stärke und auch ein Erfolg der Agrarbranche. Das Problem liege vielmehr auf der Nachfrageseite, die Unternehmen würden sich überschulden und könnten nicht mehr investieren.

Die EU-Kommission sieht das übrigens völlig anders. Dank der Corona-Impfungen geht sie davon aus, dass die Wirtschaft ab April wieder wächst. Mehr hier beim Spiegel

Im Coronajahr 2020 sei der Welthandel aber noch relativ gut gelaufen, im zweiten Quartal habe der Einbruch 20 % betragen, vor allem Asien sei als Wachstumsmotor gut aus dem Jahr gekommen.

Aktuell bemerkt Fratzscher, dass Umwelt- und Klimaschutzthemen zwar wichtig bleiben, aber etwas in den Hintergrund rücken, je größer die Existenzängste werden.

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Paetow: "Druck von allen Seiten"

DLG-Präsident Hubertus Paetow stellte zuvor in seiner Begrüßung fest, dass die Corona-Pandemie viele Entwicklungen beschleunigt. Nun sei die gesellschaftliche Kritik am Agrarsystem – nach einer kurzen Pause - in unverminderter Intensität zurückgekehrt. Daher laute das Thema der DLG-Eröffnung „Druck von allen Seiten“.

Die Landwirten müssten diesem hohen Druck standhalten und in einen positiven Impuls verwandeln, forderte Paetow und sprach die Transformation im Sinne von Umbau und Weiterentwicklung an. „Eine Weiterentwicklung, die uns auf den Betrieben in Zukunft vieles an unternehmerischer Energie abverlangen wird. Dazu kommen die hoffentlich nur tagesaktuellen Herausforderungen wie die Schweinekrise durch ASP und Schlachthofstau und nun auch noch steigende Futterkosten, oder auch die sich abzeichnenden Einschränkungen im Pflanzenschutz.“

Grundlegende Transformation unausweichlich

Bei all diesem Druck würden sich viele Bauern die Frage stellen, wo da eigentlich noch die unternehmerische, marktwirtschaftliche Perspektive für Landwirte in Deutschland liegt. Laut der DLG führt kein Weg mehr an einer grundlegenden Transformation, hin zu einer nachhaltig, also ökologisch und ökonomisch tragfähigen und gesellschaftlich akzeptierten Landwirtschaft, vorbei.

„Für uns Unternehmer ist das nichts neues, Umbau und Transformation ist unser tägliches Brot. Neue Märkte, neue Preise, neue Technologien, neue Kunden, neue Gesetzeslagen... die Transformation ist unser Wegbegleiter. Damit eine Veränderung in einer Branche wie der Landwirtschaft wirklich grundlegend oder wie man heute sagt: “Disruptiv” wirkt, müssen sich auch die Regeln des Wirtschaftssystems, in das diese Branche eingebettet ist, grundlegend ändern“, so Paetow weiter.

Entwicklungen aktiv mitgestalten

Ähnlich wie im letzten Jahrhundert der Weg von der Markwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft verlief, vollziehe sich heute der Wandel von der sozialen Marktwirtschaft zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft. Und in diesem Geschehen müsse sich die Agrarbranche mit ihrem hohen und wichtigen Stellenwert behaupten, indem sie die Entwicklung aktiv mitgestaltet. „Indem wir Klima- und biodiversitätskonformes Verhalten in die wirtschaftlich-produktiven Abläufe unserer Unternehmen integrieren und die Nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft vorantreiben.“

Wichtig ist Paetow aber, dass der Umbau nicht mit einem neuen Staatsdirigismus funktioniere. In der Geschichte gebe es keine Beispiele erfolgreicher Planwirtschaft. Vielmehr sei doch die Erweiterung des marktwirtschaftlichen Systems um geeignete Nachhaltigkeitskomponenten die richtige Antwort. So dass hier die Kräfte des Marktes, die Kräfte von Angebot und Nachfrage, die Wirkung von Knappheiten die richtigen Incentives auslösen.

Der Präsident rief die DLG-Mitglieder auf, auf die grundlegenden gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Entwicklungen Einfluss zu nehmen. Es gelte, diese Entwicklungen zu analysieren und fachlich mitzugestalten, denn sie würden ganz wesentlich unsere Strategien in den Wertschöpfungsketten und auf den einzelnen Betrieben in Zukunft bestimmen.

„In Phasen einer wesentlichen Änderung der Rahmenbedingungen, wie auch immer diese aussehen mögen, ist der Unternehmer insbesondere als Stratege gefragt. Es genügt schon heute nicht mehr, sich nur mit Pflanzenernährung und Fütterung zu beschäftigen. Jeder landwirtschaftliche Unternehmer braucht einen Plan, eine Strategie, die zumindest in Grundzügen beschreibt, was bei den erwartbaren Szenarien zu tun ist“, so Paetow.

Nicht mehr ausschließlich auf Rentabilität schauen

In Zukunft genüge nicht mehr nur der Blick auf die Finanzierung, auf die Rentabilität und die vorhandenen Kapazitäten. In Zukunft gehört seiner Meinung nach auch die Einordnung der Aktivität in die langfristigen Trends immer dazu, nicht nur bei der Konsumentennachfrage, sondern auch auf den politisch gesteuerten Märkten zum Beispiel für Klimaschutzgüter oder ökologische Leistungen.

„Dabei werden wir auch über unsere Rolle als Landwirte in der Kette nachdenken müssen. Denn auch die Integration des eigenen Betriebes in ein übergeordnetes System kann eine Antwort auf die zukünftigen marktwirtschaftlichen Perspektiven sein. Eine gut funktionierende feste Lieferbeziehung, die vielleicht nicht immer den höchsten Preis und die maximale Freiheit in der Produktion bietet, in der aber dafür in Krisensituationen nicht jeder nur die eigene Position im Blick hat, kann für viele Bereiche eine Alternative sein“, sagte er weiter.

Vor allem gelte es, aus der engeren Zusammenarbeit auch noch einen Mehrwert für den Kunden zu erzeugen, zum Beispiel eine garantierte, transparente Prozessqualität wie im ökologischen Landbau oder bei regionalen Produkten, d.h. die Aufladung eigentlich austauschbarer Produkte mit den authentischen Eigenschaften einer Kulturlandschaft, mit der die Verbraucher etwas Positives verbindet.

Das sind die Aufgaben als Zukunftslandwirte

„Das alles heißt überhaupt nicht, dass der Landwirt der Zukunft kein Unternehmer mehr ist. Das heißt auch nicht, dass der Agrarsektor in Deutschland zu einer Subventionsbranche verkümmert, die gnädig vom Staat ausgehalten oder von Großkonzernen dominiert wird. Sondern es heißt, dass Landwirtschaft in Deutschland auch in Zukunft selbstbewusst durch große Leistung überzeugt und ihre herausragenden Möglichkeiten bei der Bewirtschaftung und Bewahrung von Kulturlandschaften und bei der Erzeugung einer Produktvielfalt auf international höchstem Qualitätsniveau auf ganz unterschiedlichen Märkten wahrnimmt.“

Die Zukunftslandwirte würden die klassischen unternehmerischen Tugenden mit dem strategischen Gespür dafür, wie die Entwicklung des Betriebes zu den veränderten marktwirtschaftlichen Mechanismen passt, verbinden. „Wir Zukunftslandwirte führen unsere Betriebe mit viel Leidenschaft, aber ohne uns an den falschen Stellen von Emotionen leiten zu lassen. Wir Zukunftslandwirte entwickeln im Austausch von Ideen, Konzepten und Argumenten die Impulse für den Fortschritt. Wir Zukunftslandwirte nehmen die gesellschaftlichen Trends auf als das was sie sind: als zusätzliche, als neue unternehmerische Herausforderungen – mit all ihren Chancen und Risiken. Wir verstehen diese Trends nicht als Angriff auf unser Tun oder auf unsere Person, sondern als Ansporn für eine Weiterentwicklung unserer respektierten und akzeptierten Landwirtschaft“, sagte Paetow abschließend.

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Prof. Feil: Strukturwandeltreiber kommen gebündelt

Prof. Dr. Jan-Henning Feil, Professor Agrarökonomie an der FH Südwestfalen, Soest, referierte im weiteren Verlauf der DLG-Wintertagung über den Umbauprozess. So habe es immer schon Treiber des Strukturwandels gegeben, immer musste sich die Agrarbranche anpassen. Neu sei allerdings, dass drei Treiber heute simultan zusammenkämen:

a) Klimawandel

b) Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren

c) Konsumgewohnheiten und Erwartungen

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