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Klimaziele 2030

Green Deal: Kohlenstoffbindung in Land- und Forstwirtschaft kommt auf den Prüfstand

Ebnen die verschärften Klimaziele bis 2030 Europas Landwirten neue Geschäftsmodelle? Davon zeigte sich Kommissionsvizepräsident Timmermans am Donnerstag in Brüssel überzeugt

Lesezeit: 6 Minuten

Mit der am Donnerstag von der EU-Kommission veröffentlichten Folgenabschätzung zu den verschärften CO2-Reduktionszielen von 55% bis zum Jahre 2030 kommen auf die Landwirtschaft offenbar keine weiteren Anforderungen zu, die über die bereits vorgelegte Farm to Fork Strategie hinausgehen. Dies bestätigte EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans am Donnerstag auf Anfrage unseres top agrar EU-Korrespondenten.

Wie von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union am Mittwoch angekündigt, sollen die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent sinken sollen. Das bisherige Ziel lag bei 40 Prozent.

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In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten der für die Farm to Fork und Biodiversitäts-Strategie zuständige Vizepräsident Frans Timmermans und die EU-Energiekommissarin Kadri Simson am Donnerstag die neuen Zielvorgaben vor. Sie beruhen auf einer umfassenden Folgenabschätzung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen.

Angesichts der anhaltenden Trockenheitsperioden in den letzten drei Jahren seien die Werte der Kohlenstoffsenken in den europäischen Wäldern zurückgegangen und müssten in der Fortschreibung der EU-Klimagesetzgebung für den Zeitraum bis 2030 in Einklang mit dem Green Deal fortgeschrieben werden.

"Die europäischen Wälder sind in einem schlechten Zustand und damit einher geht ein Rückgang des Prozentsatzes der Kohlenstoffsenken", sagte der 1. Stellvertreter von der Leyens in der Brüsseler Behörde vor der Presse.

Frans Timmermans: "Für die europäischen Landwirte ergeben sich mit Farm to Fork neue Geschäftsmodelle"

Im Oktober diesen Jahres werde dies bei der Bilanz der europaweiten Kohlenstoffbilanz berücksichtigt werden müssen. Mit der Anpflanzung von drei Milliarden neuen Bäumen solle dem Verlust der Kohlenstoffbindung in den europäischen Wäldern entgegengewirkt werden.

Frans Timmermans sieht im Rahmen der Farm to Fork-Strategie für die europäischen Landwirte die Chance von "neuen Geschäftsmodellen", um zum Ziel eines kohlenstoffneutralen Europas bis zur Jahrhundermitte aktiv beizutragen.

Die Trockenheit in den osteuropäischen Ländern wie Rumänien und die damit verbundenen Ernteausfälle machten den Handlungsbedarf offensichtlich, erklärte von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union.

"Die EU-Kommission wird jeden einzelnen Sektor auf sein Einsparungspotenziale hin überprüfen", kündigte Timmermans an. Im Juni kommenden Jahres werde die EU-Kommission angepasste Rechtsvorschriften für die Minderung von Treibhausgasemissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) vorlegen. Land- und Forstwirtschaft sollen entsprechend dazu beitragen, die im Zeitraum 2021-2030 anfallende Menge von CO2-Emissionen in gleicher Größenordnung in der Atmosphäre abzubauen.

Nach der im Mai 2018 erlassenen EU-Rechtsvorschrift muss jeder EU-Mitgliedstaat sicherstellen, dass die Treibhausgasemissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft ausgeglichen werden. Das Pariser Klimaschutz-Übereinkommen misst dem Landnutzungssektors für die Erreichung der langfristigen Klimaschutzziele eine entscheidende Rolle zu.

Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im Europäischen Parlament, Norbert Lins (CDU), sieht mit den Kommissionsplänen einen neuen Markt für Kohlenstoffbindung in der Land- und Fortwirtschaft aufziehen.

Norbert Lins: "Es ist positiv, dass den Landwirten neue Einkommenschancen geebnet werden"

„55% sind ambitioniert und nicht zu unterschätzen und meines Erachtens das Höchste der Gefühle für eine sozial- und industrieverträgliche Klimapolitik", erklärte Lins am Donnerstagnachmittag.

Es biete sich vor allem im Sektor Land- und Forstwirtschaft auch gewisse neue Marktmöglichkeiten und Chancen. "Die Speicherungskapazitäten der Land- und Forstwirtschaft werden ausschlaggebend sein für den Erfolg der Erhöhung. Ich bewerte es daher als positiv, dass die EU-Kommission damit den Weg für neue Einkommensmöglichkeiten für Landwirtinnen und Landwirte ebnet", so Lins.

Lins sieht mit dem Green Deal-Projekt die Chance, dass Klimaschutz, Ernährungs- und Einkommenssicherheit gleichzeitig gefördert werden und die Landwirtschaft fit für den Klimawandel gemacht werde. "Bei der Ausgestaltung muss allerdings auf marktbasierte Lösungen geachtet werden und kein Bürokratiemonster geschaffen werden" forderte Lins flexible Lösungen für die europäischen Landwirte und einen Verzicht auf überbordendes Brüsseler Ordnungsrecht.

Michael Bloss: "Wir brauchen 65% um die Pariser Klimaziele zu erreichen"

Der Grünen-Schattenberichterstatter für das Klimaschutzgesetz im federführenden Umweltausschuss des EU-Parlaments, Michael Bloss, wertet den Kommissionsvorschlag einer 55% CO2-Minderung bis 2030 als Zahlenspielerei.

„Der Schritt von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hin zu mehr CO2-Einsparungen geht in die richtige Richtung, es ist aber nicht genug für echten Klimaschutz. Wir brauchen 65 Prozent weniger Schadstoffausstoß, um das Pariser Klimaziel zu erreichen. Die Europäische Kommission darf das Klimaziel nicht mit Zahlenspielereien schönrechnen. Tricksereien bei der Berechnungsgrundlage schaden dem Klima und verspielen Vertrauen", so Bloss.

Ein höheres CO2-Ziel sei wirtschaftlich möglich und stelle ein Orientierungspunkt für Investitionen dar. Nur so könne Europa vor den enormen Folgekosten der Klimakrise bewahrt werden. Dazu bedürfe es jedoch konkreter Schritte für den Klimaschutz.

Nur mit einem Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 und dem Ziel von 100 Prozent Erneuerbaren Energien könne der Klimakollaps noch aufgehalten werden.

Kritik übte Bloss an den Berrechnungsgrundlagen der Brüsseler Behörde: "Die EU-Kommission hat für das 55%-Ziel die Berechnungsgrundlage geändert und geht nun von Netto-Emissionen aus. Das bedeutet, dass sie so genannte Negativ-Emissionen von der Berechnung abzieht, die zum Beispiel durch Aufforstung entstehen, die der Atmosphäre Kohlendioxid entzieht".

Die deutsche Ratspräsidentschaft müsse den zügigen Abschluss des Europäischen Klimagesetzes zur Priorität machen, forderte der Grünenabgeordnete.

WWF: "Kommission schafft ein Schlupfloch für geringere industrielle Ambition bei CO2-Minderung"

Auch der WWF-Vorstand für Naturschutz, Christoph Heinrich, sieht die Minderung der Kohlenstoffsenken aus Land- und Forstwirtschaft als unwillkommenen Rabatt für andere Industriesektoren: „Das vorgeschlagene Ziel der EU von 55 Prozent unter Einberechnung von CO2-Senken widerspricht der Dringlichkeit der Pariser Minderungsziele zur Eindämmung der Erderwärmung. Hier wird ein klares Schlupfloch geschaffen.“

Dadurch dass die EU-Kommission Emissionssenken aus dem Forst- und Landnutzungssektor in die Klimaverpflichtung einrechne, werde ein klares Schlupfloch geschaffen, dass die Ambition für die industriellen Emissionen schwächer ausfallen lasse. Bei dem alten Klimaziel von 40 Prozent habe die EU die Senkenleistungen aus Land- und Forstwirtschaft nicht mit eingerechnet. Generell entspreche es jedoch dem Geist des Pariser Abkommens, dass Emissionssenken aus dem Forst- und Landwirtschaftssektor in der Klimaverpflichtung ihren angemessenen Platz finden sollten.

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