Gerade jetzt in der Corona- und ASP-Krise sorgen die Lieferketten der Agrar- und Ernährungswirtschaft und damit auch die Genossenschaften für die Versorgung der Bevölkerung. Wie Unternehmen dauerhaft arbeitsfähig bleiben könnte, erfragte Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag beim Präsidium des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV).
Laut Klöckner zeigen die aktuellen Krisen, wie wichtig robuste und gleichzeitig flexible Herstellungs- und Lieferprozesse sind. "Die Landwirtschaft trägt maßgeblich dazu bei, dass wir die Pandemie bisher gut bewältigen: Dank der Branche war und ist die Lebensmittelversorgung jederzeit sichergestellt. Mein Ziel ist es, die Lieferketten im europäischen Binnenmarkt weiter zu stärken, um in einigen Bereichen noch unabhängiger zu werden von Drittlandsimporten. Es geht nicht um Abschottung. Ein regelbasierter internationaler Handel, ein effizienter Binnenmarkt und regionale Kreisläufe sind Seiten derselben Medaille."
Holzenkamp: „Klöckner ist geschickte Moderatorin“
Das Lob gab DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp zurück. Seiner Meinung nach habe sich Klöckner in den vergangenen Monaten als geschickte Moderatorin sowie engagierte und verlässliche Krisenmanagerin erwiesen.
"Wir sind sehr dankbar für die offene Kommunikation während der Krise und das grundsätzliche Verständnis, das Sie und Ihr Haus den Bedürfnissen unserer Branche entgegenbringen." Es seien jedoch weitere wichtige Schritte nötig, um den drohenden Verlust der Arbeitsfähigkeit von Unternehmen abzuwenden. Dies betreffe insbesondere die Fleischwirtschaft, den Einsatz von Saisonarbeitskräften und den Güterverkehr.
Mahnung: Unternehmen arbeitsfähig halten
Holzenkamp mahnte allerdings auch, dass im Bereich der Fleischwirtschaft durch die Corona-Schutzmaßnahmen seit Wochen ein dramatischer Kapazitätsengpass in den Schlachthöfen besteht. Eine halbe Million Tiere konnten bisher nicht geschlachtet werden. Wöchentlich kommen circa 80.000 Tiere hinzu. Der Personalmangel droht sich in Folge der Quarantänevorschriften für Reiserückkehrer zu den bevorstehenden Feiertagen im Dezember weiter zu verschärfen, erklärte er der CDU-Politikerin.
"Der Gesundheitsschutz steht an erster Stelle, wir benötigen jedoch praktikable Lösungen in Form von engmaschiger Testung verbunden mit Arbeitsquarantäne, um die Arbeitsfähigkeit zu erhalten", betonte Holzenkamp.
Die Muster-Quarantäneverordnung bedroht laut Holzenkamp auch die Rohstoffversorgung unter anderem mit Getreide, Futtermitteln, Dünger und Mineralöl. Sie würde binnen kürzester Zeit zum Erliegen kommen, wenn sich Schiffsbesatzungen regelmäßig in Quarantäne begeben müssten, obwohl für sie während einer Landesdurchfahrt keinerlei Infektionsrisiko besteht.
Sonderkulturbetriebe sorgen sich um Arbeiter
"Unsere Betriebe des Sonderkulturbereichs sorgen sich bereits heute um die kommende Saison", schaute der DRV-Präsident voraus. Auch im kommenden Jahr gelte es, Aussaat, Pflanzarbeiten, Pflege sowie Ernte zum jeweiligen notwendigen Zeitpunkt sicherzustellen. Gerade der Sonderkulturbereich ist im besonders großen Maße auf die Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften für den Ernteeinsatz angewiesen. Holzenkamp: "Die kurzfristigen Erleichterungen hinsichtlich Einreisevorschriften und Arbeitszeitregelungen - inklusive einer Ausweitung der 70-Tage-Regelung - sollten deshalb auch im Frühjahr 2021 Anwendung finden."