Die Frage bleibt umstritten, ist jetzt aber entschieden: Baden-Württemberg bekommt einen Nationalpark im Nordschwarzwald. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat der Landtag in Stuttgart vergangene Woche beschlossen.
Wie Landwirtschaftsminister Alexander Bonde erläuterte, ist das Naturschutzprojekt von bundesweiter Bedeutung und zugleich „eine große Chance für die ökonomische Weiterentwicklung der gesamten Region“. Der Nationalpark stelle einen wichtigen und ganz konkreten Beitrag des Landes Baden-Württemberg zum Erhalt der Arten- und Lebensraumvielfalt in Deutschland dar. Zusätzlich sei die Entscheidung ein wichtiger Schritt, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, dass sich bis 2020 insgesamt 10 % der Staatswaldfläche natürlich entwickeln könnten.
Erwartet werden von Bonde darüber hinaus „spürbare Impulse für die Tourismuswirtschaft der Region“ und die damit zusammenhängenden Wirtschaftszweige. Damit sämtliche Kreise und Gemeinden im künftigen Nationalpark in allen grundsätzlichen Fragen des Schutzgebietes mitentscheiden könnten, solle ein Nationalparkrat eingerichtet werden. Dieses Mitbestimmungsmodell sei deutschlandweit einmalig und setze die „intensive Zusammenarbeit mit der Region“ fort. Im Land und in der Region spreche sich eine klare Mehrheit der Menschen für den Nationalpark aus.
Genau an diesem Punkt setzt die Kritik der Opposition an. Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Peter Hauk, betonte, der Gesetzentwurf gehe an den Bedürfnissen und dem Willen der Bevölkerung vorbei. Dieselbe Auffassung vertraten Bürgerinitiativen, die während der Sitzung der Abgeordneten vor dem Landtag gegen das Projekt demonstrierten. Naturschutzverbände sagten dagegen „Danke“ für die Entscheidung.
Wert auf Null reduziert
Nach Überzeugung von Hauk hätte die Landesregierung spätestens nach den Ergebnissen der Bürgerbefragung, die im vorigen Mai unter der Bevölkerung in den künftigen Nationalparkgemeinden und -städten eine breite Ablehnung des Projekts gezeigt hat, einschwenken müssen. Spätestens dann „hätten Sie Ihren Kurs korrigieren müssen und gemeinsam mit den Menschen vor Ort, die nicht unwillig sind, das Konzept eines Nationalparks entwickeln müssen“. Das habe die Landesregierung jedoch nicht getan, sondern stattdessen mit dem eingebrachten Gesetzentwurf den Willen der Menschen ignoriert.
Zentraler Kritikpunkt von Bürgerinitiativen gegen das Projekt ist die Nichtnutzung der darin eingebundenen Waldbestände. Im Nordschwarzwald habe gerade die naturnahe Waldbewirtschaftung eine einzigartig schön gewachsene Kulturlandschaft mit ihrer regionaltypischen Artenvielfalt erhalten. Auf die Nutzung zu verzichten, berge außerdem wirtschaftliche Risiken. So werde durch die Ausweisung eines Nationalparks der Marktwert der betroffenen Flächen mit einem Schlag auf 0,00 € reduziert.
Dabei habe der aktuelle Holzvorrat in der Kernzone des Nationalparks einen Marktwert von insgesamt 200 Mio Euro. Die Nutzung der Bestände würde zudem dem Klimaschutz dienen und das Risiko einer zügellosen Ausbreitung des Borkenkäfers verhindern. (AgE)