Das Thema Direktzahlungen nach 2020 steht im Mittelpunkt des Treffens der EU-Landwirtschaftsminister am Montag in Brüssel. Die Aussprache unter den 28 Agrarministern über die Kommissionsmitteilung"Ernährung und Landwirtschaft der Zukunft" vom November 2017 bildet das Kernthema.
Des Weiteren soll über den EU-Eiweißplan, den die EU-Kommission bis Ende des Jahres erstellen will sowie über die Überarbeitung der Bioökonomie-Strategie gesprochen werden. Die EU-Kommission stellt ferner eine EU-Task Force für den Ländlichen Raum in Afrika vor. Polen und die Visegrad-Staaten drängen auf klare Perspektiven der künftigen EU-Kohäsionspolitik. Für die Bundesregierung nimmt erneut – vielleicht letztmalig in dieser Funktion - der amtierende Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt am EU-Agrarrat teil.
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Nach der allgemeinen Aussprache zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 und der anstehenden neuen Finanzperiode des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR 2020-2027) beim Januar-Agrarministerrat, wollen die EU-Landwirtschaftsminister diesmal von EU-Agrarkommissar Phil Hogan Klartext hören. Die Landwirtschaftsminister wollen sich nicht länger mit nebulösen und im Juristenjargon gedrechselten Ankündigungen – wie in der Kommissionsmitteilung vom November ausgebreitet – abspeisen lassen.
Die Angst vor einer Renationalisierung der GAP, die kursierenden Alternativkonzepte der künftigen Ausgestaltung der 1. und 2. Säule sowie die neue Verantwortlichkeit für die Erfüllung von übergeordneten Umweltzielen der Europäischen Union durch die EU-Mitgliedstaaten, bereiten den Landwirten Sorgen über ihre finanzielle Zukunft und weitere Unterstützungsmaßnahmen der EU von öffentlichen Aufgaben nach 2020.
Wie können die Direktzahlungen in Zukunft gezielt eingesetzt werden und gleichzeitig die gekoppelte Unterstützung für Umweltmaßnahmen erreicht werden? Wie sollen die EU-Umweltziele wie im Pariser Klimaabkommen festgeschrieben und die Globalen Entwicklungsziele 2030 in der EU auf einen Nenner gebracht werden? Welche Auswirkungen zeitigen eine verstärkte Subsidiarität auf Ebene der Mitgliedstaaten und die Erfüllung von sognannten EU-Strategieplänen konkret für die europäischen Landwirte? Auf all diese Fragen erwarten die EU-Landwirtschaftsminister klare Antworten von Hogan.
EU-Kommission konkretisiert Eiweißplan- und Bioökonomiestrategie
EU-Agrarkommissar Phil Hogan will den versammelten Landwirtschafts- und Forstministern Aufklärung über den Stand der Dinge des projektierten EU-Eiweißplanes und der anvisierten Überarbeitung der Bioökonomie-Strategie geben. Beide anstehenden Projekte sollen bis zur Sommerpause konkretisiert und möglichst vor Ende des Jahres unter Dach und Fach gebracht werden. Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben auf EU-Ebene haben nur eine Chance noch vor den Neuwahlen zum Europäischen Parlament (EP) im Mai 2019 verabschiedet zu werden, wenn sie den EU-Gesetzgebungskörperschaften EU-Ministerrat, EU-Kommission und Europäisches Parlament noch vor der Sommerpause zur Beratung und Beschlussfassung vorliegen.
Die Zeit drängt also. Vor allem die Vereidigung einer voll funktionsfähigen Bundesregierung in Berlin ist von erheblicher Bedeutung, um die beiden wichtigen Dossiers tatsächlich voranzubringen.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sind bei konkreten Entscheidungen zu konkreten Punkten derzeit die Hände gebunden. In die Zukunft weisende Beschlüsse in der EU-Landwirtschafts- und Umweltpolitik können nur von einer neuen Bundesregierung in Berlin auf den Weg gebracht werden.
Polen und die Visegradstaaten fordern Aufklärung über EU-Kohäsionspolitik nach 2020
Die Diskussion um den künftigen EU-Haushaltsplan nach 2020 und die von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger angekündigten Kürzungen der GAP 2020 rufen vor allem die Kohäsionsländer in der EU auf den Plan und hier insbesondere die Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei. Diese sogenannten Empfängerländer sorgen sich um die zukünftigen Mittelzuflüsse aus dem EU-Haushalt zugunsten von Infrastrukturaufgaben vor allem im Ländlichen Raum. Polen will unter „Punkt Verschiedenes“ von Hogan wissen, wo es künftig lang gehen soll.
EU-Agrarexporte zerstören Arbeitsplätze in Afrika
EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat überdies angekündigt, dass er den EU-Landwirtschaftsministern das Projekt einer „Task Force für die ländliche Entwicklung in Afrika“ unterbreiten will. Gingen Agrarexporte aus EU-Mitgliedsländern in den Zielregionen in Afrika oft zulasten von lokalen Märkten in Afrika, will die EU-Kommission künftig dazu beitragen, dass EU-Agrarexporte nicht die Beschäftigungssituation in Afrika negativ beeinflussen. Jeder Arbeitsplatz, der In Afrika aufgrund von fehlorientierten europäischen Exportgewinnen zerstört wird, trage zu Migrationswanderungen bei, gibt die EU-Kommission zu bedenken.
Darauf weisen die Grünen im Europäischen Parlament (EP) bereits seit geraumer Zeit hin. Die grüne EP-Abgeordnete und das Mitglied des EU-Afrikaausschusses, Maria Heubuch, legt seit langem die Finger in die Wunden deutscher fehlgeleiteter Agrarexporte: „Es darf nicht sein, dass agrarindustrielle Strukturen allein auf Export in Drittstaaten ausgerichtet sind und gleichzeitig Arbeitsplätze zum Beispiel in ländlichen Regionen in Afrika zerstören“. Vorrang müsse die Stützung von Beschäftigung in Afrika im ländlichen Raum haben, mahnt auch Kommissar Hogan, über die bisherigen Agrarexporte der EU neu nachzudenken.