Am Montag (1. April) tagte zum ersten Mal das von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ins Leben gerufene Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung. Am Dienstag (2. April) hat Thomas Schröder, Präsident des Tierschutzbundes, das Gremium schon wieder verlassen.
„Frau Klöckner hat besonders betont, dass dieses Gremium nur beratend tätig ist. Ziel soll sein, mehr Tierwohl und das verbunden mit gesellschaftlicher Akzeptanz, zu erreichen. Die Ministerin definiert aber keine konkreten Ziele oder Visionen. Das ist alles nebulös geblieben“, begründet Schröder gegenüber top agrar online seinen Ausstieg. Die Bundesregierung und die Bundesministerin habe noch nicht verstanden oder nicht verstehen wollen, wie dringlich der Handlungsbedarf sei.
„Es fehlt das Signal des Aufbruchs und der Innovation.“
Auch die Besetzung des Vorsitzes mit dem ehemaligen Bundesminister Jochen Borchert (78, Minister bis 1998) ist für den Präsidenten des Tierschutzbundes kein Signal des „Aufbruchs und der Innovation“. „Ein Vorvorvorvorgänger der jetzigen Bundesministerin soll mit einem in Pension gehenden Beamten, der als Pensionist die Stabsstelle betreut die zukünftige Agrarpolitik der Bundesregierung skizzieren“, so Schröder wörtlich. Böse Zungen könnten meinen, die Bundesministerin sei eher daran interessiert, den Status Quo zu erhalten, als voranzugehen, glaubt der oberste Tierschützer in Deutschland.
Der Präsident hat der Bundeslandwirtschaftsministerin geschrieben, dass auch kein anderer Vertreter des Deutschen Tierschutzbundes im Kompetenznetzwerk mitarbeiten werde. Für die Fach-Arbeitsgruppen stehe man aber bereit, wenn die Ergebnisse direkt an die Ministerin berichtet würden und konkrete Umsetzungsschritte erfolgten.
„Notwendig sind zeitnahe Lösungen“
„Deutschland braucht aus unserer Sicht jetzt und zeitnah eine nationale Nutztierstrategie, in der die Belange des Tierschutzes, des Umwelt - und Verbraucherschutzes, ebenso wie die Belange einer Planungssicherheit für Landwirte - besonders für die die, die umstellungsbereit sind und in die Zukunft investieren wollen – einfließen“, skizziert Schröder in seinem Schreiben an Klöckner den Handlungsbedarf. In den vergangenen Jahren seien bereits vielfältige Grundlagen erarbeitet worden, die als „Blaupause“ für konkrete Zielkorridore taugten und auf denen eine Strategie und begleitenden Maßnahmen ausgerichtet werden könnten.
„Jetzt braucht es politischen Willen und Tatendrang, etwas voranzubringen, aber keine neuen, grundsätzlichen Diskussionsrunden, die alles nochmals wiederholen, was bereits mit relevanten Stakeholdern und durch wissenschaftliche Ausarbeitungen ausführlich diskutiert und als Vorschläge auf dem Tisch liegt“, ist der Präsident des Tierschutzbundes überzeugt.
BMEL: Tür steht weiter offen
Der Tierschutzbund steige aber zu einem Zeitpunkt aus, an dem mit der inhaltlichen Arbeit noch gar nicht begonnen wurde, sagte ein Sprecher von Bundesministerin Julia Klöckner auf Anfrage mit. Mit der Nicht-Teilnahme beraube sich der Verband der Möglichkeit, bei der Umsetzung der Nutztierstrategie mitzusprechen, die Weiterentwicklung mitzugestalten und sie auch mit eigenen Vorschlägen in der Zukunft zu prägen. Das sei eine vertane Chance. Allerdings könne es eine Erfüllung von Hundert-Prozent-Forderungen innerhalb des Gremiums auch nicht geben. „Seitens des BMEL steht dem Tierschutzbund die Tür aber weiterhin offen – die nächste Sitzung des Kompetenznetzwerks findet im Juli statt“, so der Sprecher wörtlich.
Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung hat 30 Mitglieder
Vor dem Rücktritt von Tierschutzpräsident Schröder hatte Klöckner 30 Mitglieder in ihr Kompetenzneztwerk Nutztierhaltung berufen. Dazu gehören Vertreter der Länder (sechs Landwirtschaftsminister; u.a. aus Bayern, NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein), der Wissenschaft, der praktischen Landwirtschaft, der Bauern- und Wirtschaftsverbände sowie der Umwelt-, Verbraucher- und Tierschutzverbände einschließlich eines Vertreters der Tierärzte.
Das Kompetenznetzwerk soll Probleme der Nutztierhaltung analysieren, Ideen und Lösugnsvorschläge entwickeln und bewerten sowie das Ministerium beraten. „Die Nutztierstrategie des BMEL beschreibt den Masterplan zur nachhaltigen Weiterentwicklung und Umsteuerung des Sektors. Es gilt jetzt, diesen Plan zu konkretisieren, zeitnah umzusetzen und die Nutztierhaltung so aufzustellen, dass sie in der Mitte der Gesellschaft akzeptiert wird“, beschreibt Klöckner die Ziele Ihres Expertennetzwerks in der Einladung zur konstituierenden Sitzung.