Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Pute oder Hähnchen – wer macht das Rennen?

Lesezeit: 7 Minuten

Jahrelang sind sich Pute und Hähnchen kaum ins Gehege gekommen. Jetzt stagniert der Absatz von Geflügelfleisch. Droht ein Verdrängungskampf?


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Wer in den letzten zehn Jahren als Erzeuger in die Geflügelmast investierte, wurde zwar nicht reich. Er konnte aber relativ sicher sein, keinen Schiffbruch zu erleiden. Denn auf dem Geflügelmarkt sorgten die wenigen großen Schlachtereien dafür, dass ein durchschnittlicher Geflügelmäster ganz gut über die Runden kam. Doch mittlerweile wird der Wind immer rauer und die Margen enger. Zuletzt machten vor allem die hohen Futterkosten den Geflügelhaltern zu schaffen. Konnte ein durchschnittlicher Putenmäster 2009 noch Deckungsbeiträge von 46 € pro Quadratmeter erzielen, war es 2012 mit 20 € nicht mal mehr die Hälfte (siehe Übersicht 1). Das ist viel zu wenig: Um Fest- und Lohnkosten zu decken, braucht es mindestens 30 € pro Quadratmeter. Nicht alle Erzeuger haben diese Durststrecke überstanden. Laut Insidern sind in den vergangenen Jahren einige Ställe an Schlachtereien oder Futtermittelhersteller gegangen.


Im Hähnchenbereich ist die Situation zwar nicht ganz so düster. Aber auch hier konnten die weniger guten Mäster ihre Kosten zuletzt nicht mehr decken. Was ist los am Geflügelfleischmarkt?


Absatz stockt:

Über viele Jahre war Geflügelfleisch in Deutschland eigentlich ein Selbstläufer. Jedes Jahr stieg der Pro-Kopf-Verbrauch durchschnittlich um 300 g. Selbst die durch die Vogelgrippe verursachte Absatzkrise in 2006 wurde schnell überwunden. 2011 erreichte der Geflügelfleischverbrauch mit 19,1 kg seinen bisherigen Höhepunkt. Seitdem stockt der Absatz auf dem Heimatmarkt. Dabei muss man allerdings differenzieren:


  • Beim Hähnchenfleisch waren auch in den vergangenen Jahren noch leichte Zuwächse möglich (siehe Übersicht 2). Für das laufende Jahr rechnen die Statistiker beispielsweise mit einem leichten Verbrauchsanstieg auf 11,4 kg.
  • Bei der Pute läuft es hingegen schon länger nicht mehr rund. Schon 2004 erreichte der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland mit 6,5 kg seinen Höchststand. Dieser Wert wurde danach nie wieder erreicht.


Im laufenden Jahr rechnen Marktexperten nur noch mit 5,8 kg pro Bundesbürger. „Bei 6 kg pro Kopf und Jahr scheint eine Grenze erreicht zu sein“, beobachtet der Vieh- und Fleischexperte Dr. Albert Hortman-Scholten. Seine Erklärung: „Pute ist in der Küche nicht so flexibel einsetzbar wie Hähnchen.“ In der Diskussion sind aber auch Versäumnisse sowie Mängel in der Produktionstechnik und der Zucht. Kritiker bemängeln, dass die hochgezüchteten Tiere zu anfällig seien und zu häufig z. B. unter Brustblasen und Fußballenläsionen leiden würden, was dem Image des Fleisches schade.


Hähnchenfleisch ist mittlerweile deutlich beliebter als Putenfleisch, obwohl sich die Ladenpreise derzeit kaum unterscheiden. Offenbar kommt das festere und etwas faserige Putenfleisch beim Verbraucher nicht mehr so gut an. Das gilt auch EU-weit: Während der Verbrauch von Hähnchenfleisch immer noch leicht steigt, stagniert der Putenfleisch-Verbrauch.


Hähnchen im „Putenrevier“:

Die Pute hat Probleme, sich gegen Hähnchen zu behaupten. Früher waren die Vermarktungsschienen von Pute und Hähnchen sauber getrennt. Während Pute überwiegend in Teilstücken und frisch vermarktet wurde, gingen Hähnchen überwiegend als Ganzes und oft gefroren über die Ladentheke.


Das hat sich geändert. Die Hähnchen werden schwerer. Gewichte von über 2,5 kg je Tier sind züchterisch kein Problem mehr. „Das Hähnchenschnitzel wird auch immer größer!“, bringt es ein Mäster auf den Punkt. Die Folge: Heute wird nicht mal mehr jedes fünfte Hähnchen als Ganzes vermarktet. Sie werden zerlegt wie die Pute und überwiegend frisch verkauft.


Verdrängungswettbewerb:

Das setzt die Putenbranche unter Druck. Wegen des schleppenden Absatzes haben Brüterei, Erzeuger und Schlachter deshalb versucht, in einer konzertierten Aktion den Druck vom Kessel zu nehmen. Seit Anfang 2013 werden grundsätzlich 5 % weniger Puten in Deutschland aufgestallt. Funktioniert hat das allerdings nur zum Teil. Denn ein Blick in die Schlachtstatistik zeigt, dass die Putenschlachtungen nicht um 5 %, sondern lediglich um weniger als 2 % zurückgegangen sind. Höhere Schlachtgewichte führten sogar dazu, dass die Putenfleischmenge nur um lediglich 0,6 % unter den Vorjahreswerten liegt.


Das Problem: Viele Schlachtereien haben sich vermehrt im Ausland bedient und lebende Puten importiert. Insbesondere aus Polen und Frankreich sollen mehr Tiere zu uns gekommen sein. Insgesamt werden derzeit rund 7 bis 8 Mio. Puten aus dem Ausland lebend importiert.


Auch wenn die Aktion damit unterlaufen wurde, feiert die Branche sie als Erfolg. Das eigentliche Ziel, den Markt bzw. die Preise zu stützen, sei erreicht, heißt es. Der Putenpreis werde EU-weit gemacht und dort gebe es 2013 wohl deutlich weniger Putenfleisch. Vorläufigen Schätzungen zufolge rechnet die Branche mit knapp 5 % weniger Ware. Federn lassen musste insbesondere Frankreich. Europas größter Putenfleisch-Produzent liegt derzeit mit seinen Putenschlachtungen 9 % unter dem Vorjahresniveau. In einem schwierigem Umfeld hat sich die deutsche Putenbranche deshalb gut behauptet.


Putenmarkt entlastet:

Der Erzeugerpreis für Putenfleisch hat sich hierzulande auf jeden Fall auf relativ hohem Niveau stabilisiert. Mit durchschnittlich 1,44 € pro kg Lebendgewicht für den 18,5-kg­-Truthahn in 2013 wurde das hohe Niveau aus 2008 sogar übertroffen. Doch selbst mit diesen hohen Erlösen sind die Produktionskosten nicht immer gedeckt.


Das Problem sind die Futterkosten. Sie haben zwar in den letzten Monaten, wie überall, etwas nachgegeben, doch die große Entlastung blieb bisher aus. Geflügelfutter hat einen sehr hohen Eiweißgehalt und spiegelt deshalb relativ stark die Ölschrotpreise wider. Soja ist in den vergangenen Monaten kaum günstiger geworden. Puten- und Hähnchenmastfutter sind deshalb weiterhin recht teuer und belasten die Wirtschaftlichkeit der Geflügelmast (siehe Übersicht 3).


Und auch hier ist die Pute benachteiligt: Die Futterverwertung ist beim Broiler mit 1,6 bis 1,7 deutlich besser als bei der Pute. Truthennen und -hähne verwerten mit 1 : 2,6 das Futter kaum besser als Schweine.


Produktion stagniert.

Wie sich die Pute auf Dauer in dem Wettbewerb mit dem Hähnchen behaupten wird, muss sich zeigen. Fakt ist: Der Geflügelfleischmarkt stößt auch hierzulande an Grenzen.


Wegen der Absatzschwierigkeiten treten nun auch die Unternehmen auf die Bremse. Die deutsche Geflügelfleischproduktion stagniert seit drei Jahren bei rund 1,68 Mio. t. Auch hier muss man aber differenzieren: Die Putenschlachtungen sind seit 2010 rückläufig und erreichen im laufenden Jahr nur noch 460 000 t (s. Übersicht 4).


Bei den Hähnchen sieht die Lage besser aus. Zwar sind hier keine Wachstumsraten mehr von 5 bis 10 % drin, die in den Jahren 2006 bis 2011 üblich waren. Im laufenden Jahr sollen die deutschen Hähnchenschlachtungen aber immerhin wieder um 4 % wachsen.


Die Broiler-Branche steuert aber auf ein anderes Problem zu. Denn das jüngste Wachstum stützt sich allein auf den Export. Der Selbstversorgungsgrad lag 2012 bei Hühnern und Hähnchen schon bei rund 130 %. Das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als noch zwei Jahre zuvor.


Branchenkenner warnen vor einer zu hohen Abhängigkeit vom Export. Insbesondere der Drittlandexport sei keine stabile Größe und werde oft nur über den Preis erschlossen, heißt es. Bisher dreht sich das Rad allerdings noch ganz gut. Vermutlich auch, weil die Weltmarktpreise für Hähnchenfleisch relativ hoch sind.


Der Putenmarkt hat dieses Problem nicht, denn das Fleisch spielt auf dem Weltmarkt kaum eine Rolle. Es gibt nur wenige Anbieter und Nachfrager. Größter Produzent sind die USA, wo fast jede zweite Pute erzeugt wird. Danach kommt bereits die EU mit 32 % der weltweiten Putenerzeugung. Am Weltmarkt gehandelt wird eigentlich nur Hähnchenfleisch.


Ausblick:

Aktuell scheint sich die Lage am Geflügelfleischmarkt etwas zu entspannen. Die Direktkostenfreien Leistungen liegen dank der gesunkenen Futterkosten wieder auf erträglichem Niveau, sodass im Schnitt auch wieder Lohn- und Festkosten gedeckt sind. Das gilt für Hähnchenmäster genauso wie für Putenmäster.


Der interne Wettbewerb am Geflügelfleischmarkt dürfte sich aber trotzdem fortsetzen. Seit der Ernte stehen die Erzeugerpreise für Hähnchen beispielsweise unter Druck und haben um rund 5 % auf aktuell 0,93 € pro kg bei 2,1 kg Lebendgewicht nachgegeben. Die Putenerlöse dürften davon nicht unbeeindruckt bleiben. Andreas Beckhove

Die Redaktion empfiehlt

top + Schnupperabo: 3 Monate für 9,90 € testen

Alle wichtigen Infos zur Maissaussaat 2024 | Tagesaktuelle Nachrichten, Preis- & Marktdaten

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.