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Milchmarkt im Höhenflug: Jetzt Preise absichern?

Lesezeit: 6 Minuten

Die Preise gehen durch die Decke, die Kosten aber auch: Wie können Milchviehhalter mit den ungeahnten Höhen umgehen? Sind die aktuellen Preise kostendeckend? Und lohnt sich eine Absicherung?

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Johann Kalverkamp, Lingen und Guido Hofmann, Lfl Bayern

Egal wo man hinschaut, derzeit kennen Preise nur eine Richtung: aufwärts. In der Milchviehhaltung ist das nicht anders. An den Börsen wurden unlängst die 70 ct/kg Milch (4% Fett, 3,4% Eiweiß) erreicht. Grund dafür sind Preise für Butter über 7400 € und für Magermilchpulver von bald 4200 €/t. Die Auszahlungspreise der Molkereien halten mit diesen hohen Summen nicht ganz mit, aber können sich auch sehen lassen. Einige Molkereien bieten für die nächsten Monate Preisgarantien oberhalb von 50 ct/kg Milch an.

Auf der anderen Seite sind jedoch auch die Produktionskosten gewaltig gestiegen. Daher steht die Frage im Raum: Lohnt eine Preisabsicherung von 50 ct/kg oder sind in diesen Zeiten noch höhere Preise notwendig, um rentabel wirtschaften zu können? Um diese Frage beantworten zu können, lassen wir von den fiktiven Landwirten Huber aus Süddeutschland und Schröer aus Norddeutschland die Deckungsbeiträge ihrer Betriebe mit aktuellen Kosten und Preisen durchrechnen.

Beispiel: Norddeutschland

Landwirt Schröer führt einen Betrieb mit 150 Holstein-Friesian Kühen im Emsland. Seine Kühe bringen gute Leistungen mit 10000 kg pro Kuh und Jahr. Seine Molkerei bietet ihm für das kommende Jahr eine Preisgarantie über 50 ct/kg inkl. MwSt. Milch an. Zwar scheint ihm der Preis sehr gut, doch ist er sich nicht sicher, ob seine gestiegenen Kosten damit abgedeckt sind. Daher setzt er sich hin und geht seine Erlöse und Kosten durch, um seine Deckungsbeiträge bei dem gebotenen Milchpreis zu ermitteln (Übersicht 1). Bei 10000 kg pro Kuh, würde er 5000 € inkl. MwSt. pro Kuh einnehmen. Da die Schlachtpreise derzeit ebenfalls sehr hoch sind, käme er bei einer Remontierungsrate von 31% auf einen sehr guten Altkuhwert von 490 €. Hinzu kommt noch der Erlös des Kalbs mit 120 €, was zu einer Marktleistung von rund 5600 € pro Kuh und Jahr führt.

Auf der Kostenseite erwartet er enorm hohe Kraftfutterpreise für das kommende Jahr von 1500 € pro Kuh. Das liegt vor allem an den hohen Getreide- und Eiweißfutterpreisen. Auch Färsen sind nicht günstig zu bekommen und bei der bekannten Remontierungsrate von 31 % kostet ihn die Bestandsergänzung 600 € pro Kuh. Unter „Sonstiges“ fallen für Schröer Besamungskosten und der Tierarzt, Energie, Versicherungen, etc. Insgesamt belaufen sich seine variablen Kosten auf 2800 € pro Kuh. Somit liegt sein Deckungsbeitrag I bei 2810 €/Kuh bzw. 28,1 ct/kg Milch. Hinzu kommen dann noch die Kosten der Grundfutterproduktion mit 1/3 Gras- und 2/3 Maissilage. Durch die gestiegenen Dünger- und Dieselkosten liegt er hier bei 7,5 ct/kg, sein Deckungsbeitrag II liegt damit bei 20,6 ct/kg.

Schröers Erkenntnis

Mit den Leistungen auf seinem Betrieb steht Schröer im Vergleich zu einem 10-Jahresdurchschnittswert von Milchviehbetrieben, die er von seinem Berater bekommen hat, gut da. Der durchschnittliche Deckungsbeitrag II liegt hier bei 15 ct/kg. Er läge, wenn er das Angebot der Molkerei von 50 ct/kg Milch annimmt, gut 5 ct über dem langjährigen Durchschnitt. Allerdings nur, wenn die Kosten gleich bleiben.

Zwar werden die derzeit hohen Kosten bisher von den ebenfalls üppigen Erträgen sehr gut abgefangen. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass die Kosten weiter steigen werden. Daher entschließt er sich, das Angebot der Molkerei anzunehmen und einen Teil seiner Milchmenge preislich zu fixieren und gleichzeitig versucht er Futterkontrakte abzuschließen.

Beispiel Süddeutschland

In Bayern hält Landwirt Huber eine 70 Tiere starke Fleckviehherde. Er hat ein ähnliches Angebot von seiner Molkerei vorliegen wie Schröer, wirtschaftet jedoch unter anderen Bedingungen. So geben seine Tiere jeweils 8000 Liter pro Jahr (Übersicht 2). Dafür kann er seine Altkühe teurer vermarkten, sodass er auf einen Altkuhwert von 575 € pro Kuh kommt bei einer Remontierungsrate von gut 30%. Damit liegt er höher als Schröer aus dem Norden. Auch die Kälber sind mit 578 € ebenfalls deutlich wertvoller in der Vermarktung. Seine Marktleistung entspricht insgesamt 5153 € pro Kuh.

Auf der einen Seite hat er zwar höhere Kosten bei der Bestandsergänzung, weil der Preis von Jungtieren bei Fleckvieh ebenfalls höher ist, aber auf seinen Betrieb hat er keine zusätzlichen Kosten beim Saftfutter und benötigt auch wegen der geringeren Milchleistung weniger Kraftfutter (1065 € pro Kuh). Mit den sonstigen Kosten, liegt er gleichauf mit Schröer. Er kommt daher auf variable Kosten von insgesamt bei 2409 € pro Kuh und einen Deckungsbeitrag I von rund 34 ct/kg Milch. Die Grundfutterkosten liegen auch bei Huber bei 7,5 ct/kg, somit liegt sein Deckungsbeitrag II bei 26,8 ct/kg beziehungsweise 2143 € pro Kuh.

Zwar hat er geringere Leistungen, aber auf der Kostenseite liegt er ebenfalls unter Schröers Werten, wodurch das Angebot einer langfristigen Milchpreisgarantie von 50 ct/kg für ihn genauso attraktiv ist. Auch er läge mit dem ihm angebotenen Preis von 50 ct/kg Milch und seinen derzeitigen Produktionskosten über dem langjährigen Durchschnitts von 22 ct/kg, was den Deckungsbeitrag II von vergleichbaren Fleckviehherden angeht.

Risiken Minimieren, Flexibilität wahren

Sowohl Schröer als auch Huber werden mit Blick auf ihre Deckungsbeiträge die Angebote ihrer Molkereien annehmen. Zudem ist es sinnvoll, dass beide auch die Kostenseite im Blick behalten. So kann zum Beispiel ein Kontrakt für Kraftfutter helfen, um auch die Kostenseite langfristig abzusichern. Bei der derzeitigen Marktsituation kann es jedoch schwierig sein, Händler zu finden, die sich darauf einlassen. Eine weitere Lehre aus ihren Berechnungen ist, dass sie jetzt nicht am falschen Ende sparen sollten. Die Milchproduktion ist derzeit überaus rentabel. Daher sollte bei beiden oberste Priorität sein, ihre Kühe optimal zu versorgen, damit sie auch weiterhin gute Leistungen bringen können. Beide sind sich darüber im Klaren, dass eine Preisabsicherung immer nur Teil einer langfristigen Strategie sein kann.

Es kann durchaus passieren, dass die Auszahlungspreise der Molkereien noch weiter steigen und ihnen höhere Gewinne entgehen. Wenn die Märkte aber abkühlen, sind sie auf der sicheren Seite. Eine alte Regel besagt: Wer vorne anfängt, den Preis abzusichern, sollte die Absicherung bis zum nächsten Preistief durchziehen. Dazu gehört eine eindeutig abgestimmte Strategie. Eine Möglichkeit könnte sein, maximal 40% preislich zu fixieren und dies mit Futterkontrakten, sofern möglich, zu ergänzen.

Für einen Überblick haben wir die Betriebe Schröer und Huber exemplarische ausgewählt, damit man mit ihnen ein aktuelles Marktszenario durchspielen kann, das sowohl für Norddeutschland als auch Süddeutschland realistisch sein könnten. Dabei sollten Sie immer beachten, dass die hier angenommenen Werte von Betrieb zu Betrieb erheblich schwanken können. Daher ist vor solchen Entscheidungen, wie einer langfristigen Milchpreisabsicherung, immer eine betriebsindividuelle Betrachtung anzuraten. Nur auf dieser Basis kann man Entscheidungen fällen, nicht mit Durchschnittswerten.

Ihr Kontakt zur Redaktion:frederic.storkamp@topagrar.com

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