Zartes, saftiges Kalbfleisch von weißer Farbe gilt als Delikatesse. Um dies zu erreichen, bekommen Kälber in der „Weißmast“ überwiegend Milchaustauscher ohne Eisen, auch in einem Alter, in dem sie eigentlich Raufutter benötigten.
Wie die NDR-Doku „45-Min“ unter dem Titel „Die dunkle Seite von weißem Kalbfleisch“ berichtet, sei die Milch-Mast zwar erlaubt, gelte aber unter vielen Experten als nicht artgerecht. "Ich bin der Meinung, dass eine tier- oder kälbergerechte Ernährung Eisen enthalten muss“, erklärt die Schweizer Tierärztin Corinne Bähler dem Sender. Wie gut es geschlachteten Kälbern zu Lebzeiten ging, könne sie an den Mägen erkennen.
Für das Magazin seziert Bähler daraufhin 30 Kälbermägen. Die Geschwüre, die sie findet, deuten ihrer Ansicht nach auf „eine Qual für die Tiere“ hin. "Das brennt immer, wenn der Mageninhalt über die Geschwüre läuft", erklärt sie. Solche Geschwüre entstehen durch Stressfaktoren wie die frühe Trennung von der Mutter, aber auch durch Platzmangel, Langeweile, und Eisenmangel sowie zu viel gefütterte Milch.
Die Tierärztin berichtet von Untersuchungen in Italien, nach denen dort 90 % der Kälber solche Geschwüre aufweisen würden. In der Schweiz seien es mittlerweile nur noch zehn bis 20 %. Aber dort scheine es auch einen neuen Trend zu geben. Die reichen Schweizer sind anscheinend bereit, mehr für Kalbfleisch aus artgerechter Haltung zu bezahlen.
Keine Zahlen, keine Studien in Deutschland
In Deutschland gibt es zu Magenschwüren bei Mastkälbern keine Studien. Aber eine aktuelle Untersuchung aus Österreich geht davon aus, dass im Schnitt 80 % der Kälber in der EU-Weißmast solche Geschwüre haben und darunter leiden. Eine der Empfehlungen dieser Studie: eine andere Art der Fütterung, nämlich mit mineralien- und damit eisenhaltigem Futter.
Wie es in den Mägen von Milch-Mastkälbern aussieht, weiß in Deutschland kaum jemand, so das NDR-Magazin weiter. Laut den von 45 Min angefragten Veterinärämtern würden die Mägen in Schlachthöfen nur in ganz seltenen Fällen aufgeschnitten. In den vergangenen Jahrzehnten habe hierzulande niemand die Mägen von Kälbern auf Geschwüre hin untersucht.
Das bestätigen laut 45 Min auch die Fleischkonzerne, die ein Jahr nach einer entsprechenden Anfrage schriftlich antworteten, dass die Tiere ausreichend Eisen bekämen. Die Unternehmen würden sich außerdem darauf berufen, dass sich die ganze Milchmast innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewege.
top agrar meint:
Der Beitrag unterstellt, dass es auch in Deutschland Probleme mit Magengeschwüren bei Mastkälbern gibt, ohne dass es dafür Anhaltspunkte und Hinweise, geschweige denn Untersuchungen gibt. Die Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch garantiert, dass auf ihren Mastbetrieben eine Raufuttermischung verfüttert wird, die sich aus Kraftfutter, Getreide und Stroh zusammensetzt. Wasser steht den Kälbern jederzeit zur Verfügung. Wer unterstellt, dass die Verhältnisse in Italien auf Deutschland übertragbar sind, muss auch die Haltungs- und Fütterungsbedingungen vergleichen.