In Zeiten stark schwankender Preise können es sich Ackerbauern, Getreidehändler und Verarbeiter nicht mehr leisten, Geschäfte auf spekulativer Grundlage abzuwickeln. Darüber herrschte Einigkeit bei einer Podiumsdiskussion auf dem diesjährigen Getreidehandelstag, in deren Mittelpunkt vergangene Woche auf Burg Warberg der Getreidemarkt vor der neuen Ernte stand. Um sein Unternehmen nicht in eine finanzielle Schieflage zu bringen, müssten Geschäfte künftig unverzüglich durch ein passendes Gegengeschäft abgesichert werden, erklärte Konrad Weiterer von der Landhandel Weiterer GmbH. "Ziel ist eine verlässliche Kalkulationsbasis sowie die Minimierung von Spekulationsrisiken", so Weiterer.
Nach der Beobachtung von Thomas Jäger von der Werhahn Mühlen GmbH und Co. KG hat sich die Wahrnehmung von Preisen in der Landwirtschaft durch die Hausse 2007/08 verändert. "Wer für sein Getreide vor einem Jahr über 200 Euro/t bekommen hat, findet 100 Euro/t nicht mehr angemessen", erläuterte Jäger. Bei den aktuell vergleichsweise niedrigen Preisen tendiere die Abgabebereitschaft der Ackerbauern gegen Null. Aus heutiger Sicht hält Jäger einen größeren Preisanstieg für nicht gerechtfertigt. "Wir haben eine Rekordernte hinter uns und die zweitgrößte Ernte aller Zeiten vor uns, was wenig Raum für steigende Preise lässt", argumentierte der Einkäufer. Argumente für einen steigenden Weizenpreis liefere eher das Umfeld, denn bei Mais und Raps sei die Versorgungslage mittlerweile stark angespannt.
Der Getreidehändler Hans-Ulrich Schumacher aus Hamburg verwies auf die aus seiner Sicht "geschönte" Ernte- und Bilanzschätzung aus dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium. Bisher rechne man in Washington für 2009/10 mit einem globalen Weizenaufkommen von 656 Mio t. Nach den Wetterkapriolen in Argentinien, Kanada und der Ukraine liege die Wahrheit aber 10 Mio. t darunter, rechnete Schumacher vor, der früher Weizenhändler beim Handelshaus Toepfer International war. Aber selbst dann sei die Versorgungssituation beim wichtigsten Nahrungsgetreide komfortabel, weshalb die Luft nach oben bei den Weizennotierungen gering sei.