"Die Almen und die Berglandwirtschaft sind durch die enorme Zunahme des Wolfsbestandes und der dadurch bedingten Nutztierverluste existenziell bedroht", so die Botschaft der Almwirtschaftsvertreter an den Umweltkommissar. "Herdenschutz ist aufgrund des meist steilen Geländes, der schwierigen Topografie, der Kleinstrukturiertheit (kleine Herden, viele Auftreiber) weder technisch umsetzbar, noch finanzierbar." Diese Argumente wurden anhand von Bildern und Grafiken untermauert. "Es braucht Lösungen auf EU-Ebene wie die Herabsetzung des Schutzstatus und mehr nationalen Spielraum", so die Forderung der Obmänner.
Kommissar zeigt Verständnis, aber...
Nachdem die Zuständigkeit für dieses Thema auf EU-Ebene im Wesentlichen beim Umweltkommissar liegt, konnten die Forderungen durch diesen Termin an die höchstmögliche Instanz gerichtet werden. Laut den Almwirtschaftsvertretern zeigte der Kommissar beim Gespräch durchaus Verständnis für die geschilderten Sorgen der Almbewirtschafter. Es sei nicht in seinem Sinn, dass wegen des Wolfes die Bewirtschaftung von Höfen aufgegeben werde, erklärte der Kommissar. Für ihn sei jedoch Herdenschutz in unterschiedlichen Formen ein Lösungsansatz, um weiter Alm- und Berglandwirtschaft in Wolfsgebieten betreiben zu können, und er verwies dabei auch auf "scheinbar" erfolgreiche Projekte.
Von Seiten der Almvertreter wurde darauf jedoch entgegnet, dass diese Projekte nicht repräsentativ seien. "Die durchschnittlich in der Praxis viel kleineren Herden, oft von mehreren unterschiedlichen Auftreibern, die fehlenden Arbeitskräfte und die immens hohen Kosten machen eine breite Umsetzung unmöglich."
Der Kommissar wies darauf hin, dass es durchaus Möglichkeiten gäbe, in den Ländern Ausnahmen zur Anwendung zu bringen - insbesondere, wenn Gefahr in Verzug ist und Wölfe in Siedlungsgebieten eindringen. Diese Aussage wird von den Agrarvertretern so interpretiert, dass zumindest in Siedlungsnähe auch Entnahmen möglich seien.
Gespräche bei Aufenthalt in Österreich zugesagt
Positiv werten die Agrarvertreter, dass der Kommissar für weitere Gespräche mit der Almwirtschaft offen ist. Die nächste Möglichkeit könnte sich bereits bei einem Besuch in Österreich im heurigen Sommer ergeben. Angestrebt wird, dass mit Sinkevičius dabei die Wolfsproblematik in der Praxis auf einer Hochalm weiter diskutiert wird. Nur so könne er sich tatsächlich ein Bild von den Gegebenheiten machen und eventuell erkennen, dass unter diesen Rahmenbedingungen Herdenschutz keine Option sei, so die Obmänner.
"Auch wenn der Weg zu praktikablen Lösungen des Problems auf europäischer Ebene wohl noch etwas andauern wird, so sind gerade solche Termine wichtige Schritte in die richtige Richtung", sind die Obmänner und Vorsitzenden der Alm- und Bergbäuerlichen Interessenvertretung im Alpenraum überzeugt. Wesentlich sei dabei auch, dass man in dieser für die Alm/Alpwirtschaft existenziellen Frage länderübergreifend auftrete. Die weitere Vernetzung der europäischen Alm-/Alp- und Berglandwirtschaft könnte hierbei einer der Schlüssel zu Lösungen sein, so der gemeinsame Tenor.
Neben dem Obmann der Almwirtschaft Österreich, Erich Schwärzler, waren auch der Landesobmann des Südtiroler Bauernbundes, Leo Tiefenthaler, der Vorsitzende des Alpenwirtschaftlichen Vereins im Allgäu, Franz Josef Hage, der Vorsitzende des almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, Josef Glatz, sowie die Obmänner aus Tirol und Kärnten Josef Lanzinger und Josef Obweger in Straßburg vor Ort.