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Ernte 2022: Kein Ärger mehr mit Ruhestörungen in der Landwirtschaft

Ob Dreschen in der Nacht oder Melken in Dorflage: Ganz ohne Geräusche geht es in der Landwirtschaft nicht. Was zulässig ist, weiß Rechtsanwalt Rainer Friemel. Sechs Tipps zum Reizthema Ruhestörung.

Lesezeit: 5 Minuten

Dass lässt auch den Abgeklärtesten nicht kalt: Es ist Sonntag, die Ernte läuft auf Hochtouren, für den nächsten Tag ist schlechtes Wetter angesagt – und dann stoppt die Polizei den Mähdrescher. Alarmiert von den „lieben“ Nachbarn, die auf der Terrasse Ruhe haben wollen. Erst nach 40 Minuten ärgerlicher Zwangspause stellen die Ordnungshüter per telefonischer Rückfrage fest, dass es gesetzliche Ausnahmeregelungen gibt und die Nachbarn den Einsatz dulden müssen. Aber Hand aufs Herz: Wissen Sie genau, was in Sachen Lärm wann erlaubt ist? Eine wichtige Frage, denn Ausnahmeregelungen gibt es nicht immer, im Extremfall drohen Strafen in Höhe von mehreren Tausend Euro. Hier sechs heiße Tipps zum Reizthema Ruhestörung.

1. Dreschen, Drillen, Hächseln: was gilt in der Nacht?

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Wenn Sie nachts in Häusernähe dreschen, häckseln oder drillen müssen, sollten Sie wissen: Von 22 bis 6 Uhr morgens ist es prinzipiell kritisch. Denn dann herrscht Nachtruhe nach dem Immissionsschutzgesetz, es gelten die strengeren Nachtgrenzwerte der TA Lärm (s. Übersicht). Allerdings verkürzen einige Bundesländer die Nachtruhe für unaufschiebbare landwirtschaftliche Arbeiten auf 23.00 bis 5.00 Uhr. Teilweise gibt es auch Ausnahmegenehmigungen oder – wie in Rheinland-Pfalz – gar keine Nachtruheeinschränkungen für dringende landwirtschaftliche Arbeiten.

Zusätzliche Rückendeckung für gelegentliche Lärmspitzen in der Ernte geben auch zwei Gerichtsurteile: Der Erntebetrieb kann an bis zu 10 Werktagen im Jahr bei der schalltechnischen Begutachtung als seltenes Ereignis gelten, entschied das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Az.: 1 MN 142/04). Dann sind höhere Lärmwerte von nachts 55 dB(A) und tagsüber 70 dB(A) zulässig. Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hielt saisonalen Erntelärm im Dorfgebiet an weniger als 10 Tagen im Jahr für zumutbar (Az.: 10 S 2317/99).

2. Sonntags nur im Notfall

Zusätzlich zu den Zeitgrenzen nach TA Lärm ist die Ruhe an Sonn- und Feiertagen gesetzlich geschützt. Unaufschiebbare landwirtschaftliche Arbeiten sind in den Feiertagsgesetzen der Bundesländer trotzdem erlaubt. Allerdings ist das kein genereller Freibrief! Als Landwirt sind Sie z. B. verpflichtet, Ackerarbeiten zunächst an Werktagen einzuplanen, wozu auch der Samstag gehört. So laut wie an den Werktagen darf es sonntags nur im Ausnahmefall werden, wenn z. B. ein Wetterumschwung mit teuren Folgen für den Betrieb droht. Die Besonderheit bei den Sonn- und Feiertagsgesetzen ist: Der Nachbar kann die Ruhestörung zwar beim Ordnungsamt anzeigen – ein Anspruch darauf, dass dieses tätig wird, besteht aber nicht.

3. Ernteverkehr im Dorf: Aus Lärmsicht kein Problem

Wenn in der Maisernte die Ladewagen durchs Dorf fahren oder der Rübenabtransport läuft, ist aus „Lärmsicht“ daran nichts zu beanstanden: Einzelne, kurzfristige Geräuschspitzen dürfen die Grenzwerte der TA Lärm auch übersteigen.

4. Lärm auf der Hofstelle: Problematisch zwischen 22.oo und 6.00 Uhr

Für Hofgeräusche gilt im Prinzip das Gleiche wie beim Ackern. Von 22.00 bis 6.00 Uhr herrscht Nachtruhe mit strengeren Lärmwerten. Gelegentlichen Lärm auf der Hofstelle, etwa die an einigen Tagen nachts durchlaufende Trocknung, müssen Nachbarn erdulden. Anders sieht es dagegen aus, wenn z. B in Dorflage regelmäßig morgens um fünf Uhr der Futtermischwagen über den Hof knattert. Werden dadurch die Höchstwerte am Fenster des Nachbarn überschritten, müssen Sie die Arbeit umorganisieren oder Schallschutzmaßnahmen einbauen.

5. Wenn die Polizei kommt: Zeigen Sie sich informiert!

Wie können Sie reagieren, wenn die Polizei wegen Lärmbeschwerden auf dem Acker oder dem Hof auftaucht? Ein in der Praxis bewährter Tipp ist, selbst informiert zu sein: Halten Sie die entsprechenden gesetzlichen Regelungen als Kopie im Schlepper oder Büro bereit. Dabei handelt es sich um das Landesimmissionsschutzgesetz und/oder die Feier- und Sonntagsgesetze des jeweiligen Bundeslandes. Fragen Sie aber auch bei Ihrer Gemeinde nach: Besonders für den Betrieb von Schreckschussapparaten zum Vögelvertreiben, Beregnungspumpen usw. gibt es vielfach eigene Vorschriften. Diese lassen oft nicht viel zu – lassen sich aber auf dem Klageweg vor dem Verwaltungsgericht überprüfen.

6. Ärger vorbeugen und Nachbarn informieren!

Obwohl das Recht in puncto Lärmimmissionen oft auf Seiten der Landwirte ist, sollten Sie sich um ein offenes Verhältnis mit den nichtlandwirtschaftlichen Nachbarn bemühen. So mancher akzeptiert den Lärm viel eher, wenn er weiß, worum es geht – oder sogar ein Erntebier spendiert bekommt! Außerdem sollten Sie in Häusernähe wirklich nur notfalls nachts bzw. an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Gibt es nachhaltig Beschwerden, steht ein Lärmgutachten an. Die Kosten trägt jedoch nur dann der Landwirt, wenn die Grenzwerte überschritten werden. Denn bisweilen sind die Geräusche gar nicht so laut, wie die Nachbarn denken. Falls doch, müssen Sie den Lärm abstellen: Notfalls durch Umbauten und Schallschutzmaßnahmen sowie Zeitbeschränkungen.

„Laut“ – was heißt das? Sie ist in puncto Ruhestörung bundesweit das Maß aller Dinge: die Technische Anleitung (TA) Lärm. Werden ihre Grenzwerte permanent überschritten, ist von einer Störung auszugehen. Wer im Wohngebiet lebt, muss dabei weniger Lärm akzeptieren als Bewohner von Dorf- oder Industriegebieten (siehe Übersicht). Erlaubt sind dabei einzelne kurzfristige Geräuschspitzen mit 30 dB (A) mehr am Tag und 20 dB (A) mehr in der Nacht. Gemessen wird die Lärmbelastung 50 cm vor dem Fenster desjenigen, der sich belästigt fühlt. Zur Einordnung der Lautstärke: Ein Mähdrescher im Einsatz bringt es auf 90 bis 100 dB (A) in 1 Meter Entfernung, in 200 m sind es immer noch rund 50 dB (A).

Unser Autor: Rainer Friemel, Rheinischer Landwirtschaftsverband, Bonn

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