Die EU-Kommission hat bei der Vorstellung ihrer Methangas-Strategie am Mittwoch in Brüssel angekündigt, im Rahmen des Green Deals eine genaue Erfassung von Methangas-Emissionen aus der Landwirtschaft vornehmen zu wollen.
“Um zum ersten klimaneutralen Kontinent in der Welt aufzusteigen, müssen wir alle Treibhausgas-Emissionen deutlich reduzieren”, sagte der 1. EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch bei der Vorstellung der Methangas-Strategie. Insbesondere soll die europäische Landwirtschaft, die für mehr als die Hälfte des Methangas Ausstoßes angesehen wird, zur Erreichnung der europäischen Klimaziele herangezogen werden.
Methangase, wie sie in der Tierhaltung, der Landnutzung, in Mooren und bei Landdeponien entstehen, ziehen das besondere Augenmerk der Brüsseler Behörde auf sich.
Methangas aus Viehzucht und Abfallquellen verantwortlich für große Klimaauswirkungen
Die EU ist weltweit für 5% der Methanemissionen verantwortlich. Diese sind seit 1990 bis heute bereits um 22% zurückgegangen. Trotzdem bleiben die Methanemissionen weiterhin ein klimarelevantes Gas, welches große Auswirkungen auf die Erderwärmung hat. Die Sektoren Landwirtschaft, Energie und Abfall sind hierbei ausschlaggebend, so die EU-Kommission.
Die Methangase in den Griff zu bekommen sei für die Erreichung der Klimaziele 2030 und das 2050 Ziel einer klimaneutralen WIrtschaft daher von entscheidender Bedeutung unterstrich Frans Timmermans vor der Presse.
“Unsere Methan-Strategie zielt darauf ab, Emissionen in allen Sektoren zu beschneiden, insbesondere in der Landwirtschaft, der Energiegewinnung sowie bei der Behandlung von Abfällen. Die einzigartig in der EU entwickelten Satelliten-Oberservations-Technologien versetzen uns in die Lage, Methangas-Emissionen in Echtzeit zu erfassen und damit die Grundlage für internationale Standards zu schaffen”, sagte der erste Stellvertreter von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Norbert Lins: "Landwirtschaft spielt eine große Rolle bei Methangas-Reduzierung"
Der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europäischen Parlament (EP), Norbert Lins, äußerte sich positiv zur neuen EU-Methanstrategie:
„Klar ist, dass Methan reduziert werden muss und dass die Landwirtschaft hier eine große Rolle spielen wird. Ich begrüße, dass die Kommission zuerst auf richtiges Monitoring und harmonisierte Methoden setzt, bevor ein Rechtsrahmen geschaffen wird. Eine einheitliche und übersichtliche Datenlage über die Methanemissionen in Europa ist das A und O für maßgeschneiderte Regeln. Die Kommission zeigt mit der heute vorgestellten Methanstrategie, dass wissenschaftsbasierte und vernünftige Politik möglich ist. Ich stimme der Kommission zu, dass wir nun verstärkt Forschung in neue Fütterungstechniken, neue Stalltechnologien und innovative Zusammenarbeit auf Farmebene stecken müssen".
Nicht einseitig über Reduktion von Viehbestand sprechen
Der CDU-Europaabgeordnete unterstützt daher den Ansatz der Brüsseler Behörde, zunächst im Rahmen des EU-Forschungsprogramms “Horizon Europe” Forschungsanstrengungen zu verstärken. “Es ist viel besser und effizienter Reduzierungsstrategien zu fördern, als nur einseitig über die Reduktion von Viehbestand zu sprechen. Ich lade alle Akteure aus Landwirtschaft und Wissenschaft dazu ein, sich aktiv an der Erarbeitung neuer Technologien und Konzepte für die Reduktion zu beteiligen”, so Lins. Nur so könne ein ganzheitlicher Rechtsrahmen erarbeitet werden.
Jutta Paulus: "Wir vermissen ein Verbot von Anbaubiomasse in Biogasanlagen"
Kritisch hingegen sehen die Grünen im EU-Parlament die Kommissionsvorschläge: „Die Europäische Kommission kratzt nur an der Oberfläche und beschränkt sich auf Statistik und Kleinigkeiten wie die Pflicht, Methanlecks zu stopfen. Emissionen zählen hilft nicht weiter, wenn das Gebot der Stunde Verringerung ist. Mit dieser Methanstrategie wird die EU-Kommission ihr selbst gestecktes Klimaziel von 55 Prozent weniger Emissionen und Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verfehlen", sagte die grüne Europaabgeordnete Jutta Paulus, Mitglied im Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Überwachen und Prüfen reichten nicht aus. Es seien klare Vorgaben und Ziele vonnöten, um den Methanausstoß im Agrarbereich, im Energiebereich und bei Abfällen sowie in der Abwasserbehandlung zu senken. "Die EU-Kommission belässt es bei einer Verbesserung der Datenlage sowie überfälligen Verpflichtungen und entlässt die Landwirtschaft aus ihrer Verantwortung", erklärte Paulus in Brüssel.
Einen besonderen Ansatz zur Reduzierung von Methangas sieht die Grünenabgeordnete vor allem auch in der Energiewirtschaft und der Biomasse. Hier forderte sie ein Umdenken bei der deutschen EEG-Richtlinie und ein Verbot der Verwendung von Mais in Biogasanlagen.
"Wir vermissen die klare Ansage, die kontraproduktive Verwendung von Anbaubiomasse wie Mais oder anderen Lebensmitteln für Biogasanlagen zu beenden. Wir brauchen eine Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie und keine neuen Fördermaßnahmen. Einziger Lichtblick ist die Ankündigung, die Lieferkette bei Öl und Gas stärker in den Blick zu nehmen. Wir fordern die EU-Kommission auf, schnellstmöglich Standards zu setzen und Zertifizierungsverfahren einzuführen“, erlärte Paulus.
Methan verursacht 24 Prozent der globalen Erderwärmung und gilt als Vorläufer von bodennahem für den Menschen gesundheitsgefährdendem Ozon. 59 Prozent des Methanausstoßes sind nach Ansicht von Klimaforschern menschengemacht. Davon entfallen in der EU mit 53 Prozent mehr als die Hälfte auf die Landwirtschaft wie Max-Planck-Wissenschaftler errechneten. Als zweitstärkster Methansektor gilt die Abfallwirtschaft mit einem Anteil von gut einem Viertel (26 Prozent) und dem Energiesektor mit rund einem Fünftel (19 Prozent).