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„Entweder wir sind am Markt erfolgreich, oder der Weltmarkt übernimmt uns“

Der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser (CDU), über die aktuelle Krise am weltweiten Milchmarkt, Lösungskonzepte und Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung deutscher Milchbauern, die Gesetze einer freien Marktwirtschaft und die Perspektiven einer modernen, deutschen Milchwirtschaft.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Peter Bleser (CDU), über die aktuelle Krise am weltweiten Milchmarkt, Lösungskonzepte und  Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung deutscher Milchbauern, die Gesetze einer freien Marktwirtschaft und die Perspektiven einer modernen, deutschen Milchwirtschaft.



Herr Staatssekretär, wie geht es Ihren Kühen?

 

Den Kühen geht es gut. Meinem Sohn leider weniger, weil er die gleichen Sorgen hat, wie alle deutschen Milcherzeuger. Und leider sind die jüngsten Abschlüsse der Molkereien mit dem Handel nicht dazu geeignet,

Hoffnung auf baldige Besserung aufkommen zu lassen.

 

Welchen Einfluss hat der Handel auf die aktuelle Milchkrise?

 

Der Handel hat einen gehörigen Einfluss, weil er in seinem Gebaren eher zur Preissenkung beiträgt als zur Stabilisierung. Ich erwarte, dass der Handel in einer solchen Situation die Erzeugungsgrundlage stabilisiert.

Momentan geschieht das Gegenteil. Der Handel geht mit den gleichen brutalen Gepflogenheiten vor, wie in der Vergangenheit auch. Allerdings ist die Höhe des Angebots am Milchmarkt ein wesentlicher Faktor dafür, dass der

Handel überhaupt so vorgehen kann.

 

Viele Milchbauern werden den Wiederanstieg des Milchpreises nicht mehr mit Kühen im eigenen Stall erleben.

 

Das kommt auf die Dauer der Krise an...

 

Jüngste Zahlen sprechen von einigen Tausend Milchbauern bundesweit, die durch die Krise bereits jetzt an die Liquiditätsgrenze gekommen sind. Und Experten rechnen mittlerweile nicht mehr damit, dass sich die Marktsituation noch in 2016 verbessern könnte.

 

Das kann sein. Das können sie aber genau so wenig  voraus sagen wie ich. Ich weiß, dass es vielen Betrieben finanziell schlecht, etlichen sehr schlecht geht. Deswegen hat die Bundesregierung die Liquiditätshilfe

beschlossen, die schnell und unbürokratisch Geld auf Not leidende Höfe bringt. Aber mit den begrenzten Steuermitteln können natürlich nicht alle Verluste ersetzt werden, die durch die Marktwirkung verursacht werden. Das muss man offen sagen.

 

Das klingt ziemlich ratlos. Die Bundesregierung hat getan, was sie konnte und zieht sich zurück?

 

Nein. Die Bundesregierung übernimmt auch weiterhin Verantwortung und engagiert sich. Zum Beispiel mit sehr konkreten Vorschlägen in Brüssel. Wir wollen die Interventionsmenge von Magermilchpulver zu einem Fixpreis verdoppeln. Das bietet eine erste Absicherung. Zweitens erwarten wir von Brüssel eine weitere Liquiditätshilfe,

um diese Zeitspanne zu überstehen. Drittens haben wir eine Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes eingebracht. Damit wird den Agrarorganisationen und Molkereien ermöglicht, in eigener Verantwortung Mengenreduzierungen zu vereinbaren. Die Gültigkeitsdauer dieser Regelung wird auf sechs Monate befristet sein, gibt aber der Wirtschaft selbst die Möglichkeit, die Angebotsmenge zu steuern. Auch wenn es schwierig ist, aber Erzeuger und Molkereiwirtschaft müssen hier zu einem Konsens finden. Im Übrigen meine ich, dass die gesamte deutsche Lebensmittelwirtschaft zu einer Erleichterung beitragen sollte und in Zeiten wie diesen, wo zu viel Milch zu viel zu günstigen Preisen am Markt ist, mehr Milch und Milchprodukte in ihren Produkten zu  verarbeiten als gewöhnlich und den Einsatz pflanzlicher Fette entsprechend zurück zu führen. Bei Herstellern von Backwaren und Speiseeis sehe ich diesbezüglich ein hohes, nicht ausgeschöpftes Potenzial.

 

Während der Ruf nach Reduzierung der Milchproduktion immer lauter wird, sagen Sie: Mit Marktkrisen muss man leben. Wer am Weltmarkt agieren will, muss auch entsprechende Mengen einbringen?

 

Der Weltmarkt verschwindet nicht, wenn einer die Augen verschließt. Wenn die deutsche Milchwirtschaft nicht am Weltmarkt teilnimmt, übernimmt der Weltmilchmarkt unsere Marktanteile. Ich bin der festen Überzeugung, dass die deutsche Milchwirtschaft Kurs halten sollte und alles daran setzen sollte, sich noch besser auf den Märkten zu platzieren. Denn auf lange Sicht sind die Bedingungen am Weltmarkt mindestens gut. Deshalb sollten wir versuchen, unsere Kapazitäten am Markt zu halten. Nicht nur, dass die deutsche Milchwirtschaft in den letzten Jahren erhebliche Mengen exportieren konnte. Wir haben auch im vergangenen Jahr wieder erhebliche Anstiege verzeichnet: bei Butter 7 %, bei Vollmilchpulver um 20 %, bei Magermilchpulver um 8 %, bei Milchderivaten um 9 %, bei Käse um 1,1 %. Das heißt: Wir haben Marktanteile gewonnen. Diese Marktanteile sind das Ergebnis

der Exportstrategie. Sie bringen erhebliche Wertschöpfung.

 

...Parole „Augen zu und durch!“...?

 

Die Frage wird in der Tat sein: Wer geht zuerst aus dem Markt? Und: Wann geht die Nachfrage wieder hoch? Aber wenn es uns gelingt, die deutsche Milchwirtschaft zu halten, dann haben wir eine Perspektive. Es ist schwierig, sowas in einer Situation wie der jetzigen zu sagen. Aber man braucht auch eine Motivation, um keine übereilten Schlüsse zu ziehen. Wer Vorschläge für eine Lösung der Milchkrise macht und sich dabei lediglich auf nationale Maßnahmen beschränkt, der muss auch erklären, wie das bei einem gesättigten Binnenmarkt funktionieren soll in einem globalisierten Markt und mit der Freiheit, dass die Menschen kaufen können, was sie möchten und was ihnen schmeckt. Sollen die Außengrenzen geschlossen, sollen Importe verboten werden? Das sind doch Ideen, die nach Absurdistan führen, wenn man sie zu Ende denkt.

 

Und wo liegt die Lösung?

 

Die einzige Chance, die wir haben, ist: unsere Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken. Das gilt für die Verarbeitung. Das gilt aber auch für den Landwirt.


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Das Interview mit Peter Bleser hat das Deutsche Milchkontor DMK angeregt. Geführt und herausgegeben wurde es im Rahmen der Initiative „Dialog Milch“.

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