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Heuser: 32 Cent im Jahresschnitt möglich

Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer vom Milchindustrie-Verband (MIV), blickt positiv in das neue Jahr. Er rechnet mit stabilen Marktentwicklungen und Erzeugerpreisen von „Plus-minus 32 Cent“. Das sagte Heuser im Interview mit dem Presseinformationsdienst Agra-Europe.

Lesezeit: 7 Minuten

Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer vom Milchindustrie-Verband (MIV), blickt positiv in das neue Jahr. Er rechnet mit stabilen Marktentwicklungen und Erzeugerpreisen von „Plus-minus 32 Cent“. Das sagte Heuser im Interview mit dem Presseinformationsdienst Agra-Europe. 

 

„In 2017 werden wir uns alle über bessere Preise freuen“, sagte Heuser in einem Interview mit Agra-Europe. Darin prognostiziert er für Deutschland einen durchschnittlichen Erzeugerpreis von „plus-minus 32 Cent“ pro Kilogramm. Bereits zu Jahresbeginn würden sich die Milchpreise weiter verbessern.

 

Entscheidend für die weitere Entwicklung werde die Milchanlieferung sein. Heuser geht davon aus, dass Angebot und Nachfrage in der Balance bleiben, denn „hochspezialisierte Milcherzeuger sind heute sehr flexibel“. Lobende Worte findet Heuser für die von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt initiierten „Milchstrukturgespräche“. Sie seien „sinnvoll“ und dienten dem Verständnis der unterschiedlichen Positionen. Skeptisch bleibt der MIV-Chef allerdings gegenüber einer Branchenorganisation Milch: „Wir haben nichts gegen die Gründung, glauben aber nicht an einen Erfolg.“ Eine Absage erteilt Heuser staatlichen Vorgaben für die Gestaltung der Lieferbeziehungen.

 

Aus der Milchmarktkrise zieht Heuser eine eindeutige Schlussfolgerung: „Es bleibt volatil und die Märkte funktionieren.“ Risikovorsorge sei nicht nur ein steuerliches Thema, wie steigende Umsätze der Warenterminbörsen zeigten. Bis zur Bundestagswahl sieht Heuser die Politik gefordert, noch einige Hausaufgaben zu machen. Er nennt die Anpassung des deutschen Produktrechts und die Überarbeitung der Milchgüteregelungen. Mittelfristig werde die Bundesregierung gefordert sein, ihrer bisherigen Rolle als „kluger Verhandlungspartner“ sowohl bei der bevorstehenden EU-Agrarreform als auch bei den Verhandlungen zu Freihandelsabkommen sowie über den Brexit gerecht zu werden. Für Heuser steht außer Frage, „Milchpolitik wird in Brüssel gemacht“.

 

Das komplette Interview:

 

Der Milchmarkt hat sich in den letzten Wochen stabilisiert. Was sind die wesentlichen Ursachen?

 

Heuser: In der Tat hat sich der Milchmarkt kräftig entwickelt. Nicht alle Experten haben das vorausgesagt. Die Volatilität bleibt, aber diesmal ging es in die richtige Richtung. Die Gründe sind bekannt: Weniger Milch bei stabilem Absatz hat es geregelt.

 

Wie stellt sich der Markt zu Jahresbeginn dar?

 

Heuser: Zum Jahresbeginn werden sich die Milchpreise weiter verbessern. Fett ist knapper als Eiweiß; der Käsepreis macht den deutschen Milchpreis. Ich bin optimistisch.

 

Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung in den kommenden Monaten?

 

Heuser: Entscheidend wird sein, wie sich die Milchanlieferung entwickelt. Hochspezialisierte Milcherzeuger sind heute sehr flexibel. Das saisonale Anlieferungstief liegt hinter uns. Über Weihnachten ging es etwas ruhiger zu; ab der Grünen Woche im Januar läuft das Geschäft hoffentlich auf Hochtouren.

 

Von welchem Erzeugerpreisniveau gehen Sie für 2017 aus?

 

Heuser: Prognosen bleiben schwierig. Für Deutschland insgesamt rechne ich mit Milchpreisen plus/minus 32 Cent.

 

Eine wichtige Rolle spielt der Drittlandsexport. Wie laufen derzeit die Ausfuhren insbesondere nach China und in andere asiatische Länder?

 

Heuser: Asien hat sich beruhigt, China fragt wieder mehr nach. Russland ist und bleibt geschlossen, andere Märkte konnten aushelfen. Wir sind nicht unzufrieden. Bei der Diskussion sollte jeder wissen: Ohne Drittlandsexporte gehen die Warenbilanzen nicht auf. Europa kann sich dem Weltmarktgeschehen nicht entziehen. Wir sind keine Insel.

 

Wie schätzen Sie das Potential auf diesen Märkten ein?

 

Heuser: Das Potential ist hoch. Milchprodukte werden zunehmend nachgefragt. Wenn die Kaufkraft weiter steigt in Folge höherer Ölpreise, sollte es gut ausgehen. Allerdings schafft der Weltterrorismus Sorgen, auch beim Absatz. Die Weltwährungskrisen sind auch noch nicht beseitigt.

 

Welche weiteren Drittlandsmärkte stehen für die Branche im Fokus?

 

Heuser: Die oben geschilderten, dazu vielleicht noch der Iran, ein hoffentlich sich beruhigender Naher Osten und die USA. Gerne aber auch woanders hin. Manchmal muss man als Unternehmen auch Pionier sein, um vor anderen im Markt zu sein und Geld zu verdienen.

 

Welche Rolle spielt der Absatzmarkt USA und wie gehen Sie mit den Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen US-Handelspolitik um?

 

Heuser: Die USA haben sich zum großen Importeur, aber auch zum bedeutenden Exporteur entwickelt. Der Markt dort wird mit Importquoten gesteuert. Mit der neuen Administration wird es wohl keine zusätzliche Marktöffnung geben. Das ist zumindest die Ankündigung.

 

Was erwarten Sie von der Exportförderung des Bundeslandwirtschaftsministeriums?

 

Heuser: Das Ministerium war und ist hilfreich in zwei Bereichen. Veterinärabkommen und voranschreitende Verhandlungen zu Veterinärfragen helfen bei der Marktöffnung und -erhaltung. Hier ist sehr viel Aufwand erforderlich. Desweiteren unterstützt das Ministerium mit Messebegleitung, Marktstudien und Politikbereisung. Alles hilft, was auch den Export unterstützt und damit die Wettbewerbskraft der deutschen Unternehmen.

 

Ist die Molkereibranche im internationalen Wettbewerb hinreichend gut aufgestellt?

 

Heuser: Deutschland ist einerseits großer Drittlandsexporteur, andererseits ein Investor in die dortigen Märkte. In beiden Bereichen kann man „mehr Gas geben“.

 

Bundesminister Schmidt führt mit maßgeblichen Branchenvertretern regelmäßig „Milchstrukturgespräche“. Wie beurteilen Sie deren bisherige Ergebnisse?

 

Heuser: Die Ministergespräche sind sinnvoll und dienen dem Verständnis der unterschiedlichen Positionen. Deutschland hat in 2016 seinen „Milchkurs“ teilweise geändert. Das Milchpaket aus Brüssel empfanden wir zumindest in Teilen als Systembruch.

 

Der MIV steht einer Branchenorganisation Milch skeptisch gegenüber. Warum?

 

Heuser: Branchenorganisationen waren schon im alten Milchpaket vorgesehen. Wir haben nichts gegen die Gründung, glauben aber nicht an einen Erfolg. Derzeit verfolgt niemand in Deutschland das Ziel eines Branchenverbandes.

 

Teilen Sie die Einschätzung, dass die Position der Milcherzeuger in der Wertschöpfungskette gestärkt werden muss? Bedarf es struktureller Veränderungen im Verhältnis von Lieferanten und Verarbeitern?

 

Heuser: Wenn 70 000 Milcherzeuger auf 100 Molkereien treffen, bedarf es Regelungen. Die existieren und sind im genossenschaftlich geprägten deutschen Milchmarkt historisch entstanden. Die Privatmolkereien arbeiten mit Erzeugergemeinschaften gerne zusammen. Alles ist im Fluss und wird stetig verbessert. Insbesondere die unbegrenzte Anlieferungsmöglichkeit wird von den meisten Milcherzeugern im Strukturwandel hoch geschätzt. Wenn das geändert werden soll, ist die Vertreterversammlung der Molkerei der richtige Ort zur Diskussion.

 

Welche Lehren zieht die Branche aus der Milchmarktkrise der vergangenen Monate?

 

Heuser: Die Lehre für uns alle ist: Es bleibt volatil und die Märkte funktionieren. Nach schwierigen zwei Jahren wird es besser. Warenterminbörsen freuen sich über größere Umsätze, Risikovorsorge ist nicht nur ein steuerliches Thema.

 

 

Die Tierwohldiskussion hat den Milchviehbereich bislang lediglich gestreift. Das muss keineswegs so bleiben. Wie stellt sich die Milchwirtschaft auf die Diskussion um steigende Tierwohlanforderungen ein?

 

Heuser: Tierwohl ist auch Sache der Molkerei, obwohl wir als Molkereien keine Tiere halten. Die Gesellschaft und die Politik nehmen uns in die Haftung. Wir sollten uns aber nicht verzetteln. Der Staat kündigt Label an, der Tierschutzbund verkauft ein Siegel, radikalere Organisationen besuchen nachts illegal die Ställe. Der beste Weg ist, die Eigenverantwortung der Milcherzeuger zu stärken. Man kann natürlich noch mehr machen, Stichwort „Enthornung“. Aber auch beim Thema „Anbindehaltung“ sind die Grenzen schnell aufgezeigt. Wir können nicht halb Süddeutschland stilllegen, und wir wollen das auch gar nicht, nur weil dort der Anteil der Anbindehaltung mit den vielen kleinen Betrieben höher ist als in anderen Bundesländern. In den Fernsehserien wird immer die heile Welt der Milchkühe in Anbindehaltung gezeigt, der moderne Boxenlaufstall soll dann die Tierfabrik sein. Das passt alles nicht.

 

Die Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu. Wie bewerten Sie das Agieren der politischen Akteure während der Milchmarktkrise der vergangenen beiden Jahre? Was erwarten Sie noch von der Bundesregierung bis zur Bundestagswahl im Herbst?

 

Heuser: In der Milchmarktkrise hat sich die Politik besonnen verhalten, auch wenn nicht alle Positionen die gleichen sind. Das ist so in einer Demokratie. In 2017 werden wir uns alle über bessere Preise freuen. Gleichzeitig sind aber noch Hausaufgaben zu erledigen. Das deutsche Produktrecht muss dringend an den technischen Fortschritt angepasst werden. Auch die Milchgüteregelungen werden gerade überarbeitet. Das ist nicht spektakulär, aber wichtig.

 

Was wünschen Sie sich von einer künftigen Bundesregierung in der Milchpolitik?

 

Heuser: Milchpolitik wird in Brüssel gemacht. Deutschland war immer ein kluger Verhandlungspartner. Gerade bei der bevorstehenden Agrarreform 2020 wird viel Verhandlungsgeschick erforderlich sein. Dazu kommen die Beratungen zu Freihandelsabkommen sowie dem Brexit. Es wird nicht langweilig.

 

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