Die Kieler Milchmarktexperten sprechen sich für ein Beibehalten der Privaten Lagerhaltung und für eine Erhöhung des Interventionspreises aus. Die Funktion der EU-Milchmarktbeobachtungstelle als Frühwarn- und Kriseninstrument sollte ausgebaut werden.
In der Expertise des Kieler Informations- und Forschungszentrums für Ernährungswirtschaft (ife) zu möglichen Kriseninstrumenten weisen die Milchmarktexperten um ife-Direktor Prof. Holger Thiele darauf hin, dass der Marktmechanismus auf dem Milchmarkt zwar grundsätzlich funktioniere, es aber trotzdem zu Preisschwankungen komme, die zur mangelnden Liquidität rentabler Milchviehbetriebe und mittelfristig zu deren Aufgabe führen könnten. Die staatliche Intervention ist nach Ansicht der Fachleute in solchen Phasen ein sinnvolles Instrument zur zeitweiligen Stabilisierung der Milchpreise, sollte gemäß der Analyse der Kieler Wissenschaftler jedoch um 4 ct/kg auf dann 24 ct/kg angehoben werden, um der Entwicklung von Inflation und Kosten Rechnung zu tragen.
Die ife-Experten empfehlen weiterhin den Einsatz der Privaten Lagerhaltung (PLH) als Ergänzung zur obligatorischen und fakultativen Intervention, sprechen sich in diesem Zusammenhang allerdings für eine Flexibilisierung dieser Marktmaßnahme aus, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Als kurzfristige Hilfe für Milchbetriebe haben sich laut den Autoren der Expertise staatliche Einmalzahlungen und Liquiditätshilfedarlehen bewährt. Hier drängen sie allerdings auf eine zeitnahe Anwendung der Hilfen, weshalb nach ihrer Überzeugung die Funktion der bestehenden EU-Milchmarktbeobachtungstelle als Frühwarn- und Kriseninstrument noch deutlich ausgebaut werden sollte.
Das vom Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) entwickelte Marktverantwortungsprogramm für eine gestaffelte freiwillige Mengenregulierung wird von den Kieler Fachleuten in den Teilbereichen „Frühwarnsystem“ und „Nutzung verbesserter bisheriger Kriseninstrumente“ als sehr hilfreich für zukünftige Marktpreiskrisen angesehen. Weniger eindeutig ist nach ihrer Ansicht allerdings der Nutzen der Mengensteuerungskomponente in Marktpreiskrisen. Einen nennenswerten Beitrag zur Bewältigung von Milchmarktkrisen könnten Versicherungssysteme nach US-amerikanischem Vorbild leisten, heißt es in der Analyse. Der Vorteil des Systems bestehe darin, dass jeder Milcherzeuger - je nach individueller betrieblicher Situation und Einstellungen - zu Risiken Vorsorge betreiben könne, so die Milchmarktexperten. In der Ausgestaltung müsse aber, anders als beim US-Programm, auf einen möglichst hohen privatwirtschaftlichen Anteil geachtet werden.