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topplus Direktvermarktung Schwein

Als Quereinsteiger zum eigenen Schlachthof

Es begann mit dem Kauf eines Bauernhofs, zwei Schweinen und dem Hotelgewerbe. Heute besitzt Tim Spitzer einen Freilaufschweinebestand, Direktvermarktung und ist in einen Schlachthof eingestiegen.

Lesezeit: 6 Minuten

Dieser Beitrag erschien zuerst bei f3 - farm. food. future.

In eineinhalb Jahren hat sich Tim Spitzer aus Lienen in NRW als Quereinsteiger aus der Hotelbranche zum Schweinebauern mit Direktvermarktung entwickelt. Mit seiner Marke „Tims Hofladen“ bringt er das Fleisch von Iberico- und Bentheimerschweinen an die Kundschaft. Zudem arbeitet er bei der Vermarktung mit anderen Landwirten zusammen und denkt den Produktionskreislauf zu Ende: Gerade erst ist er mit zwei weiteren Personen in einen Schlachthof eingestiegen. Hier will er sich die Kunden selbst aussuchen.

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f3 – farm. food. future.: Tim, du hast bis zum Start der Coronakrise in der Hotelbranche gearbeitet. Wie kamst du von dort zur Landwirtschaft?

Tim Spitzer: Vor rund drei Jahren habe ich nach langer Suche einen alten Bauernhof gekauft, auf dem wir seitdem wohnen. An einem Abend mit viel Bier kam die Idee auf, ein paar Schweine zu halten. Schon am nächsten Tag haben wir uns zwei Bentheimer geholt. Derweil habe ich noch in einem Hotel gearbeitet. Die ersten Schweine habe ich direkt an das Hotel verkauft. Aus zwei Tieren wurden recht schnell sechs.

Dann kam die Coronakrise und das Hotel machte zu. Meine Schweine habe ich nach der Feinzerlegung klassisch über WhatsApp und andere Kontakte an Bekannte verkauft. Wir haben darauf mit Werbung über Soziale Medien begonnen und im Mai 2020 stand schon das Logo für „Tims Hofladen“. Im Dezember des selben Jahres habe ich den ersten Hofverkauf mit Fleisch von meinen Tieren und von mir ausgewählten anderen Tierhaltern gestartet. Mittlerweile halte ich rund 210 Schweine in Freilaufhaltung, die ich komplett selbst vermarkte.

Also ein klassischer Quereinstieg. Woher hast du denn das Knowhow zur Schweinehaltung?

Tim Spitzer: Ehrlich gesagt waren unsere größten Ausgaben im ersten dreiviertel Jahr Tierarztkosten zur Beratung. Ich habe einen Tierarzt gefunden, der mein Konzept super fand und mich gleich als Bestandsarzt unterstützen wollte. Den habe ich immer direkt angerufen, wenn ich mir mit einer Situation unsicher war. Bei Geburten z.B. hat er mich anfangs unterstützt und viel erklärt. Davon habe ich sehr profitiert. Ich unterhalte mich aber auch viel mit Landwirten. Wenn ich Fragen habe, dann frag ich einfach und die meisten Landwirte geben gute Tipps. Mittlerweile bin ich in den meisten Situationen sicher und weiß mir selbst zu helfen.

Bei rund 200 Schweinen benötigst du mehrere Hektar Acker- oder Grünland. Flächen sind in der Gegend rar und teuer. Wie kommst du an Land für deine Tierhaltung?

Tim Spitzer: Auf der Suche nach Flächen für Freilandschweine bekommt man sicherlich nicht die Kirsche auf dem Eis. Ich hoffe sehr, dass ich auf Dauer noch rund drei Hektar in der Nähe zusätzlich pachten kann. Insgesamt ist das aber sehr schwer. Freilaufhaltung von Schweinen ist hier quasi unbekannt. Aktuell kann ich meine Sauen an meiner Hofstelle halten. Für den Ausbau war ich auf der Suche nach Lohnmästern, die meine Tiere auf ihren Flächen unter meinen Voraussetzungen halten. Danach habe ich ein halbes Jahr erfolglos auf verschiedensten Wegen gesucht. Durch Zufälle habe ich mittlerweile einen Betrieb gefunden, der zur Probe 170 Tiere nach dem Absetzen für mich auf rund 12 ha hält.

Auf der Suche nach Flächen für Freilandschweine bekommt man sicherlich nicht die Kirsche auf dem Eis.- Tim Spitzer

Das Fleisch verkaufst du komplett über die Direktvermarktung und an feste Partner. Wie lief der Einstieg, was war gut, was weniger?

Tim Spitzer: Wir repräsentieren uns online unverstellt und ehrlich. Dabei haben wir direkt auf hochwertige Werbung mit Videos usw. gesetzt. Damit hatten wir einen Wow-Effekt auf unserer Seite. Die Leute haben gesehen, dass da jemand Unbekanntes was ganz neues macht und waren neugierig. Das hat uns den Start erleichtert.

Weniger gut gefällt mir manchmal noch die Kommunikation mit den Verbrauchern. Viele finden toll, was ich mache und stellen die konventionellen Bauern als Buhmann da. Diese Landwirte halten den gesetzlichen Standard ein und werden plötzlich als „Trottel“ dargestellt, weil die „nur“ Haltungsformstufe 1 und 2 erreichen. Wenn einige Kunden aber sehen, dass vier auf meine Weise erzeugte Schnitzel auch mal mehr als 15 Euro kosten, dann finden die den Preis wahnsinnig. Ich gehe sehr offen mit den Kunden um, auch bei solchen Themen. Wer so eine Haltung will, muss sie auch bezahlen. So kann man auch mal Kunden verprellen – Aber so ist meine Einstellung.

Gerade bist du zudem noch in einen Schlachthof eingestiegen. Warum der Schritt und was hast du vor?

Tim Spitzer: Mein Problem war: Ich finde, ich bin ein guter Erzeuger und will mein Erzeugnis ebenso erfolgreich vermarkten. Das ist das, was ich in der Hand habe. Bei den Zwischenschritten gebe ich meine Arbeit in die Hände anderer und weiß nie so ganz genau, was die mit den Tieren machen. Damit habe ich also zwei Jahre bei der Aufzucht Gas gegeben und kann im Zweifel wegen einer falschen Schlachtung oder Zerlegung ein schlechteres Produkt wiederbekommen. Die richtig guten Schlachter überladen sich aktuell meiner Meinung nach über beide Ohren mit Arbeit, weil die Nachfrage da ist und der Preis drückt. Darunter kann die Qualität leiden.

Anfang diesen Jahres bin ich mit dem Sohn eines Schlachthofbetreibers in Kontakt gekommen. Dieser will den Familienbetrieb übernehmen und war auf der Suche nach Partnern. Wir sind uns schnell einig geworden und ab dem ersten August übernehmen wir den Betrieb mit vier Personen: Dem Nachfolger, meiner Frau, einem Spezialist für Marketing und ich. Keiner von uns hat Metzer oder überhaupt etwas in Richtung Schlachtung gelernt. Darum werden zwei von uns nun parallel geschäftsführende Gesellschafter und Azubis. Denn wir machen eine Metzgerlehre im Betrieb.

Was wollt ihr dort umsetzen?

Tim Spitzer: Unser Ziel ist es, nur noch Tiere von Landwirten zu schlachten, die wir persönlich besucht haben und hinter deren Haltung wir stehen können. Wir wollen uns die lokalen Betriebe aussuchen. Jeden Betrieb, für den ich schlachte, will ich auch als Werbung für unseren Schlachthof sehen können. Dafür bieten wir Qualität und Tierwohl entlang des ganzen Prozesses.

Bis Ende diesen Jahres erwarten wir beispielsweise die Genehmigung zur mobilen Schlachtung von Rinder, Schweinen und Schafen. Das Veterinäramt fördert uns da sehr. Später sind dann vier Bereiche die Standbeine des Betriebs: 1. Schlachtung, Zerlegung und Verpackung 2. Mobile Schlachtung 3. Wildverarbeitung 4. Events.

Jeden Betrieb, für den ich schlachte, will ich auch als Werbung für unseren Schlachthof sehen können. - Tim Spitzer
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