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Interview

Die Langlebigkeit von Sauen züchterisch verbessern

Langlebigkeit ist erblich und kann züchterisch verbessert werden. Über neue Zuchtansätze sprach SUS mit Bjarke Poulsen, Universität Aarhus.

Lesezeit: 6 Minuten

In einem dänischen Zuchtprojekt wurden Daten von mehr als 470 000 Sauen in puncto Langlebigkeit ausgewertet. Ziel ist es, das genetische Potenzial von Nukleustieren frühzeitig so abzuschätzen, dass ihre Nachkommen besonders langlebig sind. Der genetische Fortschritt ist am höchsten, wenn Daten von Produktionssauen herangezogen werden. Die Erblichkeit für Langlebigkeit liegt bei 8 bis 9 %. Bjarke Poulsen, Universität Aarhus und Danish Agriculture & Food Council, im Interview.

Herr Poulsen, Sie forschen zur Langlebigkeit. Wann gilt eine Sau als langlebig?

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Poulsen: Darüber gibt es unterschiedliche Ansichten und noch keinen einheitlichen Konsens. Meiner Meinung nach ist eine Sau langlebig, wenn sie mindestens sechs Würfe erfolgreich aufgezogen hat. Hier gibt es in den dänischen und sicher auch in den deutschen Betrieben noch großes Potenzial. So verlassen in Dänemark mehr als 60 % der Sauen die Herde vor der sechsten Abferkelung.

Welche wirtschaftlichen Vorteile haben Betriebe mit langlebigen Sauen?

Poulsen: Es gibt mehrere wirtschaftliche Vorteile. So haben ältere Sauen nachweislich größere Würfe als Erstlingssauen bzw. junge Sauen. Außerdem sinken die Remontierungskosten und auch die Kosten für die Tierkörperverwertung, wenn Sauenverluste reduziert werden. Zudem ist es einfacher, die Produktionsabläufe zu planen, wenn weniger Sauen unfreiwillig aus der Herde ausscheiden, weil dann die Tiergruppen zusammenbleiben.

Langlebige Sauen ziehen mindestens sechs Würfe auf.

Welche Erblichkeiten gibt es für ­Langlebigkeit?

Poulsen: Das hängt von den verwendeten Daten ab und davon, wie Langlebigkeit definiert ist. Manche messen sie ab der ersten Belegung, andere ab der ersten Abferkelung. Wir haben uns für die erste Belegung entschieden, weil wir so mehr Lebenszeit der Sau erfassen. Aktuell kalkulieren wir mit einer Erblichkeit von 8 bis 9 %.

Wie kann man bereits bei einer jungen Sau messen, ob sie langlebig sein wird?

Poulsen: Wenn man das genetische Potenzial für die Langlebigkeit von Sauen frühzeitig abschätzen will, muss man Daten verwenden, die an jungen Tieren bis maximal zur zweiten Trächtigkeit gemessen werden. Damit kann man direkt auf das Merkmal Langlebigkeit züchten, oder man züchtet indirekt auf das Zielmerkmal Langlebigkeit mit Indikatormerkmalen. Man kann die beiden Ansätze auch kombinieren. Indikatormerkmale könnten klassisch das Exterieur der Sau betreffen oder aber auch die Überlebensfähigkeit der Ferkel, denn wir gehen davon aus, dass diese mit der Überlebensfähigkeit der Sau korreliert.

Haben Sie schon Erfahrungen gesammelt?

Poulsen: Ja, im aktuellen Projekt „Breeding for Robust Production Sows“ haben wir untersucht, wie Daten von jungen Sauen genutzt werden können. In späteren Studien werden wir auch Daten zu Indi­katormerkmalen einbeziehen. Zur Da­­tenerfassung teilten wir das Leben einer Sau in Zeiträume auf, beispielsweise die Überlebensrate von der ersten Belegung bis zum ersten Abferkeln, die Überlebensrate vom ersten Abferkeln bis zur zweiten Belegung, die Überlebensrate von der zweiten Belegung bis zum zweiten Abferkeln und so weiter.

Was bringt diese Einteilung?

Die Daten aus den frühen Lebensabschnitten, z. B. bis zum ersten Abferkeln, sind bereits zu einem frühen Lebenszeitpunkt verfügbar und können verwendet werden, um genetische Potenziale mit höheren Genauigkeiten zu schätzen. Vereinfacht gesagt, muss man so nicht warten, bis eine Sau stirbt, um Daten zur Langlebigkeit zu erhalten.

Das Ziel im Zuchtprogramm besteht jedoch nicht darin, die Langlebigkeit von Sauen vorherzusagen. Ziel ist es vielmehr, das genetische Potenzial junger reinras­siger Nukleustiere zu finden. Dann können wir genau die Tiere selektieren, deren Nachkommen eine bessere Überlebens­fähigkeit haben. Auf diese Weise ist die nächste Sauengeneration langlebiger.

Woher stammen Ihre Daten?

Poulsen: Im Projekt haben wir Daten von mehr als 470 000 Sauen aus 300 Herden ausgewertet. Davon waren mehr als 280 000 Sauen Produktions- und knapp 190 000 Sauen Vermehrungssauen. Wir haben herausgefunden, dass der genetische Fortschritt für die Langlebigkeit von Produktionssauen dann am größten ist, wenn wir auch Daten aus Produktionsherden verwenden – und nicht nur Daten aus Zucht- und Vermehrungsbetrieben.

Wie genau haben Sie die Langlebigkeit in den Produktionsbetrieben erfasst?

Poulsen: Wir nutzen die Daten von dänischen ­Ferkelerzeugern, die Teil des Nucleus Management-Programms von DanBred sind. Die Landwirte teilen die Reproduktionsdaten und den Stammbaum ihrer Sauen mit dem Zuchtprogramm. Basierend auf der Annahme, dass Sauen am Leben sind, wenn sie belegt werden oder wenn sie abferkeln, errechnen wir die Daten zur Langlebigkeit.

Was sind die Herausforderungen bei diesem Ansatz?

Poulsen: Es gibt mehrere Herausforderungen bei der Verwendung von Daten aus Produktionsbetrieben. Erstens gibt es so viele Daten, dass die Analysen zu groß werden können, um mit vorhandener Software und Computern berechnet zu werden. Zweitens herrscht wenig Einstimmigkeit über die Definition von Daten, zum Beispiel kann das Merkmal Wurfgröße sich entweder auf die gesamt geborenen Ferkel oder auf die lebend geborenen Ferkel beziehen.

Drittens gibt es in Produktionsbetrieben im Vergleich zu Nukleusbetrieben weniger Qualitätskontrollen der Daten. Beispielsweise genotypisieren wir Nuk­leustiere, um sicherzustellen, dass ihr Stammbaum korrekt ist – in Produktionsbetrieben wird das nicht gemacht.

Daten von Produktionssauen sind sehr wichtig.

Wie gehen Sie mit dieser Fehleranfälligkeit um?

Poulsen: Wir versuchen dieser Herausforderung gerecht zu werden, indem wir Daten weglassen, die wir für falsch halten. Das bedeutet, dass wir derzeit jede Herde auf der Grundlage eines festen Zeitplans bewerten und dann bestimmen, ob wir ihren Daten vertrauen. Darüber hinaus löschen wir einzelne Tiere, wenn ihre Daten nicht nachvollziehbar sind, z. B. wenn die Erstbelegung in einem hohen Alter erfolgte.

Was schlussfolgern Sie aus den Daten?

Poulsen: Letztendlich verfolgen wir die Daten zurück zur Nukleusherde, sodass wir unter den jungen Zuchttieren diejenigen auswählen können, deren Nachkommen das größte Potenzial in puncto Langlebigkeit haben. In unserem Projekt haben wir gezeigt, dass es möglich ist, das genetische Potential für die Überlebensfähigkeit von Sauen anhand der Daten von Produktionssauen abzuschätzen. Das zeigt uns, dass die Daten und das statis­tische Modell funktionieren.

Die nächste Herausforderung besteht darin, das statistische Modell zu erweitern, um genetische Potenziale von jungen Nukleustieren zu schätzen. Wir planen das, indem wir Indikatormerkmale und genomische Informationen in das statistische Modell integrieren.

Was ist möglich bei einer konsequenten Zucht auf Langlebigkeit?

Poulsen: Dies kann ich derzeit aus zwei Gründen nicht beantworten. Zum einen kann sich die genetische Basis von Merkmalen mit der Zeit ändern. Das kann die Möglichkeiten beeinträchtigen, den genetischen Fortschritt für dieses Merkmal zu fördern. Ein Beispiel: Wenn die Überlebensrate der Sauen niedrig ist, werden die ­Ferkelerzeuger wahrscheinlich ihre Sauen basierend auf der Tiergesundheit selektieren. Wenn jedoch alle Sauen gesund sind, werden die Landwirte ihre Sauen auf Basis des Produktionsniveaus auswählen.

Zweitens selektieren wir in Zucht­programmen nicht nach einzelnen Merkmalen. Wir berücksichtigen stets mehrere Merkmale gleichzeitig. Daher ist der genetische Fortschritt für die Langlebigkeit von Sauen abhängig von der Wechselwirkung mit anderen Merkmalen. Es ist Teil des weiteren Projektplans, diese Wechselwirkungen zu schätzen.

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