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Hausfriedensbruch im Stall: „Wir brauchen ein Frühwarnsystem!“

Bei einem Hausfriedensbruch im Stall durch Tierrechtler sollte das Veterinäramt sofort informiert werden, um die Ist-Situation zu dokumentieren. Ein stiller Alarm kann den Landwirt informieren.

Lesezeit: 10 Minuten

Immer wieder betreten Tierrechtsaktivisten Schweineställe und filmen dort heimlich. top agrar sprach mit ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack darüber, wie sich Schweinehalter in solch einem Fall rechtlich besser absichern können.

Tierrechtsaktivisten dringen immer wieder heimlich in Schweineställe ein und filmen vermeintliche Tierschutzverstöße. Das Bildmaterial wird aber oft erst Monate später TV-Sendern oder überregionalen Zeitschriften angeboten. Warum stellen die Tierrechtler nicht sofort Strafanzeige?

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Staack:Die Kampagnen der Tierrechtsaktivisten folgen einer einfachen Logik: Sie behaupten, überall Tierquäler zu erwischen, weil die Behörden die Betriebe nicht engmaschig genug kontrollieren oder angeblich wegschauen. Sie filmen so lange und so oft, bis das „richtige“ Bild dabei ist. Denn ohne Frage gibt es in jedem Betrieb und in jeder Haltungsform auch mal ein krankes Tier. Mit dunklen Bildern und entsprechender musikalischer Untermalung erzeugt man daraus Zerrbilder, die sich medial gut vermarkten lassen.

Damit der beschuldigte Betriebsleiter später nicht nachhalten bzw. beweisen kann, wie es zum Zeitpunkt der Bildaufnahmen im Stall ausgesehen hat, bieten die Aktivisten die aufgenommenen Bilder oft erst Monate später der Presse an. Die Anschuldigungen lassen sich dadurch nicht mehr objektiv prüfen.

Wie kann man dieses Problem lösen?

Staack:Durch eine sofortige Anzeige des nächtlichen Besuchs! Nur so kann das Veterinäramt den Betrieb unverzüglich kontrollieren und sich ein objektives Bild von der Lage machen. In den meisten Fällen wird dadurch das vermeintliche Skandalisierungspotential, auf dessen Basis solche Organisationen ihre medialen Kampagnen aufbauen, buchstäblich pulverisiert. Es wäre das K.O. vieler Kampagnen, die nicht dem Tierschutz dienen, sondern die Vermarktung von Bildern zum Ziel haben.

Löst das Eindringen z.B. einen stillen Alarm aus, kann der Landwirt sofort die Polizei und das zuständige Veterinäramt verständigen. Das Amt sollte um sofortige Überprüfung des Stalls gebeten werden. In diesem Fall kann eine objektive und unabhängige Begutachtung der Situation im Stall erfolgen, die dann auch von Dritten dokumentiert ist.

Sie müssen sofort merken, wenn Unbefugte im Stall waren!

Was können die Landwirte tun, damit solche Bilder nicht entstehen?

Staack: Zuerst gilt es natürlich immer und ohne Wenn und Aber, die Tierbestände täglich genau zu kontrollieren und kranke Schweine konsequent entweder bei Bedarf in Absprache mit dem Tierarzt entsprechend zu behandeln oder falls notwendig in Krankenbuchten umzustallen oder notzutöten. Aber selbst wenn der Tierhalter alles richtig gemacht hat, dann können trotzdem noch Bilder von eben diesen behandelten Tieren entstehen.

Deswegen müssen die Schweinehalter den Aktivisten den Zutritt zu den Ställen erschweren. Ganz verhindern lässt sich das sicherlich nicht – gerade in Zeiten, in denen die Ställe baulich mehr und mehr geöffnet werden. Es macht wenig Sinn, den Stall in einen Hochsicherheitstrakt zu verwandeln. Entscheidend ist, dass die Täter nicht unbemerkt agieren können. Wenn der ungebetene Besuch zeitnah auffliegt, können die Tierrechtsorganisationen den Zeitversatz zwischen Bildaufnahme und Veröffentlichung nicht mehr für ihre Zwecke und ihr Geschäftsmodell nutzen. Sie können also keine Zerrbilder mehr erzeugen.

Das Veterinäramt selbst rufen: Damit tun sich Landwirte verständlicherweise schwer. Warum ist es trotzdem so wichtig?

Staack: Wer lässt sich schon gerne kontrollieren. Aber die Kontrolle durch das zuständige Veterinäramt kommt so oder so – wenn nicht unverzüglich, dann spätestens, wenn die Bilder veröffentlicht werden. Und selbst wenn das zuständige Veterinäramt im Rahmen eines vom Landwirt selbst geforderten Bestandschecks Verstöße feststellt, hat der Betriebsleiter unter Umständen zwar ein Problem. Die rechtliche Aufarbeitung erfolgt dann aber nach klaren rechtsstaatlichen Regeln.

Wer nach einem unerwünschten Besuch nicht sofort versucht, zeitnah Beweise zu sichern, dem droht eine mediale Hexenjagd. Und die letzten Fälle zeigen deutlich: Dabei scheuen die Tierrechtsaktivisten auch nicht davor zurück, die gesamte Familie des Landwirts medial an den Pranger zu stellen. Es werden komplette Namen und Adressen der Betriebe und Familien ins Netz gestellt. Zum Teil verbunden mit Anschuldigungen, die niemand über sich lesen will und gegen die man sich nicht wehren kann. Und vergessen wir nicht: Das Internet vergisst nie!

Augen auf! Tierrechtler dringen auch tagsüber in Ställe ein

Welche technischen Möglichkeiten gibt es, damit der Betriebsleiter bei einem Eindringen durch Tierrechtler zeitnah alarmiert wird?

Staack: Das Wichtigste ist, schnell zu merken, wenn Unbefugte im Stall sind oder waren. Natürlich muss man die Ställe abschließen. Das erschwert nicht nur den ungebetenen Gästen das unbefugte Eindringen, es schützt auch den eigenen Bestand besser vor dem Einschleppen von Krankheitserregern und Seuchen – und ist bei verschiedenen Vermarktungsprogrammen mittlerweile auch vorgeschrieben. Die Stalltüren sollten zu jeder Tages- und Nachtzeit geschlossen sein. Denn Tierrechtler sind auch tagsüber in den Ställen unterwegs. Dazu spähen sie zuvor genau aus, wann sie in Ruhe Bilder produzieren können.

Generell empfehlen wir, die Augen offen zu halten und das Umfeld zu sensibilisieren. Sinnvoll ist auch der Einsatz technischer Lösungen, die das Eindringen melden. Bewährt haben sich einfache Bewegungsmelder und Türkontakte oder Kameras, die Aktivitäten melden. Entscheidend ist, dass der Landwirt zuverlässig und ohne Zeitverzug per stillem Alarm auf den Besuch aufmerksam gemacht wird.

Welche Lösung sich dafür am besten eignet, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Meistens reichen einfache Lösungen wie z.B. Türkontakte. Zu viel Technik kann auch kirre machen. Denn wenn immer wieder ein falscher Alarm ausgelöst wird, sieht man irgendwann Gespenster, oder der Alarmauslöser wird nicht mehr beachtet oder gar abgeschaltet.

Stellen Sie Strafanzeige und Strafantrag!

Sollte der Landwirt in jedem Fall Strafanzeige bei der Polizei stellen?

Staack: Ja, in jedem Fall sollte eine Strafanzeige inklusive Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt werden. Denn wer weiß schon, wie genau es die Aktivisten in Zeiten von Afrikanischer Schweinepest mit der Biosicherheit nehmen? Auch wenn die Anzeigen meistens im Sande verlaufen, sie führen zumindest dazu, dass Einbrüche in Schweineställe in den Kriminalstatistiken auftauchen. So wird das Ausmaß der Tierrechtler-Machenschaften sichtbar.

Wer muss noch informiert werden?

Staack: Wie eingangs schon beschrieben das zuständige Veterinäramt. Darüber hinaus sollten aber auch die Vermarktungspartner bzw. Abnehmer der Schweine sowie z.B. QS, die Initiative Tierwohl oder andere Programme informiert werden. In der Regel wird die Informationspflicht in den Teilnahmebedingungen explizit gefordert. Natürlich sollte auch der Hoftierarzt in Kenntnis gesetzt werden.

Landwirt wird in eine emotionale Ausnahmesituation katapultiert

Wie sollte sich ein Landwirt nach der Veröffentlichung verhalten, dem mit heimlich aufgenommenem Bild- und Filmmaterial Tierschutzverstöße vorgeworfen werden? Sollte er den Kopf einziehen oder lieber die Flucht nach vorne wagen und sich den Fragen der Allgemeinheit bzw. der Presse stellen?

Staack: Heimlich im Betrieb aufgenommene Bilder und daraus abgeleitete Tierschutzverstöße katapultieren den Betriebsleiter und seine Familie in eine emotionale Ausnahmesituation. Wir raten deshalb dringend dazu, sich in dieser Situation Hilfe von neutraler Stelle zu holen. Die ISN oder der jeweilige Bauernverband bieten Unterstützung an.

Trotz der dann angespannten Situation ist es wichtig, besonnen und überlegt vorzugehen. Dabei hilft oft der objektive Blick von außen. Es sind viele Dinge zu beachten, die innerhalb kürzester Zeit, teilweise sogar zeitgleich, erfolgen müssen. Ein koordiniertes Krisenmanagement ist im Fall des Falles aber das A und O. Meistens ist es sinnvoll, sich nicht abzuschotten und offen mit den Vorwürfen umzugehen. Das sollte gegenüber Freunden, Bekannten und Marktpartnern geschehen. Es macht auch Sinn, auf die lokale Presse zuzugehen und diese zu informieren.

Das sollten Landwirte aber niemals alleine tun, sondern immer nur zusammen mit einem krisenerfahrenen Coach. Je früher der mit im Boot sitzt, desto besser kann er helfen. Angesichts der Vielzahl der Fälle haben wir bei der ISN dazu in den vergangenen Jahren eine ausgeprägte Routine entwickelt. Und natürlich unterstützen sich die jeweiligen landwirtschaftlichen Interessenvertreter wie die Bauernverbände oder die ISN dabei gegenseitig.

In den sozialen Medien ist die Gefahr von persönlichen Anfeindungen besonders groß. Sollte man trotzdem auf Facebook, Instagram und Co. Einblicke in seinen Stall geben? Und kann das auch nach einem Einbruch auf dem eigenen Hof hilfreich sein?

Staack: Wer regelmäßig Einblicke in seinen Stall gewährt, kann mit seiner Offenheit im Falle einer Tierrechtlerkampagne punkten. Denn mit dem über Monate im Netz ausgestrahlten eigenen Bildmaterial lassen sich die Vorwürfe der Tierrechtler oft schnell entkräften.

Allerdings kann es sinnvoll sein, den eigenen Kanal in den sozialen Medien nach dem Vorwurf von Tierschutzverstößen vorübergehend abzuschalten. So setzt man sich nicht unnötig einem Shitstorm aus. Verbale Drohungen und Verunglimpfungen, die die Persönlichkeitsrechte missachten, sollte man auf keinen Fall hinnehmen und ebenfalls zur Anzeige bringen. Ein jüngst getroffenes Gerichtsurteil zeigt, dass in solchen Fällen auch verborgene Identitäten der Angreifer offengelegt werden müssen.

Neben den sozialen Medien hilft es, direkte Einblicke in den Stall zu geben. In diesem Zusammenhang sind Stallfenster, die Besuchern jederzeit Einsicht bieten, gut geeignet. Aber auch der direkte Austausch mit Besuchergruppen oder auch einem Kamerateam, das zu irgendeinem Thema im Stall gefilmt hat, ist sinnvoll.

Gerade ehrenamtlich engagiert Schweinehalter geraten immer wieder in den Fokus der Tierrechtler. Wie kann man die Landwirte dazu bewegen, sich weiter ehrenamtlich zu engagieren?

Staack: Wie schon dargestellt, haben wir schon oft feststellen müssen, dass es jeden Tierhalter aus den verschiedensten Gründen treffen kann - auch diejenigen, die im Stall alles richtig machen, also diejenigen, die den weit überwiegenden Teil ausmachen.

In der jüngsten Kampagne war es aber in der Tat so, dass man gezielt das Ehrenamt in den Fokus genommen hat. Das haben die Tierrechtsaktivisten z.B. von Ariwa in Interviews zugegeben. Sie haben geäußert, dass sie sich genau aus diesem Grund die Betriebe für ihr Eindringen und ihre anschließende Kampagne ausgesucht haben. Im Klartext: Nur weil sich Betriebsleiter ehrenamtlich für den Berufsstand engagieren, wurden sie diffamiert und mit Hetzkampagnen überzogen. Doch derartige Praktiken - ausspähen, diskreditieren und diffamieren - haben in einem Rechtsstaat nichts zu suchen!

Glücklicherweise gibt es noch Schweinehalter, die sich von solchen Kampagnen nicht einschüchtern und mundtot machen lassen. Und: Die mediale Berichterstattung dreht sich. Mittlerweile haben es die Tierrechtler deutlich überzogen. Es gibt von Seiten der Medien immer mehr kritische Stimmen zum Vorgehen der Aktivisten. Deswegen tun wir weiter alles, um unsere ehrenamtlich tätigen Landwirte zu schützen und ihnen im Fall des Falles zu helfen. Und zwar mit allem was wir haben und zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Natürlich lassen auch wir als ISN uns davon nicht einschüchtern und gehen weiter konsequent gegen diese Akteure vor. Wir decken das Netzwerk und die Machenschaften weiter rigoros auf. Denn wie kann es sein, dass eine Tierrechtsorganisation, die unverhohlen mit gesetzlich grenzwertigen Methoden agiert, den Status der Gemeinnützigkeit hat? Das haben wir übrigens mithilfe von Presseaussagen von Ariwa auch das für die Tierrechtsorganisation zuständige Finanzamt gefragt.

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