"Erst einmal brauchen wir Kastrations-Alternativen, die in der Praxis auch tatsächlich funktionieren. Und erst dann – im zweiten Schritt – sollte man sich über ein Verbot der bisherigen Praxis nachdenken, nicht umgekehrt", ließ ein Ferkelerzeuger und Mäster am letzten Donnerstag in Ascheberg-Davensberg seinem Unmut freien Lauf. Denn sein Vermarkter akzeptiere weder Masteber noch Improvac-geimpfte Tiere. Die Isofluran-Narkose lehne sein Tierarzt aus gesundheitlichen Gründen ab. Und die Injektionsnarkose scheide aus, weil die Ferkel zu lange brauchen, um wieder wach zu werden. Deshalb forderte der Landwirt die Interessenvertreter vom Bauernverband, vom BRS und der ISN auf, sich noch stärker für die Zulassung des "4. Wegs", der lokalen Betäubung durch den Landwirt, stark zu machen.
Knapp 300 Schweinehalter waren der Einladung der Besamungsstation Ascheberg (GFS) und der Landwirtschaftskammer NRW gefolgt, um sich in Ascheberg-Davensberg im Rahmen einer gemeinsam organisierten Vortragsveranstaltung wertvolle Anregungen und Tipps für den heimischen Betrieb zu holen. Die Palette der interessanten Vorträge reichte vom Einbruchsschutz für Stallgebäude über die Betreuung kranker bzw. verletzter Tiere, das Nottöten unheilbar kranker Schweine, der Zucht auf Krankheitsresistenz und allgemeine Widerstandsfähigkeit bis hin zu einem Praktikerbericht über ein Beispiel gelungener Öffentlichkeitsarbeit per Facebook und Co.
In puncto "4. Weg" warten Politiker und Verbände derzeit gespannt auf die Ergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojektes der Uni München, des Schweinegesundheitsdienstes NRW (SGD) und des Versuchs- und Bildungszentrums Haus Düsse. Über den aktuellen Stand des Projektes informiert in Davensberg SGD-Tierärztin Dr. Claudia Lambrecht.
Im Rahmen des Projektes zur Lokalanästhesie werden zurzeit in den Ställen von Haus Düsse verschiedene Wirkstoffe (Procain und Lidocain) und verschiedene Injektionsorte (Leiste, Hodensack, Hoden) untersucht. Verglichen werden fünf Versuchsgruppen: Eine Kontrollgruppe, bei der Ferkel nur fixiert werden. In einer zweiten Gruppe werden die Ferkel fixiert und herkömmlich kastriert, ihnen wird dabei aber nichts injiziert. Eine dritte Gruppe erhält vor der Fixierung und Kastration beidseitig sowohl in die Leiste als auch in den Hodensack eine 5 %-ige Lidocain-Narkosespritze. Die Vierte Gruppe wird analog mit einer 2 %-igen Procain-Lösung örtlich betäubt. Und die fünfte Gruppe wird nach schwedischen Vorbild mit einer 1 %-igen Lidocain-Lösung direkt in die Hoden narkotisiert.
Über Blutproben, die den Tieren zu festen Zeitpunkten entnommen werden, werden die Stressparameter (Cortisol) bestimmt. Parallel dazu wird über Videoaufnahmen das Verhalten der Tiere erfasst. Und über eine Art Hürdenlauf, den die Ferkel absolvieren müssen, wird die Vitalität der Versuchsferkel bestimmt. Zudem dokumentieren die Versuchsansteller die Gewichtsentwicklung der Tiere.
Zurzeit laufen die Untersuchungen noch auf Hochtouren. Anschließend erfolgen die Laboranalysen und die Auswertung. Mit ersten Ergebnissen wird nach Aussage von Frau Dr. Lambrecht frühestens in einigen Wochen zu rechnen sein.
${intro}