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Kostendruck: Beim Impfen sparen?

Jetzt nur nicht Hals über Kopf aus der ein oder anderen Impfung aussteigen, denn das kann böse enden! Diskutieren Sie besser vorher mit Ihrem Tierarzt, worauf Sie eventuell verzichten können.

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Dr. Theodor Schulze-Horsel, Schweine­gesundheitsdienst NRW

Jeder spart, wo er kann. Das anhaltende Preistief am Ferkel- und Schlachtschweinemarkt sowie die explodierenden Futter- und Energiekosten lassen vielen Schweinehaltern keine andere Wahl. Dabei kommt auch die ein oder andere Impf- oder Prophylaxemaßnahme auf den Prüfstand.

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Doch Vorsicht! Die Impfdosis zu halbieren, Impfintervalle eigenmächtig zu verlängern oder Impfungen ohne diagnostische Kontrolle einfach wegzulassen, ist sicherlich die schlechteste Lösung. Denn wenn zu den wirtschaftlichen Problemen auch noch Rückschläge bei der Tiergesundheit hinzukommen, ist der Schaden größer als der Nutzen. Und für Ferkelerzeuger ist ein zufriedener Mäster, der termingerecht die Ferkel abnimmt, mindestens so wichtig wie die Rückendeckung der Bank.

Nehmen Sie die in Ihrem Betrieb durchgeführten Impf- und Vorsorgemaßnahmen deshalb gemeinsam mit Ihrem Hoftierarzt unter die Lupe. Und entscheiden Sie dann, auf welche Impfungen Sie probeweise und kontrolliert verzichten können. Hier einige Beispiele, wie man dabei vorgeht.

Parvo/Rotlauf ist ein Muss

Die Impfung gegen Parvovirose ist inzwischen Standard. Geimpft werden Sauen, Eber und Jungsauen. Die Behandlung wird alle vier Monate wiederholt. Theoretisch folgt auf eine Infektion eine lebenslange Immunität. Betriebe mit Bestandsimpfung berichten jedoch, dass es bei einer Verlängerung des Impfabstands auf fünf Monate oder länger wieder zu typischen klinischen Erscheinungen der Parvovirose kommen kann. Plötzlich werden erneut Würfe mit toten Ferkeln oder Mumien geboren. Die Umrauschquote steigt an, einige Sauen werden sogar auf Dauer unfruchtbar.

Daher gilt: Setzt man die Kosten der Impfung ins Verhältnis zum möglicherweise auftretenden Schaden, wird schnell klar, dass die Parvoimpfung unbedingt beibehalten werden sollte.Das gilt auch für die Rotlaufkomponente dieser Doppelimpfung. Denn Rotlauf ist eine auf den Menschen übertragbare Erkrankung. Erkennbar erkrankte Tiere werden daher am Schlachthof komplett verworfen.

Schnüffelkrankheit ist selten

Die Schnüffelkrankheit (Rhinitis atrophicans) tritt seit der erfolgreichen Tilgung in der Zuchtstufe eher selten auf. Aber es gibt immer noch einige Betriebe, die dagegen impfen. Toxinbildende Stämme von Pasteurella multocida lösen die Erkrankung aus. Das Toxin schädigt die Zellen, die für den Knochenaufbau zuständig sind. Die betroffenen Tiere leiden unter einer Verkürzung oder Verkrümmung des Oberkiefers, und ihre Tageszunahmen sind deutlich reduziert.

Die toxinbildenden Pasteurellen besiedeln die Tiere oft schon im Saugferkelalter, die Kieferveränderungen sieht man aber erst am Ende der Ferkelaufzucht bzw. in der Mast. Deshalb ist es wichtig, in betroffenen Sauenbetrieben alle Zuchttiere sorgfältig gegen toxinbildende Pasteurellen zu impfen.

Zu Beginn der Bekämpfung erfolgt zusätzlich auch ein antibiotisches Behandlungsprogramm. Die Saugferkel erhalten dazu drei Gaben des Langzeitantibiotikums Oxytetracyclin. Die Behandlungen erfolgen jeweils am ersten und am fünften bis siebten Lebenstag (LT) sowie beim Absetzen. Bei Bedarf erfolgt noch eine Behandlung zu Beginn der Ferkelaufzucht. Die Antibiose kann ab der dritten bis vierten Woche nach der zweiten Sauenimpfung langsam zurückgefahren werden.

Wenn drei bis vier Jahre lang konsequent geimpft wurde und seit mindestens zwei Jahren keine Klinik mehr auftritt, kann man versuchen, aus der Impfung auszusteigen. Zur Kontrolle sollten bei auftretenden Atemwegserkrankungen aber immer Nasentupfer entnommen und auf toxinbildende Pasteurellen getestet werden.

Auf PRRS-Impfung verzichten?

Bei der PRRS-Impfung der Sauen ist es ähnlich wie bei der Parvo-/Rotlaufimpfung: Die durch einen Impfverzicht eingesparten Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Schaden, der entstehen kann, wenn es erneut zu klinischen PRRS-Symptomen kommt. Zumal die Ansteckungsgefahr groß ist, denn das Virus kann locker bis zu drei Kilometer weit über die Luft übertragen werden. In schweinedichten Regionen gibt es deshalb kaum Alternativen zur Sauenimpfung. Nur für Betriebe in Alleinlage lohnt es sich, über den Aufbau einer PRRS-freien Herde nachzudenken.

Ein Impfausstieg sollte immer labordiagnostisch begleitet werden.
Dr. Theodor Schulze-Horsel

Betriebe, die nach einem klinischen PRRS-Ausbruch auch die Ferkel impfen, können frühestens nach sechs bis zwölf Monaten versuchen, aus der Ferkelimpfung wieder auszusteigen. Dann besteht eine Chance, aus der geimpften Sauenherde PRRS-freie Ferkel zu produzieren. Der Ausstieg muss aber über Blutproben, die mit dem PCR-Verfahren auf PRRS kontrolliert werden, labordiagnostisch begleitet werden. Wird die Ferkelimpfung vom Mäster gewünscht und fair honoriert, sollten Sie daran festhalten. Denn zuverlässig PRRS-geimpfte Ferkel reduzieren auch den Infektionsdruck auf die Sauen.

Impfung gegen Mycoplasmen

Der Auslöser der Enzootischen Pneumonie, der Erreger Mycoplasma hyopneumoniae, gelangt in erster Linie über Zukauftiere in den Bestand. Aber auch eine Luftübertragung ist möglich. In Insellagen, wie zum Beispiel im Osten Deutschlands, ist es möglich, mykoplasmenfreie Herden aufzubauen und diese dann auch frei zu halten. Mykoplasmenfreie Schweine haben beste Entwicklungschancen, wenn man sie dauerhaft frei behält.

Werden Ferkel aus diesen Beständen in schweinedichte Regionen wie z. B. nach Nordwestdeutschland verkauft, kann es jedoch zu erheblichen klinischen Symptomen kommen, wenn sich die Tiere erneut über die Luft infizieren. In viehdichten Regionen ist die Mycoplasmenimpfung daher Standard und sollte es auch bleiben!

Circo-Ausstieg überdenken

Das PCV 2-Virus kann in der Ferkelaufzucht zu Kümmern und großen Verlusten führen. Die Circoimpfung der Ferkel ist daher inzwischen Standard. Darüber hinaus kann der Erreger bei Sauen Fruchtbarkeitsprobleme wie Spätaborte, verzögerte Geburten, totgeborene Ferkel und Mumien auslösen. Wenn Laboruntersuchungen bestätigen, dass Circoviren die Fruchtbarkeitsprobleme verursachen, ist auch eine Impfung der Sauen zu empfehlen.

Wurde die Sauenherde mehrfach gegen Circo geimpft und sind aktuell weder bei den Sauen noch bei den Ferkeln Circoviren nachweisbar, kann man in geschlossenen Systemen oder bei einer 1 : 1-Anbindung zwischen Ferkelerzeuger und Mäster den Ausstieg aus der Impfung wagen. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass alle Beteiligten über den Impfausstieg informiert werden! Denn es gibt keine Garantie, dass der Impfverzicht wirklich funktioniert.

APP-Probleme in der Mast

Das Bakterium Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) kann zu Atemwegserkrankungen in Aufzucht und Mast sowie zu plötzlichen Todesfällen in der Endmast führen. Aktuell klagen wieder mehr Mäster über plötzlich verendete Endmasttiere. Deshalb ist ein Ausstieg aus der APP-Impfung derzeit nicht zu empfehlen. Im Gegenteil: Die Impfmaßnahme ist auf dem besten Weg, zur vierten Standardimpfung zu werden.

Wenn Ferkelerzeuger mit direkter Mästeranbindung dennoch über einen Impfausstieg nachdenken, sollte dies von beiden Hoftierärzten begleitet werden. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass der APP-Erreger nach einigen Jahren der Impfung so weit zurückgedrängt wurde, dass nach dem Einstellen der Impfmaßnahme keine klinischen Symptome mehr auftreten. Möglich ist auch, durch Totalsanierung einen APP-freien Bestand aufzubauen. Dazu wird eine neue Herde mit SPF-Tieren (spezifisch pathogen frei) rekrutiert. Wegen der Reinfektionsgefahr über die Luft sollte die Sanierung dann aber flächendeckend erfolgen.

Wann gegen Influenza impfen?

Die Influenza ist eine fieberhafte Infektion der Atemwege, die beim Schwein durch verschiedene Influenza  A-Viren verursacht wird. Bei Sauen kann das Fieber zudem die Früchte schädigen bis hin zu Aborten. Schweine sind jedoch nicht nur für Schweine-Influenzastämme empfänglich, sondern auch für die des Menschen und des Geflügels.

Zurzeit kommen die Stämme H1 N1, H1 N2 und H3 N2 sowie die pandemischen H1 N1pan und H1 N2pan in deutschen Schweinebeständen vor. Der Standardimpfstoff deckt die Stämme H1 N1, H1 N2 und H3 N2 ab. Ein weiterer Impfstoff bietet Schutz vor dem pandemischen Typ H1 N1pan.

Sinnvoll ist eine Impfung der Sauen mit einem zum Betrieb passenden Impfstoff oder der passenden Kombination. Die Impfung von Mastferkeln ist aus Kostengründen dagegen nur in Einzelfällen und für begrenzte Zeit zu empfehlen. Das gilt vor allem dann, wenn in einem Mastbetrieb, der alle drei Wochen neue Ferkel einstallt, die Infektkette nicht abreißt und sich die Ferkel immer wieder bei den älteren Tieren anstecken. Hier würde man die Ferkel für die Dauer von vier bis sechs Monaten vor dem Einstallen in die Mast impfen, bis die Infektkette abgerissen ist.

Futter und Hygiene optimieren

Manchmal kann man auf Impfungen verzichten, wenn andere Faktoren verbessert werden, die ebenfalls für die Tiergesundheit wichtig sind. Ein gutes Beispiel dafür sind Saugferkeldurchfälle, die durch Colikeime und Clostridien verursacht werden. Denn diese Durchfälle werden durch viele Faktoren beeinflusst. Dazu gehören neben der Immunität der Herde auch das Futter, die Art der Fütterung und die Futterhygiene. Die Therapie von Saugferkeldurchfällen sollte daher an allen genannten Punkten ansetzen.Die Beratung salmonellenauffälliger Betriebe hat gezeigt, dass das Ansäuern des Futters viele Vorteile bietet. Bereits ein Zusatz von 0,5 % Benzoesäure zum Sauenfutter im Zeitraum von fünf Tagen vor bis fünf Tage nach der Geburt kann die Darmflora so nachhaltig beeinflussen, dass kaum noch Durchfall auftritt.

Mit Tierarzt und Mäster abstimmen

Bevor Ferkelerzeuger eine Impfmaßnahme beenden, sollten sie ihr Vorhaben unbedingt mit ihrem Hoftierarzt und möglichst auch mit den nachgelagerten Mästern abstimmen. Der Hoftierarzt muss in die Entscheidung eingebunden werden, damit er den Impfausstieg diagnostisch begleiten kann. Misserfolge bzw. Reinfektionen werden so rechtzeitig erkannt.

Aber auch der oder die Mäster müssen informiert werden – zumindest dann, wenn es sich um feste Partnerschaften handelt. Wünscht der Mäster, dass die Impfung beibehalten wird, sollten faire Impfaufschläge ausgehandelt werden, die auch einen angemessenen Lohnansatz fürs Impfen beinhalten.

In einer vertrauensvollen Partnerschaft leitet der Mäster zudem wertvolle Informationen aus der Organbefundung auf dem Schlachthof an seinen Ferkelerzeuger weiter. So werden Atemwegsprobleme früher erkannt und auch der Erfolg der eigenen Entwurmungsstrategie lässt sich zeitnah checken.

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