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So schützen Sie Ihre Flächen vor Schwarzwild

Lesezeit: 7 Minuten

Wildschweine halten Landwirte und Jagdpächter seit Jahren in Atem. Und die Bestände steigen weiter an. Sind wir den Schwarzkitteln hilflos ausgeliefert?


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Milchviehhalter Bernd Leibgen aus dem Rheintal (Name geändert) sieht schon von Weitem, dass auf seinem Grünland in der letzten Nacht erneut großflächig Wildschweine getobt haben. Erbost zitiert er kurzerhand seinen Jagdpächter her, um ihm wieder einmal mit einer saftigen Schadenersatzklage zu drohen. Der war zwar die halbe Nacht auf der Pirsch, allerdings auf benachbarten Flächen. Den aufgebrachten Landwirt kann er damit jedenfalls nicht beruhigen.


Bestand hat sich verdreifacht:

Solche Szenen dürften sich in Bayern und Baden-Württemberg in den letzten Jahren immer häufiger abspielen. Denn das Schwarz­wild hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten massiv vermehrt und flächig ausgebreitet. Sogar in den städtischen Bereich dringen die Schwarzkittel immer stärker vor. Auch wenn Bayern und Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich der Stre-cken­entwicklung im unteren Drittel liegen: Allein in Baden-Württemberg geht man von einer Verdreifachung des Bestandes innerhalb der vergangenen 25 Jahre aus.


Die Folgen sind zunehmende Schäden auf Acker- und Grünland, steigende Unfallzahlen sowie ein erhöhtes Risiko für einen Ausbruch der Schweinepest.


Die Gründe für die Zunahme der Bestände sind vielfältig: Maßgebend sind die Folgen des Klimawandels sowie zusätzliche Nahrungsressourcen. Darauf reagieren die Wildschweine mit hohen Wachstumsraten. Es ist davon auszugehen, dass diese für sie positiven Rahmenbedingungen auch in Zukunft bestehen bleiben und sich sogar weiter verbessern werden.


Wie hoch sind die Schäden?

Bisher gibt es keine belastbaren Zahlen zur Höhe der durch Wildschweine entstandenen Schäden und zu den in der Folge gezahlten Entschädigungen. „Entsprechende Rückmeldungen betroffener Landwirte weisen jedoch deutlich auf steigende Schäden durch Schwarzwild hin“, teilen die zuständigen Ministerien in Bayern und Baden-Württemberg mit. Erfahrungsgemäß ist es so, dass Wildschäden zwischen dem Landwirt und dem Jagdpächter beglichen werden, ohne dass amtliche Stellen davon überhaupt Kenntnis erlangen.


Jagdstrecken schwanken:

Eine realistische Schätzung des Bestandes ist deshalb im Grunde nicht möglich. Die Bestandsentwicklung lässt sich jedoch anhand der Jagdstatistik ablesen, die einen steigenden Trend aufweist. Betrachtet man in Baden-Württemberg nur die vergangenen drei Jahre, so kamen im Jagdjahr 2011/12 rund 32 000 Wildschweine zur Strecke, ein Jahr später waren es schon 70 151 und im Jahr 2013/14 etwa 49 000. Allerdings ist in diesen Zahlen auch Fallwild (Verkehrsverluste und Totfunde) enthalten. Die höchsten Strecken werden tradi­tionell in den Flusstälern von Rhein und Neckar erzielt, die geringsten in den Hochlagen des Schwarzwalds.


In Bayern meldete man im Jagdjahr 2011/12 exakt 42 161 erlegte Sauen, im Folgejahr 65 739 und 2013/14 gar 68 714. Die höchsten Schwarzwildstrecken und damit die mutmaßlich höchsten Bestände finden sich in Unter- und Oberfranken sowie in der Oberpfalz.


Aufgrund der großen jährlichen Schwankungen der Strecke sollte man einen längeren Zeitraum betrachten. Die wichtigsten Ursachen für diese Schwankungen sind das Wetter zur Hauptjagdzeit im Winter und der stark wechselnde Fortpflanzungserfolg. Der jährliche Zuwachs reicht von 80 % bis 300 % bezogen auf den Ausgangsbestand der Sauen.


Das Problem der steigenden Schwarz­wildbestände ist nicht neu. Doch statt sich wie in der Vergangenheit oftmals gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben, ist vielen beteiligten Institutionen und Verbänden mittlerweile klar, dass eine nachhaltige Verminderung der Population nur gemeinsam gelingen kann. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass es kein Patentrezept gibt.Vielmehr gilt es, regionalspezifische Lösungen zu erarbeiten und gemeinsam umzusetzen. Das zeigen erfolgreiche Projekte vor Ort immer wieder.


Neue Maßnahmenpakete:

In diese Richtung zielt auch das neue Maßnahmenpaket des bayerischen Landwirtschaftsministeriums. Dabei geht es in erster Linie darum, dass Jagdgenossenschaften, Bauernverband sowie Bayerischer Jagdverband in Zusammenarbeit mit dem Ministerium konkrete Lösungsansätze erarbeiten.


So sollen z. B. vermehrt Schwarz­wild-Arbeitskreise zusammenarbeiten und als Kommunikationsplattform dienen. Vorgesehen sind außerdem großräumige Bewegungsjagden sowie möglichst geringe Gebühren für verkehrsrechtliche Anordnungen bei solchen Jagden und für Untersuchungen der Wildschweine auf Trichinen.


Baden-Württemberg hat mit der Neuausrichtung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes auf die Problematik reagiert. Damit wurden u. a. die Bestimmungen zum Schadensausgleich konkretisiert. Die wichtigsten sind:


  • Wildschäden auf grünlandartig bewirtschafteten Streuobstwiesen sind künftig schadensersatzpflichtig.
  • Schäden in Maisschlägen sind nur zu 80 % schadensersatzpflichtig, es sei denn, der Geschädigte kann nachweisen, dass er die üblichen und allgemein zumutbaren Maßnahmen zur Abwehr von Wildschäden unternommen hat.
  • Dem Ruhebedürfnis der Wildtiere im ausgehenden Winter bzw. vor dem Setzen der Jungtiere soll zwar mit der Einführung einer allgemeinen Schonzeit vom 1. März bis 30. April Rechnung getragen werden. Das Schwarzwild ist davon aber ausgenommen und soll in der offenen Landschaft und innerhalb eines 200 m breiten Waldrandstreifens bejagt werden dürfen.


Was bringt die Bejagung?

Prinzipiell ist bei den Jungtieren der maximale Abschusserfolg zu suchen. Da die Tiere allerdings nachtaktiv sind, ist eine intensive Bejagung eine Herausforderung. Hilfsmittel wie Nachtzielgeräte werden von der Jägerschaft zum Teil kritisch gesehen. „Eine Pilotstudie aus der Schweiz zeigt, dass in den Revieren, in denen Nachtzielgeräte zum Einsatz kamen, nicht mehr Wildschweine erlegt wurden als in den Revieren ohne dieses Hilfsmittel“, erklärt Max Keler vom Bund Bayerischer Berufsjäger.


Als wirksamer sehen die Jäger Bejagungsschneisen in gefährdeten Feldfrüchten wie z. B. im Mais an. Sie helfen, die Sauen früh zu erkennen und zu erlegen. Die Schneisen können entweder mit anderen Kulturpflanzen bebaut, ganz aus der Produktion genommen oder durch vorzeitige Ernte eines Teils der Kultur angelegt werden.


Eine Pflicht des Bewirtschafters zur Anlage solcher Schneisen gibt es allerdings nicht (siehe Kasten). Und sie sind in der Praxis auch nur die halbe Miete! Denn z. B. im Grünland, wo Wildschäden aufgrund der hohen Wiederherstellungskosten sehr ärgerlich sind, kommt man damit nicht weiter.


Was bringen Elektrozäune?

Neben der Bejagung gehört die Einzäunung gefährdeter Flächen mit Elektrozäunen zu den wirksamsten Methoden der Schadensverminderung. Der Aufbau des Zauns hat bei Mais zu Beginn der Milch- bzw. Kolbenreife zu erfolgen. Außerdem ist der Bodenbewuchs am Zaun kurz zu halten, da sonst der Strom abgeleitet wird.


Elektrozäune sollten 0,55 m bis 0,75 m hoch und mit zwei, besser drei Litzen ausgestattet sein. So entstehen für etwa 1 000 m Zaun Kosten ab circa 600 bis 700 €. Dazu kommt die Batterie bzw.ein Solarmodul für die Stromversorgung. Wichtig ist die tägliche Kontrolle der Umzäunung! Denn es ist schon vorgekommen, dass die Wildschweine die Zäune durchbrechen. Natürlich sind auch andere Einzäunungen möglich. Jedoch müssen dafür zum Teil behördliche Genehmigungen eingeholt werden oder die Anlagen sind nicht flexibel genug. Elektrozäune sind dagegen kostengünstig, einfach aufgebaut und langlebig. Außerdem lassen sie sich beliebig erweitern. Es gibt durchaus Fälle, bei denen die Bewirtschafter und Jagdpächter die Zäune gemeinsam anschaffen und aufstellen.


Wir halten fest:

Welche Methode zum Einsatz kommt, entscheiden Pächter und Landwirt im Idealfall gemeinsam. Eine absolute Sicherheit gegen Schwarz­wildschäden gibt es nicht. Praktiker berichten allerdings, dass mehrere Maßnahmen gemeinsam wirksam sind. Ein gutes Zusammenspiel von Eigentümer, Jagdgenossenschaft und Jagdpächter ist ein weiterer Schlüssel zum Erfolg. Ist jedoch das Klima vor Ort „vergiftet“, freuen sich in aller Regel am Ende nur die Sauen.Christian Aigner

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